Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Postkarten

Titel: Postkarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
Vom Netzwerk:
ein paar von den großen Museen Schaustücke gemacht, hat zwei Jahre an einem Rudel Kojoten gearbeitet, das in New Paltz im Staat New York im städtischen Museum steht. In irgendeiner Zeitschrift erschien ein Artikel über die Ausstellungsstücke. Wo haben wir den gelesen?«
    »In der Western World «, sagte Molly Doffin. »Die Nummer ist in einer Kiste drüben beim Sattelzeug. Außerdem hat eine Lokalzeitung einen großen Bericht gebracht. Mit Fotos und allem.«
    »Zeig’ ich Ihnen morgen. Da ist also dieser Mr. Sunday, hat ein gutes Auskommen, wird für sein Können geschätzt, Berichte in Zeitschriften und Zeitungen über ihn, eine nette Familie, ein paar Kinder, und er erschießt sich. Als der Winter zu Ende ging. Schloß seine Arbeiten ab, nagelte Zeitungspapier an die Decke, breitete es auf dem Boden aus, um zu schonen, wer immer saubermachen mußte, und peng! Sie haben nie herausgefunden, warum er’s getan hat. Geschäftlich war alles in Ordnung. Er machte keine Andeutungen und hinterließ keine Nachricht. Nach der ganzen Mühe, die er sich gemacht hat, um das Zeitungspapier an die Decke zu heften, war’s gewissermaßen ironisch, daß das ganze Zeug, Hirn und Blut, auf einem Haufen Dominosteine hinter ihm landete. Er hatte, ungefähr eine Stunde bevor er sich erschoß, mit seinem Jüngsten Domino gespielt. Das ist schon einige Jahre her, aber noch merkwürdiger ist, daß der Sohn, der mit ihm Domino spielte, sich an seinem achtzehnten Geburtstag erschoß. Das ist erst zwei Jahre her. Ich erinnere mich nicht, wo er’s getan hat, du vielleicht, Molly?«
    »Draußen auf dem Feld.«
    »Stimmt. Jetzt fällt’s mir wieder ein. Das Komische dabei ist, daß er ein Gewehr mit Kaliber acht benutzte. Sein Vater hat Waffen gesammelt, verstehen Sie, und es war eine davon.«
    »Mein Gott«, sagte Loyal. »Da kann nicht viel von ihm übrig gewesen sein.«
    »Stimmt. Der Kopf wurde komplett weggeblasen. Aber wenigstens wissen sie, warum er’s getan hat. Er hinterließ einen dreihundertzwölf Seiten dicken Abschiedsbrief. Fing damit sieben Monate vor der schmutzigen Tat an. Hat monatelang dran geschrieben. Er glaubte, keine Zukunft vor sich zu haben - meinte, er sei hausbacken, die Mädchen würden ihn auslachen, er habe schlechte Angewohnheiten, ich denke, wir wissen, wovon die Rede ist, er sei faul, habe ein schwaches Gedächtnis, komme in der Schule nicht gut mit und leide an einer Vielzahl von Allergien, ein Bein sei kürzer als das andere und so weiter. Jedes Übel, das die Menschheit kennt.«
    »Ich hab’ ihn nie für unansehnlich gehalten«, sagte Mrs. Doffin. »Er wirkte auf mich immer völlig normal. Aber man kann nie wissen.«
    »Es gibt’ne ganze Menge solcher Geschichten, vernichtete Ernten, Rückstand bei den Hypotheken, finanzielle Probleme. Natürlich haben wir auch unsere Schwierigkeiten gehabt, aber irgendwie haben wir’s immer geschafft, ohne daß wir zum Äußersten greifen mußten. Stimmt’s, Mutter?«
    »Bis jetzt«, sagte Mrs. Doffin und lachte.
    »Also, Mr. Blood, Sie haben heute schlimme Verluste erlitten, Ihre Bohnenernte, Ihre Leghorns, Ihr Haus und die Nebengebäude, aber ich hoffe, Sie können die Sache auch von der heiteren Seite sehen. Sie sind verschont geblieben, ebenso Ihr Jeep und Ihr Hund. Ich hoffe, Sie denken nicht daran, zum Äußersten zu greifen wie diejenigen, von denen wir geredet haben. Es gibt immer noch viel, wofür es sich zu leben lohnt.«
    »Nein, nein«, sagte Loyal. »Der Gedanke ist mir nie in den Sinn gekommen. Ich hab’ im Leben schon tiefer im Dreck gesteckt und hab’ nie dran gedacht. Nicht einmal, wenn Sie mich dafür bezahlen würden, würde ich mir den Kopf mit einer Schrotflinte wegblasen.« Aber sein Leben schien einer schwachen Kette zu gleichen, bei der ein Glied nach dem anderen brach.
    »Ha, ha. Wissen Sie, wenn Sie einen Job wollen, solange Sie sich den nächsten Schritt überlegen, dann finden wir hier schon was für Sie. Auf einer Ferienranch gibt’s immer was zu tun, selbst auf einer so kleinen wie der unseren. Ja, und zwei Vorfälle mit Schrotflinten haben sich hier bei uns ereignet, stimmt’s, Mutter?«
    »Zwei? Da war nur die Sache mit Miss Bridal, und die halte ich nach wie vor für einen Unfall.«
    »Was ist mit Parger? Hast du den vergessen?«
    »Den habe ich nicht vergessen, aber es war keine Schrotflinte, und vielleicht war es Mord. Die Jagdflinte mit dem Strick, der den Abzug auslöste, als Parger die Tür öffnete. Ich werde es immer

Weitere Kostenlose Bücher