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Postkarten

Titel: Postkarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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fest. Krauses, braunes Haar, das von einer kahl werdenden Stirn zurückwich. Eine fleischige Nase. Das Kinn ein Stoppelkissen. Der Kopf saß auf einem muskulösen Oberkörper, alles war dick und kurz, als würden auf dem Mann des Nachts Gewichte liegen. Er schaute immer nach oben, als wäre sein Hals auf Dauer in diese Richtung gebogen.
    »Wenn sich jemand dafür interessiert, Kojoten zu jagen, bei mir gibt’s die schönsten, die je das Bein gehoben haben.« Schlangenlederstiefel. Die Stimme leise und hart. Er wartete keine Antwort ab, sondern drehte sich um und ging hinaus.
    »Wer war der Maskierte?« fragte Loyal den mit dem Kinn wackelnden Barmann.
    »Ach, das ist der alte Krachbuden-Cloves, war am Anfang zehnfacher Millionär, ist aber jetzt auf zwei oder drei Millionen runter. Verbreitet Freude, wo er geht und steht. Hat gerade zu Schafen gewechselt, und wenn man ihm glauben will, haust auf seinem Grund die größte Anzahl an Kojoten in den Staaten.«
    Bei Cloves waren den ganzen Sommer über die Fallensteller der Regierung gewesen - mit Fangeisen, Schlingen, Flugzeugen, Zyanidgewehren und Giftködern. Die Kadaver - meist Jungtiere - waren zum Verwesen in eine alte Kiesgrube am Bach geworfen worden. Die Überlebenden, dachte Loyal, mußten jeden Trick aus dem Effeff kennen - sie waren älter, schlauer, ködererfahren, fallenerfahren. Zum Teufel, er wollte es versuchen. Einfach, um’s probiert zu haben. Er wollte sich bei Cloves melden.
     
    »Okay«, sagte Cloves. »Sie sind dabei. Nur eines - halten Sie sich fern von der Nordwestecke, wo’s in die Berge raufgeht. Ich hab’ da ein Projekt am Laufen, wo ich keine Fallen haben will.« Er zwinkerte Loyal zu, der meinte, da oben wären irgendwo Marihuanapflanzungen. Zum Teufel, auch das würden die Kojoten fressen.
    Aber er hatte das Land noch nicht zu Ende erkundet, da wußte er, daß etwas im Gange war. Transporter, die sich nachts die steilen Bergstraßen hinaufmühten. Flintenschüsse in der Ferne. Hunde, die anschlugen.
    Samstagabend im Bite the Dust war Samstagabend. Gegen vier Uhr nachmittags füllte der Parkplatz sich allmählich mit Transportern ohne Auspufftöpfe. Hunde auf den Beifahrersitzen, den Ladeflächen. Als der aquamarinblaue Transporter, der mit übriggebliebener Schwimmbadfarbe gestrichen war, eintraf, fingen sämtliche Hunde auf dem Parkplatz an zu bellen und an den Leinen zu zerren. Er hatte das Auto auf Cloves’ Ranch die Straße in die Berge hinauf- und hinuntertuckern sehen.
    »Was zum Teufel transportierst du auf der Karre, daß sie immer so loslegen, wenn du kommst?« fragte Bubby, der neben dem kleinen Cowboy saß. Mit geübter Anmut hockten sie rittlings auf den Barhockern am Ende des Tresens. Der Mann, der durch die Tür trat, war eine Pyramide mit funkelnden gelben Augen und einem braunen Bart, der in der Mitte geteilt und mit einem Stück gehärtetem Draht nach links und rechts gebogen war. Auf seiner Brust ein Halsband aus Dachskrallen. Loyal roch Moschus, verwesten Köder, frische Häute und etwas anderes und wußte, daß er Fallensteller war. Auf der Jagd nach etwas nicht Jagdbarem. Weder Kojoten noch Füchse oder Rotluchse.
    »Miau«, machte der Brocken.
    »Löwen? Bei Gott, das kann ich mir vorstellen. Das hat sie aufgebracht.«
    »Das hab’ ich nicht gesagt«, sagte der Fallensteller und bestellte Whiskey und Bier. Als er die Getränke hatte, ging er zu Loyal und setzte sich ihm gegenüber. Der kleine Cowboy war still.
    »Ich hab’ dich auf Erkundung gesehen. Cloves sagt, daß du Kojoten nachstellst, hä?«
    »Der Preis hält sich. Erstklassige Ware hat am Ende der Saison siebzig pro Stück gebracht.« Zum Teufel, er wollte nicht bei diesem Banditen sitzen.
    »Kriegst hundert, wenn’s toll läuft. Fällt der Preis, sitzt du in der Scheiße, arbeitest für zwanzig Cent die Stunde.«
    »Stimmt genau.«
    »Die Fallensteller von der Regierung haben den ganzen Sommer hier gearbeitet.«
    »Ich weiß. Es war so was wie’ne Herausforderung, wollte wissen, wie gut ich in’ner schwierigen Lage bin.«
    »Schwierig stimmt genau. Weißt du, warum die Typen von der Regierung weg sind?«
    »Nein. Vermutlich waren sie mit ihrer Arbeit fertig.«
    »Zum Teufel, nein. Cloves fährt eines Tages raus, war wegen irgendwas total durchgedreht, und fängt an, auf sie zu schießen. Schreit: ›Euch bring’ ich bei, meine Schafe zu reißen. Ich lösch’ alle Scheißkojoten dieser Erde aus.‹ Hat sie für die Kojoten gehalten. Sie sahen

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