Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
vermittelte er mir das Gefühl, er wolle mit mir abhängen. Er war vier Jahre älter. Deshalb kam ich mir ungewöhnlich cool vor.« Er senkte den Blick. »Außerdem hat es mich davon abgelenkt, was in Marys Schlafzimmer vor sich ging.«
    Er ließ die Limonadendose von einer Hand in die andere wandern. »Zunächst haben wir normale Sachen veranstaltet - Basketball gespielt, einen Football geworfen, ferngesehen. Er war klein für sein Alter, nicht viel größer als ich, aber er schien sehr viel mehr Erfahrung zu haben.«
    »Worin?«
    »Bloß eine generelle Einstellung, er war großspurig. Aber er hat nie von oben herab mit mir gesprochen oder mich wie den gesellschaftlichen Außenseiter behandelt, der ich war. Daher hat es mir gefallen, mit ihm abzuhängen. Dann ist er ganz allmählich zu dem anderen Zeug übergegangen. Fing an, mir nackte Frauen zu zeigen, die er aus dem Penthouse oder dem Hustler ausgeschnitten hatte; die lagen stapelweise bei ihm unterm Bett. Als ich nicht ausflippte, fing er an, mich mit in die Garage zu nehmen, wo er seinen Hardcore-Kram aufbewahrte. Nicht einfach Pornozeugs, sondern geknebelte und gefesselte Frauen, Sodomie, Dinge, die ich heute noch widerlich finde. Warum ich Dad nichts davon erzählt habe, weiß ich nicht. Aber ich hab's ihm nicht erzählt, und Pete ging zum nächsten Schritt über. Ein Werkzeugkasten, den er hinter irgendwelchen Gepäckstücken versteckt hielt. Darin waren Standfotos.«
    Er stellte die Limonadendose auf den Boden und schaute erst Milo an, dann mich. »Bilder aus Filmen, die seine Mutter gemacht hatte. Ganze Stapel davon. Er war nicht peinlich berührt, ganz im Gegenteil. Er hielt sie mir direkt vor die Nase und machte ordinäre Bemerkungen. ›Guck mal, wie sie das alles unterbringt.‹ ›Das macht sie jetzt gerade mit deinem Dad.‹ Ich wollte immer noch nicht zu erkennen geben, dass es mir zu schaffen machte.«
    »Er war ein älterer Junge, der Zeit mit Ihnen verbrachte«, sagte ich.
    »Ich habe keine Geschwister, und in der Schule war ich nicht gerade beliebt. Ich nehme an, die Fotos waren außerdem… erregend. Obwohl ich nicht weiß, was das für einen Neunjährigen bedeutet.«
    »Es muss verwirrend gewesen sein.«
    »Wenn ich danach nach Hause kam, hatte ich immer das Gefühl, in einer Trance gewesen zu sein.
    Dad hat das nie bemerkt. Nachdem er mit Mary zusammen gewesen war, war er immer großartig gelaunt. Wenn wir das nächste Mal dort waren, bot sie mir Milch und Kekse an, und dann dachte ich an ihre Bilder und begann mich schwindlig zu fühlen und war mir sicher, man würde es mir irgendwie ansehen. Aber niemand bemerkte etwas, und sobald Pete und ich allein waren, kam die Kiste raus, und er fing wieder davon an. Redete über seine Mutter, als wäre sie ein Stück Fleisch. Was die Sache besonders seltsam machte, ist, dass sie großen Wert darauf legte, freundlich zu mir zu sein. Lange Umarmung, Milch und Kekse, das ganze Drum und Dran.«
    »Die Mütterliche.«
    »Wie eine Fernseh-Mom - sie sah aus wie eine Fernseh-Mom. So sah ich sie, und ein paar Minuten später konnte ich dann sehen, wie sie es mit drei Typen trieb, und dann leckte Pete sich die Lippen und rieb an sich herum. Wenn ich jetzt zurückblicke, ist es klar, dass er es genoss, mich zu schockieren. Aber ich folgte ihm immer wieder in die Garage.« Er blinzelte. »Eines Tages fasste er mich an, während er mir ein Bild zeigte. Als ich einen Satz von ihm weg machte, lachte er und sagte, er hätte nur Spaß gemacht, er wäre kein Homo. Dann öffnete er seinen Hosenschlitz und begann zu masturbieren.« Er kratzte sich fest am Kopf. »Ich habe es nie jemandem erzählt. Wenn ich den Mund aufgemacht hätte, hätte Pete vielleicht geholfen werden können.«
    »Nach dem, was ich von seiner Mutter gehört habe«, sagte ich, »hätte man auf sie nicht zählen können.«
    »Ich weiß, ich weiß… Dads Frauengeschmack… aber trotzdem…«
    »Es war nicht Ihre Aufgabe, die Dinge in Ordnung zu bringen, Kyle.«
    »Nein?« Er lachte. »Und warum reden wir jetzt darüber? Machen Sie sich nicht die Mühe zu antworten, ich verstehe schon… Ich will vermutlich sagen, dass Pete nie eine Chance hatte, egal was er getan hat.«
    »Es gibt immer Alternativen«, erwiderte Milo.
    »Tatsächlich? Ich werde nicht mal aus meinen eigenen Berechnungen schlau, geschweige denn aus der menschlichen Natur.«
    »Willkommen im wirklichen Leben«, sagte ich. »Was hat Sie schließlich zu der Bitte veranlasst, nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher