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Postkarten

Titel: Postkarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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für Mord halten, und an das Motiv mag ich gar nicht denken. Mr. Blood, damals wohnten draußen in der Baracke ein paar unappetitliche Kerle, wenn Sie wissen, was ich meine, und einer von ihnen, ein Freund von diesem Parger, war so eifersüchtig wie eine Frau. Der Sheriff verhörte ihn stundenlang. Er wurde nie verhaftet, aber ich habe immer gedacht, daß mehr hinter der Sache steckt. Er ging fort, bevor wir ihn darum baten. Wahrscheinlich strolcht er immer noch frei herum.«
    Die Hündin hatte sich zwischen Loyals rechte Ferse und die Couch gezwängt; wie ein lebendiges Tau wand sie sich durch seine Beine und über einen Fuß.
    »Ihre Hündin ist eine leidenschaftliche Liebhaberin, Mr. Blood.«
    »Hmm«, machte Mrs. Doffin zustimmend, als wollte sie bekräftigen, daß die Erwähnung der Liebe die Berichte über verspritzte Gehirne ausglich.

37
    Das Buch des Indianers

    Er wollte die Sache, die in Criddles Bar geschehen war, im Buch des Indianers notieren. Aber auf dem Papier zerschmolz sie zu nichts.
    Er hatte an einem Tisch gesessen, hatte mit der feuchten Bierflasche Muschelmuster auf die Tischplatte gemacht und halb einem Streit zugehört, der sich am Ende der Bar abspielte. Marta, eine stämmige Frau mit turmhohem, gespraytem Haar, stritt mit einem Mann. Sie war angezogen wie ein Cowgirl in einer Eisrevue, Velourslederweste mit Nieten, ein Minirock aus Wildleder, der Fußballerbeine entblößte; wo sie aufgehört hatte zu rasieren, waren Haarränder zu sehen. Der Mann hockte über seinem Bier, seine ölgetränkte Kleidung gab einen schmierigen Dunst ab.
    »Er läuft keinen Deut besser, so sieht’s aus. Du mußt ihn richten. Ich hab’ mich um dich gekümmert, aber soweit ich sehe, hast du mit meinem Chevy nichts gemacht, außer dich vielleicht auf den Vordersitz gehockt. Oder vielleicht bloß an die Kühlerhaube gelehnt. Hast du irgendwas damit gemacht? Schon recht, brauchst gar nichts zu sagen, ich weiß, daß du nichts gemacht hast.«
    Der Mann kratzte sich an der Brust und wandte sich halb von ihr ab. Sie nahm ihren Stuhl und stellte ihn auf die andere Seite des Tisches, so daß sie dem Mann wieder ins Gesicht sah. Ihre Stimme wurde lauter.
    »Du glaubst wohl, ich nehm’ das einfach so hin, hä? Das glaubst du doch? Daß ich deswegen nicht zu den Bullen, mich bei niemand beschweren kann? Na, da täuschst du dich. Da hast du dich mit der Falschen eingelassen.«
    Der Mann seufzte übertrieben laut und zwinkerte Loyal verstohlen zu. Er gab Mrs. Criddle ein Zeichen, daß er noch ein Bier wollte.
    »Wenn Sie noch ein Bier wollen, dann kommen Sie her und holen es sich«, sagte Mrs. Criddle durch weiße Lippen und wischte den Tresen. Ihre harten Augen nahmen nichts an, was nicht schon Vergangenheit war. Sie machte keine Anstalten, ein Bier zu zapfen. Der Mann drehte sein leeres Glas auf dem verschrammten Tisch.
    »Hast du die Dame nicht gehört? Sie hat dich gebeten, zum Tresen zu gehen und dir dein Bier zu holen.« Martas Stimme klang süßlich mit einem würgenden Unterton. Sie stand auf. »Ich wette, du glaubst, daß ich dir dein Bier holen sollte, was? Jawoll, du bist genau der Mann, der sich gern bedienen läßt, von vorne bis hinten, was, du schielender, betrügerischer, neidischer, nichtsnutziger TROTTEL!« Beim letzten Wort riß sie ihm den Stuhl unter dem Hintern weg. Der Mann fiel rücklings auf den Boden, und als er nach ihrem Bein griff, stand sie breitbeinig da und trat ihm gegen den Kopf, immer wieder.
    »Wie gefallen dir die Tanzschritte, gefällt dir das, du schmieriger, alter Affe? Willst du noch mehr?« Ihre Stimme klang höhnisch wie ein Kamm, der über eine Tischkante gezogen wird. Jedesmal, wenn der Mann aufzustehen versuchte, trat sie ihn mit ihren abgewetzten Stiefeln.
    »He, hören Sie auf damit!« rief Mrs. Criddle und ging um den Tresen herum. Criddle kam aus dem Hinterzimmer und wischte sich die von Essig nassen Hände an einem Handtuch ab. Der Mann kroch unter den Tisch einer Sitzecke, wo Marta ihn mit dem Fuß nicht erreichen konnte. Sie warf den Kopf herum wie ein Stier. Der Haarturm schwankte.
    »Gebt mir’nen Besen! Einen Stock, Baseballschläger, irgendwas.« Ihr Blick schweifte durch den Raum, über Loyal hinweg zu den Criddles. Kehrte zu Loyal zurück.
    »Was glotzt du so, du dreckiger Puter? Männer! Schau dich bloß an, du dreckiger Puter, sitzt da wie bei’ner Show. Na, wie wär’s damit, bei der Show mitzumachen?« Sie griff sich das leere Bierglas des Mannes und

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