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Post Mortem

Post Mortem

Titel: Post Mortem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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und Kettenrestaurants griffen in Häuserblocks um sich, die früher Stundenhotels und Imbissbuden beherbergt hatten.
    Manche Dinge ändern sich nie: Prostituierte beider primären Geschlechter und ein paar, die nicht eindeutig zu bestimmen waren, klapperten überschwänglich die Straße ab. Meine Augen müssen unruhig gewesen sein, weil zwei von ihnen mir zuwinkten.
    Ich fuhr nach Norden bis zum Hollywood Boulevard, bog nach rechts ab und rollte am Chinese Theatre, dem Kodak Theatre und den Touristenfallen vorbei, die versuchten, sich vom Überfluss zu ernähren, bis hin zur Cherokee Avenue. Direkt hinter dem geschäftigen Treiben des Boulevard lagen zwei mit einem Vorhängeschloss versehene Clubs, so armselig und traurig, wie Nachtlokale bei Tageslicht nun mal aussehen. Müll türmte sich am Bordstein, und Vogelscheiße pollockte den Bürgersteig. Weiter im Norden war der Block mit relativ sauberen Multiplex-Wohnblöcken ein bisschen restauriert worden, die Security versprachen und schäbige Vorkriegsgebäude beiseite drängten, die keine Illusion von Sicherheit zu bieten hatten.
    Die erste Adresse auf Tanyas Liste passte zu einem der alten Häuser. Ein dreistöckiges backsteinfarbenes Stuckgebäude, das einen kurzen Spaziergang unterhalb der Franklin lag. Schlichte Vorderseite, ungleichmäßiger Rasen, schlaffe Beete mit zu stark gewässerten Sukkulenten, die nach Luft schnappten. Es sah so müde aus wie der Obdachlose, der einen Einkaufswagen nirgendwohin schob. Für einen Sekundenbruchteil stellte er einen paranoiden Blickkontakt her, bevor er kopfschüttelnd weitertrottete, als wäre ich ein hoffnungsloser Fall.
    Eine trübe Glastür befand sich in der Mitte des backsteinfarbenen Gebäudes, aber zwei Apartments vorne im Erdgeschoss hatten eigene Eingangstüren zur Straße hin. Weil Tanya sich an Betrunkene erinnerte, die an die Tür geklopft hatten, vermutete ich, dass sie in einem dieser beiden gewohnt hatten.
    Ich stieg aus und drückte die Klinke der Glastür herunter. Sie war kalt und unangenehm verkrustet, aber die Tür ließ sich öffnen.
    Drinnen war ein bis an die Gebäuderückseite verlaufender Flur mit Teppichboden aus grauem Polyester ausgelegt, der nach Schimmel und Lufterfrischer mit Orangenaroma roch. Dreiundzwanzig Briefschlitze unmittelbar hinter der Tür. Leberfarbene Türen säumten den düsteren Raum. Jede Menge Gespräche, falls es je dazu käme.
    Eine Tür im hinteren Bereich des Flurs ging auf, und ein Mann streckte den Kopf heraus und kratzte sich in der Armbeuge. Um die sechzig, graue Haare flogen wie Löwenzahnsamen um seinen Kopf und bildeten einen blassen Heiligenschein. Er war mager, aber spitzbäuchig und trug eine Dodger-Jacke aus blauem Satin über einer gestreiften Schlafanzugshose.
    Er kratzte sich noch einmal. Bewegte den Unterkiefer und senkte den Kopf. »Yeah?«
    »Ich gehe gerade«, sagte ich.
    Er blieb stehen und beobachtete mich, bis ich mein Versprechen wahrmachte.
    Der Weg auf der Highland nach Süden führte mich über zwei Meilen vorbei an Filmlabors, Kopierwerken, Kostümverleihern, Requisitenläden. An all den Leuten, denen in Oscar-Nächten nie gedankt wird.
    Zwischen Melrose Avenue und Beverly Boulevard klammerten sich ein paar Gebäude mit Eigentumswohnungen an die Eleganz der Zwanzigerjahre. Der Rest versuchte es nicht mal. Ich bog auf den Beverly ab, ließ den südlichen Rand des Wilshire Country Club links liegen und kam in Hancock Park an.
    Die Hudson Avenue ist eine der prachtvollsten Straßen des Stadtviertels, und die zweite Adresse auf Tanyas Liste entsprach einem massiven Backsteinhaus im Tudorstil mit mehreren Giebeln und einem Dach aus Schieferplatten, mit einem abfallenden Rasen, der so kurz gehalten wurde wie ein Putting Green. Anderthalb Meter hohe Bronzetöpfe mit Zitronenbäumen voller Früchte flankierten den Eingang, eine üppig mit Schnitzwerk ausgestattete Flügeltür unter einem Kalksteinbogen. Ein filigran verziertes schwarzes Tor eröffnete den Blick auf eine lange gepflasterte Zufahrt. Ein weißes Mercedes-Kabriolett stand hinter einem grünen Bentley Flying Spur, ein handgearbeitetes Produkt der Fünfzigerjahre.
    Hierher waren Patty und Tanya gerade umgezogen, alssie mich zum ersten Mal besuchten. Hatten Wohnraum in einem Haus gemietet. Die Eigentümer dieses Hauses schienen das zusätzliche Einkommen nicht zu benötigen. Patty war davon überzeugt gewesen, dass der Umzug für Tanya keine Belastung bedeutet hatte. Der drastische Kontrast zu

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