Post Mortem
ich.
»Ich habe nicht spioniert, daran war nichts seltsam, sie war einfach da. Mom und Dad waren noch verheiratet, lebten aber getrennt, und ich wurde zwischen Atherton und L. A. hin und hergekarrt.
Grandpa vegetierte eigentlich nur noch dahin. Niemand hatte für mich Zeit, außer Patty Bigelow. Sie fragte mich, wie es mir ging, und machte mir ein Sandwich. Tanya und ich haben nie ein Wort miteinander gesprochen. Sie sagt, ich wäre ihr aufgefallen, aber davon hab ich nichts bemerkt. Nachdem Sie hier gewesen waren, habe ich sie in Facebook herausgesucht und gesehen, wie hübsch sie geworden ist. Ich habe ihren Studienplan kopiert und so getan, als würde ich ihr zufällig auf dem Campus über den Weg laufen. Ich weiß, das klingt nach einem verstörten Stal-ker, aber ich war neugierig, das ist alles. Ich hatte nicht mal vor, mit ihr zu reden. Ich bin nicht gerade ein Schauspieler. Als wenn Sie das nicht wüssten.«
»Sie haben es fertiggebracht, mit ihr zu reden«, sagte ich.
»Sie aß gerade ein Sandwich. Neben dem Springbrunnen - genau da, wo Sie uns gefunden haben. Direkt vor dem Gebäude der naturwissenschaftlichen Fakultät, das schien… eine glückliche Fügung zu sein. Ich machte meine Lunchbox auf, wir begannen miteinander zu reden, sie war eine unkomplizierte Gesprächspartnerin. Ich habe ihr sofort gesagt, dass ich sie über Facebook gesucht hätte. Sie erinnerte sich an mich, es versetzte ihr keinen Schrecken, sie sorgte dafür, dass ich mir nicht wie ein großer Trottel vorkam. Es ist so, als würden wir uns schon ganz lange kennen. Als Freunde -ich habe sie nicht ein einziges Mal berührt. Ich glaube, sie sieht mich nicht auf diese Weise.«
Er starrte uns an, sehnte sich nach Widerspruch.
»Und jetzt machen Sie sich Sorgen um sie?«, fragte ich.
»Wieso auch nicht? Sie reden mit Lester, und am nächsten Tag ist er tot.«
»Wer hat es Ihrer Ansicht nach getan?«, fragte Milo.
»Woher soll ich das wissen?«
»Wie wär's mit einer fundierten Vermutung?«
»Pete.«
»Warum?«
»Er hat seinen Vater gehasst.«
»Hat er Ihnen das gesagt?«
»Er hat Lester nie namentlich erwähnt, aber er hat immer gesagt, sein Alter wäre ein nutzloser Junkie und er könne ihn nicht ausstehen.«
»Einfach so im Gespräch?«
»Das ist Jahre her, Lieutenant.«
»Versuchen Sie sich zu erinnern.«
»Wenn ich raten müsste, würde ich sagen, im Rahmen eines Vergleichs. ›Dein Dad ist cool, meiner ist ein Arsch.‹«
»Was hat ihm an Ihrem Vater gefallen?«
»Dass er reich war. Dass er ein ›Hengst‹ war.«
»Was hat er Ihnen außerdem über Jordan erzählt?«
»Nichts, es war nicht so, als würde er dauernd an ihn denken. Wenn er von irgendjemandem besessen war, dann von seiner Mutter.«
»Wie viel Kontakt hatte er mit Jordan?«
»Was ist das? Eine Fangfrage? Ich habe Ihnen schon gesagt, dass Lester nicht zu meinem Leben gehörte, und sobald ich nicht mehr zu Mary mitkam, habe ich Pete nicht mehr gesehen.«
»Sie hatten keinen Kontakt zu Lester, weil Ihr Dad ihn nicht ausstehen konnte.«
»Niemand konnte das. Mom ist seine Schwester, und nicht mal sie wollte etwas mit ihm zu tun haben.«
»Ihr Vater hat ihn mietfrei wohnen lassen und Patty Bigelow engagiert, damit sie sich um ihn kümmerte.«
»Na und?«
»Eine nette Behandlung für jemanden, den man nicht ausstehen kann.«
»Das hat Mom wahrscheinlich arrangiert, damit Lester sie in Ruhe ließ. Als sie noch verheiratet waren, gab Dad ihr alles, was sie wollte, und sie tat so, als würde sie es nicht merken, wenn er sie betrog. Eine vorbildliche Familie, nicht?«
»Warum wurde Lester umgebracht?«, fragte ich.
»Woher soll ich das wissen?«
»Glauben Sie, es hatte irgendwas mit Patty Bigelow zu tun?« Schweigen.
»Sagen Sie uns, was Sie wissen«, forderte Milo ihn auf. »Jetzt.«
»Tanya hat mir erzählt, was ihre Mutter zu ihr gesagt hat, bevor sie starb. Bitte, machen Sie ihr daraus keinen Vorwurf. Sie brauchte jemanden, mit dem sie reden konnte, und ich war zufällig da.«
»Was genau hat sie Ihnen gesagt?«
»Dass ihre Mutter den Eindruck hatte, sie hätte einem Nachbarn Schaden zugefügt.«
»Den Eindruck?«
»Weder Tanya noch ich glauben, dass Patty fähig war, tatsächlich einem anderen Menschen wehzutun. Ich bin sicher, dass ihre unheilbare Krankheit etwas damit zu tun hatte. Schlimmstenfalls war sie Zeuge irgendeiner Sache, die sie nicht gemeldet hat und wegen der sie ein schlechtes Gewissen hatte.«
»Eine Sache, die mit Pete
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