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Power and Terror

Power and Terror

Titel: Power and Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noam Chomsky
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welche nicht.

    Wie erklären Sie das? Journalisten halten sich doch kritische Berichterstattung im Interesse der Bevölkerung zugute, wollen 20
    im Dreck wühlen, um zu zeigen, wie die Dinge wirklich sind.
    Und doch bleiben solche Fakten unerwähnt. Warum?

    Zum Teil haben sie einfach bestimmte Werte verinnerlicht.
    Also, daß es egal ist, was wir anderen Leuten antun. Das gilt nicht nur für die Journalisten, sondern auch für Akademiker und die Intellektuellen allgemein.
    Wenn man eine Umfrage bei US-Intellektuellen machte, würde man herausfinden, daß sie in ihrer überwältigenden Mehrheit den Bombenkrieg in Afghanistan befürworten. Aber wie viele von ihnen meinen, daß man wegen des Kriegs gegen –
    Nicaragua Washington hätte bombardieren sollen? Wenn jemand so etwas vorschlüge, würde man ihn für geisteskrank halten. Aber warum? Ich meine, wenn der eine recht hat, warum hat der andere unrecht?
    Wenn man versucht, mit jemandem über diese Frage zu
    diskutieren, versteht er die Frage gar nicht. Er versteht nicht, daß wir die Maßstäbe, die wir an andere anlegen, auch auf uns selbst anwenden sollten. Es bleibt ihm unbegreiflich, obwohl es kein grundlegenderes Moralprinzip gibt. Man muß dazu nur George W. Bushs Lieblingsphilosophen lesen. In den Evangelien findet sich eine berühmte Definition des Heuchlers: Ein Heuchler ist jemand, dessen Maßstäbe nur für andere gelten, nicht aber für ihn selbst.
    Daran gemessen ist nahezu die gesamte Diskussion über den sogenannten Krieg gegen den Terror reine Heuchelei. Aber das verstehen sie nicht.

    Und diejenigen, die darauf drängen, eine andere Perspektive einzunehmen, bekommen Schwierigkeiten.

    Nicht nur das. Wer eine andere Perspektive einnimmt, gilt als 21
    Parteigänger Usama bin Ladins. Die Reaktionen sind hysterisch und irrational. Aber das ist so ungewöhnlich nicht. Wenn man in den dreißiger oder vierziger Jahren unter japanischen Intellektuellen eine Umfrage gemacht hätte, wären die meisten wahrscheinlich auch für den Krieg gewesen. Das war in Deutschland so und in Frankreich und anderswo. So häßlich es ist, das sind die Maßstäbe.

    Wenn ich hier, in den Vereinigten Staaten, die Kommentare über den bevorstehenden Irak-Krieg lese, kommt es mir vor, als sei schon alles fix und fertig geplant.

    Es ist ein technisches Problem. Wieviel wird der Krieg kosten?
    Wird es Schwierigkeiten geben?
    Nehmen wir Afghanistan. Dort kann man keine Umfragen durchführen, aber die Afghanen haben ihre Meinung geäußert.
    Da gibt es z. B. die größte Frauenorganisation des Landes, das Revolutionäre Bündnis der Frauen Afghanistans. Es genießt großes Ansehen, denn es kämpft seit Jahren mutig für Frauenrechte. Es hat eine Webseite, auf der die Frauen klar und deutlich ihre Meinung äußern. Sie waren strikt gegen die Bombardierung.
    Ende Oktober 2001 hatten die USA in Pakistan ein Treffen von eintausend afghanischen Stammesführern organisiert. Die waren über vielerlei unterschiedlicher Meinung, nicht aber in ihrer Ablehnung des Bombenkriegs. Sie wollten die Taliban von innen her stürzen und hielten einen Erfolg für durchaus möglich.
    Dieser Ansicht war auch der populäre afghanische Dissident Abdul Haq, der in Pakistan lebte und das Vertrauen der USA genoß. Er wurde vom Carnegie Endowment for International Peace, einer nicht ganz unbekannten Organisation, interviewt.
    Das Gespräch wurde in den USA nicht veröffentlicht, wohl aber in Europa. Zu der Zeit verurteilte Haq die Bombenangriffe.
    22
    Auch er war der Ansicht, der Krieg schade den Bemühungen, die Taliban zu stürzen. Die Amerikaner führten den Krieg nur, fügte er hinzu, um ihre Muskeln spielen zu lassen. Es interessiere sie nicht, was mit Afghanistan oder den Afghanen geschehe, ebensowenig, wie es sie in den achtziger Jahre interessierte.
    So ist die Meinung in Afghanistan. Hat sie Beachtung gefunden? Kaum. Wen kümmert’s, was die Afghanen denken?
    Wir tun, was wir wollen.

    Gilt das nicht auch für den Konflikt zwischen Palästina und Israel? Palästina ist seit 35 Jahren besetzt, ohne daß hier irgend jemand überhaupt merkt, daß es sich um eine Besatzung handelt.

    Es ist sogar eine ziemlich brutale Besatzung, wie alle militärischen Besatzungen. Und diese ist besonders hart, weil sie die Absicht verfolgt, die Bevölkerung zu demoralisieren und, wenn möglich, zu vertreiben. Das ging nur mit US-amerikanischer Unterstützung, und die Vereinigten Staaten sind seit dreißig Jahren damit

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