Postkarten
an, während Loyal steuerte, biß hinein und gab leise Knurrlaute von sich, bis es vom Geholper überwältigt einschlief, zusammengerollt auf einem Flecken Sonnenschein.
Nachts auf der gepflügten Prärie war die Dunkelheit dunkler als in der Mary Mugg, die zumindest von den blauen und gelben Lichtspuren hinter den geschlossenen Augenlidern erhellt worden war. Diese Dunkelheit erhielt eine noch tiefere Färbung durch den Sprühregen von Sternen, Asteroiden, Kometen und Planeten, die über ihm zitterten, als wehte ein Sternenwind. So weit er über die Felder blicken konnte, war kein gelb erleuchtetes Fenster zu sehen, noch durchbrachen dahinkriechende Autoscheinwerfer die Ödnis. Die Sterne durchfluteten ihn mit einer Sehnsucht nach Ben, dem großen Liebhaber kalter Punkte. War inzwischen vermutlich tot. Die Sterne standen nicht still; sie bebten, als lägen sie in schwarzem Gelee. Das war der Wind, die Luftschichten, die über der Erde trieben wie Flüssigkeiten, die die Sicht verzerren, der sandgesprenkelte Wind, der die ferne Sternenwelt zerknitterte.
Der Wind blies hin und her wie eine endlos ratschende Säge. Wenn er auf dem Rücken lag und die Ohren nicht im Kissen vergraben hatte, konnte er die Sandkörnchen an die Fenster prasseln hören. In Vollmondnächten toste der Wind gegen das Haus, röhrte und ratterte im Dunkeln, trieb einen Eimer über den Hof und Dornengestrüpp über die Schindeln, bis das Quietschen und Klappern ihn aus den grauen Laken jagte und er die Zimmerdecke anbrüllte. Wenn man allein lebte, konnte man die Zimmerdecke anbrüllen. Aber das schreckte die Hündin auf; sie trapste in der Küche über das Linoleum, scharrte mit den Krallen und überlegte besorgt, ob die bedrohlichen Wolken, die am Tag über den Himmel rasten, im Schutz der Dunkelheit endlich angegriffen hätten.
Er entschied sich für weiße Bohnen. Zum Teufel mit den Zukkerrüben. Von Bohnen verstand er was. Er rüstete sich mit einem gebrauchten Traktor, Kultivations- und Sägeräten aus und traf die Abmachung, zur Bohnenernte die berühmte Mähmaschine der Shears-Jungen zu mieten, nachdem ihr Korn eingebracht wäre.
»Wenn es gut läuft, dann sollten Sie sich in ein, zwei Jahren vielleicht eine spezielle Bohnenerntemaschine zulegen«, riet der alte Shears. »Die hat einen Rankenwender, Furchenzieher und Schwadleger. Aber mit der Mähmaschine von den Jungs kommen Sie bestimmt gut zurecht, wenn Sie sie im unteren Geschwindigkeitsbereich laufen lassen. Trotzdem werden Sie noch’ne ganze Menge Verlust haben. Wenn Sie soweit sind, komm’ ich gern mal rüber und schau’, wie’s läuft.«
Im zweiten Jahr standen die Bohnen gut. Vor der Ernte wollte Loyal den Hof einzäunen und drei Reihen Kiefern als neuen Windschutz anpflanzen. Die alten Pappeln waren zerzaust und morsch. Eines Mittags kam Jase ungebeten angeschlurft, um ihm dabei zu helfen, den Zaun aufzustellen. Loyal war überrascht, ihn zu sehen, und dachte, daß der arme Kerl sich nach monatelanger Therapie in der Veteranenklinik schließlich zusammengerissen haben mußte. Schweigend arbeiteten sie den ganzen Tag, während der Erdbohrer knirschte und scharrte, Little Girl herumjagte und dabei Käfer aufscheuchte. Loyal sah immer wieder zu Jase. Er wußte, wie man Pfosten setzte. Die Bewegung seiner Muskeln hatte etwas Flüssiges, das seinen Blick anzog. Er mußte in letzter Zeit für den alten Shears gearbeitet haben. Gesicht und Oberkörper waren arg gerötet. Das silbrige Haar war unter dem Rancherhut zu einem Knoten hochgebunden. In der Hitze des Spätnachmittags machte Loyal Feierabend.
»Halb sechs. Das reicht«, sagte Loyal. »Trinken wir auf der Veranda zum Abkühlen ein Bier.«
Das Bier floß wohltuend durch ihre heißen Kehlen. Sie tranken schweigend. Loyal holte ein Pfund billigen Käse und Brot heraus. Die Sonne verkochte am Rande der Ebene, und am ungetrübten Himmel tauchten die ersten Sterne auf. Jase schlug sich in den Nacken.
»Hab’ ihn!« Die Flasche tutete, als Loyal über die Öffnung blies. Jase stand auf. Etwas an der Art, wie er sich bewegte, erinnerte an eine Forelle, die erst still in der Strömung liegt und plötzlich fort ist.
»Also, ich muß los. Komm’ wieder vorbei, wenn du mich brauchen kannst.«
»Nichts dagegen«, sagte Loyal und begriff, daß er jemanden einstellte. Er empfand einen absurden Ausbruch von Freude und ließ bis spät in die Nacht das Radio laufen.
Die vollkommene Dunkelheit der Nächte wurde von den
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