Power and Terror
beschäftigt, eine diplomatische Regelung zu verhindern. Und natürlich gewähren sie Israel Militär- und Wirtschaftshilfe.
Wenn sich israelische Siedlungen auf palästinensischem Territorium ausbreiten, um die ersehnten Gebiete dem eigenen Land anzugliedern, geht das auf Kosten des US-Steuerzahlers.
Wenn, wie geschätzt wird, fünfzigtausend Menschen gefoltert werden, geht das auf Kosten des US-Steuerzahlers. Als Israel in den Libanon einmarschierte und zwanzigtausend Personen tötete, stellten die USA dafür nicht nur die Mittel zur Verfügung, sondern legten auch ihr Veto gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats ein, die den Rückzug Israels forderten usw. Das alles spielte keine Rolle. Israel war immer nur Opfer, 23
nicht Urheber von Greueltaten.
Jetzt geht es um die Selbstmordattentate, die letztes Jahr in großem Umfang begannen. Natürlich sind das schreckliche Verbrechen. Ein Jahr lang palästinensische Verbrechen nach vierunddreißig Jahren Ruhe. Israel war gegen Angriffe nahezu immun gewesen. Zwar gab es Terrorattacken, aber nicht aus den besetzten Gebieten heraus. Dort herrschte bemerkenswerte Passivität, und das entsprach den Erwartungen. Die Europäer waren auch zufrieden, wenn es in den Kolonien ruhig blieb.
Sobald sich das ändert, wird von Greueltaten gesprochen.
Die Vereinigten Staaten eskalieren die Gewaltbereitschaft noch. Im Dezember 2001 wollte der UN-Sicherheitsrat eine von der EU eingebrachte Resolution verabschieden, die die Entsendung internationaler Beobachter forderte. Deren Präsenz sollte zur Beruhigung der Lage beitragen. Die USA legten ihr Veto ein.
Eine Woche zuvor hatte es in Genf ein wichtiges Treffen der Signatarstaaten der Vierten Genfer Konvention gegeben. Es waren, glaube ich, 114 Länder vertreten, darunter die gesamte EU, sogar Großbritannien. Und sie bestätigten, was immer wieder, sogar mit Zustimmung der USA, gesagt worden ist: Die Vierte Konvention gilt auch für die besetzten Gebiete.
Weiter wurde darauf hingewiesen, daß damit – und das stimmt
– fast alles, was Israel und die USA in den besetzten Gebieten tun, illegal, ja, de facto ein Kriegsverbrechen ist. Viele Teilnehmerstaaten sprachen von »schweren Verstößen« gegen die Konvention, mithin von schwerwiegenden
Kriegsverbrechen. Daraus folgt, daß man die politische Führung Israels und der Vereinigten Staaten vor Gericht stellen sollte.
Die USA sind als Signatarstaat sogar verpflichtet, Personen strafrechtlich zu verfolgen, die auf schwerwiegende Weise gegen die Genfer Konventionen verstoßen, und das betrifft auch die eigene politische Führung.
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Die Vereinigten Staaten nahmen an dem Treffen nicht teil, und damit war es politisch so gut wie tot. Hierzulande gab es darüber kaum Berichte. Dadurch wurde weiteren Greueltaten Vorschub geleistet und schwere Verstöße gegen die Genfer Konventionen, Verstöße, für die es in Tokio und Nürnberg Todesurteile gab, wurden legitimiert. Und es ist kein Ende abzusehen, weil die Vereinigten Staaten unilateral jegliche Friedensregelung blockieren.
Jetzt wird viel von dem Friedensplan Saudi-Arabiens
gesprochen. Natürlich akzeptieren die USA ihn nicht, aber er ist ein »wunderbarer Fortschritt«. Etwas Vergleichbares war schon 1976 dem UN-Sicherheitsrat vorgelegt worden. Die Vereinigten Staaten legten ihr Veto ein. Alle wichtigen Staaten, auch die bedeutenden arabischen und die PLO unterstützten ihn.
In der akademischen Welt ist das alles weitgehend unbekannt.
Es gibt vielleicht zehn Leute, die davon Kenntnis haben.
Angeblich sind die USA dabei, den »Friedensprozeß«
voranzutreiben. Definitionsgemäß ist das, was Washington betreibt, ein »Friedensprozeß«. Seit dreißig Jahren besteht er darin, den Frieden zu verhindern. Weiß man das hierzulande?
Nein. Wenn ich vor einem akademischen Publikum darüber spreche, weiß niemand, wovon überhaupt die Rede ist. Wieso verhindern die Vereinigten Staaten den Frieden?
Warum stimmen Israel und die USA bei UN-Resolutionen so oft gegen den Rest der Welt?
Normalerweise stimmt die USA allein dagegen, weil Israel kein ständiges Mitglied im Sicherheitsrat ist. Im übrigen legen die USA auch bei Themen ihr Veto ein, die nichts mit dem Nahen Osten zu tun haben. Im Westen ist die Auffassung verbreitet, daß bis zum Zusammenbruch des Kommunismus vor allem die Sowjets die Arbeit des Sicherheitsrats blockierten. In diesem 25
Tenor schrieb die New York Times, daß die Vereinten Nationen nun endlich
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