Poul Anderson
umklammern.
»Ziehen Sie keine voreiligen Schlüsse«, sagte er rasch. »Ich bin in erster Linie Marsier. Wenn Hale die Wahrheit sagte, werde ich wegen Meuterei erschossen, und zweifellos wird noch mehr Blut fließen, bis es dazu kommt. Aber ich muß das Risiko auf mich nehmen – diese paar Menschenleben zählen nichts im Vergleich zu der Gefahr, daß der Mars von innen heraus erobert wird.«
Wir entwickelten alle möglichen Pläne. Sie brachten uns aber nicht weiter als bis zum Beginn der Flucht. Darüber hinaus konnten wir nicht planen. Kit ging hinaus, um Alice zu holen, während ich einige notwendige Kleinigkeiten und soviel Nahrungsmittel wie möglich einpackte. Regelin befahl, seinen Privatwagen vorzufahren, und händigte mir eine dicke Rolle Geldscheine aus.
Wir gingen gemeinsam hinauf und dann den Gang zum Zimmer der Fremden entlang.
Regelin schickte die Wachen fort. Es war vielleicht grausam von uns, sie auszuschließen, aber man konnte nicht wissen, ob sie sich nicht gegen uns wandten. Dann öffnete er die Tür und ging ins Zimmer. Ich schaltete das Licht ein.
Hale besaß noch seine menschliche Erscheinungsform, und Dzuga war wieder zum Marsier geworden. Sie fuhren aus dem Bett hoch und starrten in die Mündungen unserer Pistolen.
»Sie werden uns jetzt die ganze Wahrheit sagen«, forderte Regelin barsch. »Auf der Stelle.«
Hales Gesicht rötete sich vor Ärger. »Das habe ich bereits getan«, sagte er.
»Ich verstehe was von Biologie«, erklärte Regelin, »und ich weiß auch sehr gut, daß neue Waffen nicht über Nacht entwickelt werden. Ich glaube nicht daran, daß ein marsisches Labor Wesen von Ihrer Sorte hervorgebracht hat. Sie kommen von außerhalb unseres Sonnensystems, nicht wahr?«
Hale schüttelte den Kopf.
Regelin hob die Hand, als ich auf die beiden zutrat. »Hören Sie!«
Bald hörte ich es auch, das stetige Fauchen eines Raketentriebwerks, das den Himmel durchpflügte und rasch näher kam. Der Trupp vom Hauptquartier!
Nein – sie konnten unmöglich so schnell da sein. Ruanyi mußte eine in der Nähe liegende Einheit angerufen haben, die auf seinen Befehl hin sofort mit dem Raketenflugzeug gestartet war. Und das hieß, daß für ihn der Vorfall von äußerster Wichtigkeit war ...
Wir mußten die Fremden erschießen. Sie hatten unsere beiden Planeten auf dem Gewissen. Ich hatte fast erwartet, daß sie im Tod ihre Gestalt ändern würden, aber sie blieben unverändert, als sie zu Boden sanken.
»Schnell!« stieß Kit hervor.
Regelin legte einen Papierbogen auf die Diele, auf dem unsere Beobachtungen und Schlußfolgerungen verzeichnet waren. Wenn der Trupp aus feindlichen Agenten bestand, war das Schreiben sinnlos, sie würden es einfach vernichten. Wenn aber Hale die Wahrheit erzählt hatte, stellte es wenigstens eine kleine Rechtfertigung für unseren Ungehorsam dar, und vielleicht würden die Regierungsstellen uns wenigstens lebend zu ergreifen versuchen. Vielleicht ...
Wir rannten die Treppe hinunter und hinaus auf den Fahrweg. Der Wagen stand da, schwarz, stromlinienförmig und mit laufendem Motor. Kit sank auf den Rücksitz neben Alice, während Regelin und ich die vorderen Sitzplätze einnahmen. Er ließ mich ans Steuer, und wir entfernten uns rasch vom Haus.
»Wohin jetzt?« fragte er.
»Versuchen wir es mit Albany«, sagte ich. »Wir können dort vielleicht für eine Nacht unterkriechen.«
Der Motor heulte auf. Im schwachen Licht des Instrumentenbrettes sah ich, wie die Tachonadel auf zweihundert kletterte. Der Wind pfiff an uns vorbei, aber ich hörte, wie Alice auf dem Rücksitz schluchzte und Kit sie zu beruhigen versuchte.
Regelin lehnte sich zu mir herüber. »Morgen früh wird der Teufel los sein«, sagte er. »Sie werden uns überall suchen – und sie haben die Nummer des Wagens.«
Ich nickte. »Wir werden ihn in Albany ich den Graben fahren.«
Bei unserem Tempo brauchten wir nur einige Minuten, bis wir die Stadt erreichten. Wir verlangsamten die Fahrt und schnurrten leise durch die leeren Straßen. Der Mond verbarg sich hinter den hohen Häusern, und die Lampen waren gelöscht, um die schwachen Kraftquellen der Erde nicht unnötig zu beanspruchen.
Ich parkte in einer Seitenstraße, und wir gingen in die Nacht hinaus. Unsere Schritte klangen laut auf dem Pflaster. Wir waren die einzigen Passanten weit und breit.
Wir waren in einem üblen Stadtviertel, wo alle möglichen Strolche Unterschlupf gesucht und gefunden hatten. Ich kannte hier ein kleines
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