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Poseidons Gold

Titel: Poseidons Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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ist mir ein Rätsel.« Das war eine glatte Untertreibung, aber ich mußte jetzt praktisch denken, und wenn ich alle Ungereimtheiten dieses Falles zusammengezählt hätte, wäre ich hinterher bloß hoffnungslos deprimiert gewesen. »Festus diente doch in Ägypten und Judäa. Die verschwundene Ladung stammte aber aus Griechenland. Wäre es zu pedantisch, zu fragen, wie das zusammenhängt?«
    »Er hatte einen Agenten eingeschaltet. Festus lernte in Alexandria einen Mann kennen, der …«
    »Das klingt wie der Anfang einer ganz makabren Geschichte!«
    »Ach, du weißt ja, wie Festus war. Hatte immer die wunderlichsten Käuze im Schlepptau. Trieb sich eben viel in den Seitengäßchen und zwielichtigen Kneipen rum.« Damit meinte mein Vater, daß Festus immer schon seine Finger in allerhand halbseidenen Unternehmungen hatte, ständig dunkle Geschäfte machte und illegale Dienstleistungen anbot.
    »Stimmt. Wenn irgendwo gefälschte Amulette auftauchten, dann kannte Festus garantiert den Händler.«
    »Das heißt aber noch lange nicht, daß er selbst auf faule Ware reingefallen wäre«, verteidigte Geminus den Sohn, den er aufrichtigen Herzens betrauerte.
    »Aber nein!« frotzelte ich. »Er ließ sich bloß mitunter übers Ohr hauen.«
    »Nicht bei dem Geschäft.«
    »Die Möglichkeit sollten wir nicht von vornherein ausschließen. Alexandria hat einen äußerst zweifelhaften Ruf. Und bei Festus konnte man sicher sein, daß er sich überall mit den Leuten anfreundete, um die alle anderen einen großen Bogen machen. Kennen wir den Namen von diesem Agenten, mit dem er zusammengearbeitet hat?«
    »Was glaubst du wohl?«
    »Ich würde sagen: Fehlanzeige.«
    »Nennen wir ihn einfach Nemo, wie Odysseus. Dieser Nemo bewegte sich in Kunstkreisen; er versprach Festus, daß er ein paar ganz erlesene griechische Artefakte beschaffen könne, und das hat er vermutlich auch getan. Mehr weiß ich leider nicht.«
    »Hat Festus seine Ladung eigentlich je mit eigenen Augen gesehen?«
    »Selbstverständlich! Festus war doch ein heller Kopf«, behauptete Papa unbeirrt. »Dein Bruder hat die Ladung in Griechenland überprüft.«
    »Ist ja ganz schön rumgekommen, mein großer Bruder.«
    »Ja, Festus war schon ein ganzer Kerl!«
    »Aber ich dachte, die Hypericon sei von Caesarea aus in See gestochen?«
    »Hat Censorinus das erzählt? Wahrscheinlich hat das Schiff dort angelegt, damit Festus sein Zedernholz und die Färbemittel an Bord schaffen konnte. Vielleicht hat er dem Agenten dort auch gleich die Vasen und den anderen Kram bezahlt.«
    »Ist denn der Agent mit dem Schiff weitergesegelt?«
    Mein Vater warf mir einen vielsagenden Blick zu. »Verbleib unbekannt.«
    »Hatte der Verlust des Schiffes vielleicht etwas mit der Verwundung zu tun, die meinem großen Bruder seinen letzten Heimaturlaub einbrachte?«
    »Ich würde sagen, nur deshalb ist es überhaupt zu dieser Verwundung gekommen.«
    Festus hatte sich also mit einem Trick nach Hause expediert, um die Sache ins reine zu bringen. Was wiederum bedeutete, daß die Lösung des Problems (zumindest zum Teil) hier in Rom liegen mußte. Also hatte ich wenigstens eine klitzekleine Chance, sie zu finden.
    Meine nächste Frage hätte gelautet, ob der Überfall auf die Versteigerung heute auch mit Festus’ waghalsigem Handel zusammenhing. Doch ich kam nicht dazu, sie zu stellen, denn unser Gespräch wurde jäh von einem sehr erhitzten und erschöpften Kind unterbrochen.
    Der Knabe war etwa zwölf Jahre alt, hörte auf den Namen Gaius und war der Zweitälteste meiner Schwester Galla. Körperlich war der Junge für sein Alter ziemlich klein geraten, ansonsten aber hatte er es faustdick hinter den Ohren. Er verband den strengen Ernst eines Patriarchen mit den Manieren eines Straßenjungen. Wahrscheinlich würde aus ihm einmal ein bescheidener, kultivierter Mann werden, vorerst hatte er aber nur Dummheiten im Kopf. Er trug gern Stiefel, die ihm zu groß waren; in griechischen Lettern hatte er sich seinen Namen, mit etwas, was als blauer Färber durchgehen konnte, auf den Arm tätowiert; einige der Buchstaben eiterten, denn Gaius wusch sich grundsätzlich nicht. Auf Gallas Betreiben schleppte ich ihn einmal im Monat zu einer ruhigen Stunde ins Badehaus, und dann wurde er zwangsgeschrubbt.
    Jetzt platzte also dieses windige Bürschchen unangemeldet in Geminus’ Büro, warf sich auf einen freien Diwan, japste nach Luft, wischte sich die Nase am Ärmel einer Tunika von widerlicher Farbe ab und keuchte:

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