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Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland

Titel: Postbote Stifter ermittelt 02 - Oberland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Weber
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Gudrun.
    Diese starrte sie an. »Was soll er gesagt haben? Dass er jetzt losfährt natürlich.«
    »Und dann hat er sich nicht mehr gemeldet?«
    »Nein, hat er nicht.«
    Sie schwiegen.
    Dann fiel Beate etwas ein. »Kann ich zu dem Mann?«
    »Nein.« Gudrun stand auf. »Nein, auf gar keinen Fall.«
    »Ich will ihn sehen.«
    »Warum? Was bringt dir das? Er sitzt im Keller, er ist gefesselt. Mehr ist nicht passiert.«
    »Trotzdem.« Beate gab nicht auf. »Vielleicht weiß er was.«
    »Woher denn?« Gudruns Stimme klang höhnisch. »Wenn du dich zeigst, dann kennt er dich, und du hängst mit drin. Er sitzt die ganze Zeit im Keller. Seit Julius ihn hierhergebracht hat. Er hat nicht einmal das Gesicht seines Entführers gesehen, nur mich. Und dabei soll es bleiben.«
    »Aber ich …«
    Gudrun ging in den Flur auf die Eingangstür zu. »Ich habe nein gesagt, und dabei bleibt es. Fahr zurück nach Frankfurt, Beate. Und bleib dort. Julius wird wieder auftauchen. Vielleicht hat er vorübergehend kalte Füße bekommen.«
    »Er bleibt doch nicht über Nacht weg, ohne mir zu sagen, wo er ist. Das ist noch nie vorgekommen«, sagte Beate verzagt, während sie Gudrun zur Tür folgte.
    »Für alles gibt es ein erstes Mal. Glaub mir. Auch in einer alten Ehe.« Gudrun hatte die Tür geöffnet. Es war ein eindeutiger Rausschmiss, Beate hatte hier nichts mehr verloren.
    »Komme ich denn heute noch nach Frankfurt zurück?« Beate machte noch einen letzten Versuch, Gudruns Herz zu erweichen. »Ich habe hier keine Unterkunft. Und ein Hotel kann ich mir nicht leisten.«
    Gudrun lächelte sie sanft an. »Bestimmt. Nach Frankfurt fährt sicher alle naselang ein ICE. Und wenn nicht: Die Bahnhofsmission wird sich um dich kümmern.« Damit schloss sie die Tür hinter Beate. Dieser wurde es augenblicklich übel. Weniger, weil Gudrun sie so schnöde behandelt hatte, als vielmehr, weil sie noch einen Blick auf die Flurgarderobe geworfen hatte. Dort hing ein heller Trenchcoat, der dem von Julius auffallend ähnlich war.

9.
    Georg Thalmeier machte keine Anstalten aufzubrechen. Gerade eben hatte er verkündet, dass die letzte Bahn in Richtung Tegernsee um 0.10 Uhr von der Donnersberger Brücke abfahren würde, und Stifter hoffte inständig, dass er sich erbarmen und bereits früher aufbrechen würde. Der Tag mit dem Alten war kurzweilig gewesen, sie hatten sich bestens unterhalten, und Stifter war nicht entgangen, dass der Expolizist sich in seiner Gegenwart immer wohler fühlte. Das ging ihm selbst nicht anders. Aber er war völlig übermüdet und sehnte sich nach seinem Bett. Thalmeier dagegen war voll in Fahrt. Sie saßen am großen Esstisch der Familie Lanz, und sowohl Rubina als auch Noah hingen an Thalmeiers Lippen. Anfangs war gerade der Halbwüchsige Stifters Besucher gegenüber äußerst skeptisch gewesen, aber als dieser seine Ermittlungsgeschichten aus über dreißig Jahren Mordkommission ausbreitete, hatte Noah seine Vorbehalte rasch über Bord geworfen. Kyra hatte Thalmeier zügeln müssen, damit er nicht alle grausigen Details auf den Tisch packte, aber die beiden Kinder stachelten den alten Mann an und fragten ihm Löcher in den Bauch. Man sah ihm an, dass er die Aufmerksamkeit genoss, und Stifter mutmaßte, dass Thalmeier dort, wo er herkam, nicht allzu viel Gelegenheit zum Austausch hatte. Warum das so war, blieb ihm ein Rätsel. Der Bayer sprach nie über sein Zuhause, sein Leben dort oder seine privateVergangenheit. Thalmeier konnte aber nicht nur brummig, er konnte auch leutselig sein, ein Zug, der sich erst heute im Lauf des Tages gezeigt hatte. Auch in Germerow hatten sie miteinander zu tun gehabt, aber da war Thalmeier stets wortkarg und nachdenklich gewesen. Jetzt lief er zu großer Form auf.
    »Die meisten der Verbrechen, mit denen ich im Lauf meiner Karriere zu tun hatte, sind klein und armselig. Letzten Endes. Und du tätst dich wundern, wegen was manch einer mordet. Wegen nix!«, schloss er soeben eine etwas langatmige Schilderung einer aufwendigen Mordermittlung im Schaustellermilieu. Dann schob er sich genüsslich die letzte Gabel Ossobuco in den Mund.
    Noah beugte sich neugierig zu Thalmeier hinüber. Sein Teller war noch fast voll, das Essen kalt.
    »Aber es gibt doch auch raffinierte Täter, oder? Die von langer Hand planen. Und vielleicht nie auffliegen.«
    »Wenn sie nie auffliegen, dann kann Herr Thalmeier dir darüber auch nichts erzählen«, mischte sich Andreas ein. Alle am Tisch lachten, nur Noah

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