Poul Anderson
Hotel und blieb vor dessen schwach leuchtender Eingangslampe stehen. Ich ließ die anderen draußen und ging hinein, wobei ich mir das Taschentuch vors Gesicht hielt. Ein schläfriger Portier schreckte auf. »Ja?«
»Ein Einbettzimmer für diese Nacht«, murmelte ich. »Bitte schnell, ich habe fürchterliches Nasenbluten.« Vorsorglich hatte ich mich in die Hand geschnitten, um einige echte Blutflecken in das Taschentuch zu kriegen.
Der Portier verlangte eine Viertelmillion im voraus, und ich blätterte sie ihm hin und schleppte meinen Koffer mit all unseren Habseligkeiten über die dunkle Treppe hinauf in das schäbige Zimmer, das er mir gegeben hatte. Ich ging hinein, schloß die Tür von innen und kletterte die Feuerleiter hinunter. Dann ging es zu viert wieder hinauf. Kit und Alice waren schnell im Bett eingeschlafen, während Regelin und ich um den Sessel knobelten. Ich verlor und streckte mich auf dem schmutzigen Fußboden aus. Trotzdem schlief ich sehr schnell ein.
Zeitig am nächsten Morgen öffneten wir eine Büchse Bohnen zum Frühstück und beratschlagten.
»Die Suchaktion wird inzwischen eingesetzt haben«, sagte Regelin. »Und was können wir unternehmen?«
»Wir müssen jemanden erreichen, dem wir trauen können«, sagte ich. »Wir können nicht zu einem x-beliebigen Sheriff oder marsischen Offizier gehen. Selbst wenn er uns glaubt, was sehr unwahrscheinlich ist, müßte er den Dienstweg einhalten, und das bedeutet, daß der Feind ihn sehr bald mundtot machen kann.« Ich kratzte mein stoppeliges Kinn. »Der Mann, den ich jetzt gern sprechen möchte, ist Rafael Torreos. Er ist ein alter Freund von mir, und ich weiß, daß er in Ordnung ist. Und er ist oder vielmehr war Oberst in unserer Spionageabwehr und verfügt über einige Verbindungen zu höheren marsischen Dienststellen. Er würde die Möglichkeit besitzen, uns zu helfen.« Ich lachte trübselig. »Nur leider wohnt er in Brasilien.«
»Könntest du ihm nicht schreiben?« fragte Kit.
»Wo die Postverbindungen unterbrochen sind? Nein. Vielleicht, wenn wir jemanden finden, der nach Brasilien reist.«
Regelin runzelte die Stirn. »Ich glaube, ich kann mich für Sevni Yueth dzu Talazan verbürgen, der in unserer eigenen Abwehr tätig ist«, sagte er. »Und er besitzt bedeutend mehr Einfluß als ihr Torreos. Allerdings wird er so eine phantastische Geschichte nicht ohne Beweise glauben. Ich selbst würde sie nicht glauben.«
»Und wenn Yueth in Ihrem C.I.A. eine führende Rolle spielt, ist er weit weg von hier, im Generalhauptquartier von Nordamerika«, sagte ich. »Da könnte er auch gleich in Brasilien sein. Bis dahin sind es zweieinhalbtausend Kilometer.«
»Trotzdem ...«
Beweise! Der beste Beweis, vielleicht der einzige, würde ein Fremder sein. Falls er tot war, mußte er noch das fremde Aussehen haben, oder vielleicht stellte sich bei einer Sezierung der Unterschied heraus. Wie viele von ihnen mochte es wohl geben? Jeder, den wir trafen, konnte ein Ungeheuer sein.
Nein, vermutlich nicht. Sie mochten eine entsprechende Verkleidung für Spezialaufgaben wählen, aber in der Hauptsache würden sie in den leitenden Stellen sitzen – Offiziere, Politiker, Industrielle, Beamte in Schlüsselstellungen. Die menschliche Gesellschaft ist eine große Maschine, und sie mußten in den lebenswichtigen Positionen sitzen, um sie wirksam steuern zu können.
Ich glaubte nicht, daß sie besonders zahlreich waren; aber die Tatsache, daß sie jeden Menschen und Marsier gegen uns hetzen konnten, machte unsere Lage schwierig.
Die Fremden würden also in den Hauptquartieren sitzen, in den Regierungen. Wir mußten uns zum Sitz von Ruanyi dzu Varek durchschlagen, und wahrscheinlich gehörte er auch zu den Feinden. Durchschlagen bis Minneapolis, wobei die ganze Nation hinter uns her war.
Aber schließlich würde niemand vermuten, daß wir uns in dieser Richtung bewegten. Man würde annehmen, daß wir uns in die nördlich gelegenen Wälder flüchteten. Und Regelins Freund Yueth würde auch in Minneapolis sein.
Ich stand vom Fußboden auf. »Es geht los«, sagte ich.
6
Ich mußte mich um die Fahrgelegenheit kümmern. Kit und Regelin fielen zu sehr auf. Ich ließ sie beratschlagend zurück und ging hinunter. Der Straßenanzug, den ich trug, bot wenig Möglichkeiten, das Gesicht zu verbergen, und außerdem stieg draußen ein ungewöhnlich strahlender Morgen herauf, der mir auch die leiseste Entschuldigung für das Tragen eines Regenumhangs raubte. Ich
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