Postkarten

irgendwie krätzig aus, aber ich war mir immer sicher, daß sie zwei Beine hatten. Also, sei auf der Hut. Hat was Wahnsinniges an sich. Normalerweise ist er im Winter nicht da, so hab’ ich wenigstens gehört. Ich bin selber erst seit drei Monaten hier, darum kenn’ ich seine Gepflogenheiten im Winter noch nicht. Es heißt, er geht nach Mexiko, um’s warm zu haben. Verdammt, hätt’ selber gern’n hübsches Geldpolster, um mir so was leisten zu können, was?« Er zwinkerte. Vom Tresen aus beobachtete der kleine Cowboy sie im Spiegel. Loyal ging ein absurder Gedanke über ihn durch den Kopf. Die Hunde bellten sich den Verstand aus dem Leib.
    »Willst du deinen Laster nicht im Abwind parken, damit wir hier drin’n bißchen Ruhe kriegen?« Der Barmann war höflich, aber seine Stimme klang durchdringend. Der Fallensteller ging hinaus und fuhr den Laster auf die andere Seite des Gebäudes. Aber er war gereizt, als er wieder hereinkam, und Loyal dachte, daß es später Ärger geben würde. Er trank seinen Whiskey aus und ging.
    An der Tür schaute er zurück und fing den Blick des kleinen Cowboys auf, der gerade von ihm wegglitt. Bevor er einschlief, versuchte er, den Gestank des Fallenstellers zu identifizieren. Baummarder? Löwe?
    Löwe war es nicht.
     
    Eine Woche später saß er am Tisch und las eine drei Tage alte Zeitung. Die Kneipe war leer. Der Barmann machte sich an einem Glas eingelegter Eier zu schaffen, holte sie mit einer Zange aus rostfreiem Stahl heraus und arrangierte sie pedantisch in einer Schüssel. Der Wind sang ums Haus. Er raschelte mit der Zeitung. Der Barmann öffnete den Mund nur zum Gähnen.
    »Da kommt dein Freund«, sagte er nach einer Stunde, als er etwas hörte, was Loyal nicht hörte. Er nahm das lautstarke Geknatter des Auspuffs erst wahr, als der schwimmbadfarbene Transporter in Sicht war.
    »Ich kenn’ ihn nicht. Hab’ ihn letzten Samstag das erste Mal gesehen. Seine Gesellschaft macht mir soviel Spaß wie die von’nem nassen Hund.«
    »Na ja, seit September schaut er immer wieder mal vorbei. Behauptet, daß er von Maine rüberkommt oder von der Mayflower oder so was.« Der Wagen parkte. Die Tür knallte zu.
    »Na, sieh einer an, wer da ist. Ist mir beim letzten Mal davongelaufen und hat den ganzen Spaß verpaßt, was? Für mich das Übliche, Robert.«
    »Hier. Willst du ein eingelegtes Ei?«
    »Von den stinkigen Dingern würd’ ich keins essen, auch wenn’s in Mösenhonig getaucht wär’ und in Zucker gerollt.«
    »Manche Leute mögen sie. Ja, ich weiß noch, daß du fast die ganze Scheißschüssel gegessen hast an dem Abend, wo wir dich rausgeschmissen haben. Da hab’ ich mir gedacht, du hast was für die Dinger übrig. Wenn du keins ißt, bleibst du ja vielleicht nett, und wir brauchen mit dir keinen Zauber mehr zu veranstalten.«
    »He, vorbei ist vorbei, ja? Ich war noch nie nachtragend.« Er schaute Loyal an wie einen Bruder. Loyal fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Er hob die Zeitung hoch und raschelte ein bißchen damit, obwohl er alles außer den Mietangeboten gelesen hatte. Der Fallensteller blieb am Tresen, aus der Entfernung stank er nicht so schlimm. Er muß sich gewaschen haben, dachte Loyal.
    Eine Stunde später wimmelte der Laden von den immer gleichen Typen mit den großen Hüten, der kleine Cowboy saß auf seinem angestammten Hocker und beobachtete die Welt im Spiegel. Ein anderer Mann, der aussah wie der Kompagnon des Banditen, nannte ihn Sylvester und klopfte ihm auf den Rücken. Er war kleiner und schmutziger, hatte einen Schnurrbart wie ein Suppensieb, trug einen Orlonpullover und darüber einen Overall, der ihm einen komischen Hippielook verlieh. Etwas an dem hängenden Kopf und den verkniffenen Zügen erinnerte ihn an den alten Roseboy, wie er in der altmodischen Kühle des Apfellagers seines Großvaters stand. Der Geruch nach kalten, frischen Äpfeln stieg in ihm auf, verblaßte. Der Kompagnon trug eine Waldarbeiterzipfelmütze, die nicht so recht zu den Stetsons mit hochgerollter Krempe und hochhackigen Stiefeln um ihn herum paßte. Sogar Robert hinter der Bar hatte seinen Cowboyhut auf. Ein paar Außenseiter wie Loyal trugen Traktormützen mit der Aufschrift: NICHTS LÄUFT WIE EIN DEERE CATERPILLAR. Keine Zipfelmützen. Der Kompagnon hatte einen Südstaatenakzent. Die Pokertischplatte lehnte an der rückwärtigen Wand. Ein paar Jungen spielten Poolbillard. Loyal bestellte ein Steak mit eingelegten Zwiebeln und Bratkartoffeln.
    Er erschrak, als