Power Down - Zielscheibe USA (German Edition)
sich, während er die nächsten Schritte plante.
Er klappte sein Handy auf, hatte jedoch keinen Empfang. Mittlerweile besaß der Mercedes nur noch einen einzigen Scheinwerfer und keine Windschutzscheibe mehr, war übel verbeult und von Kugeln durchsiebt. Trotzdem fuhr er noch. Dewey sah kaum etwas bei seiner Überlandfahrt durch die stockfinstere Umgebung. Nach wenigen Minuten schälten sich baufällige Plattenbauten aus der Dunkelheit. Er näherte sich der Hauptstadt und probierte es erneut mit dem Handy.
»Tanzer«, meldete sich Jessica.
»Ich binʼs, Dewey.«
»Ich dachte, Sie wären im verdeckten Einsatz.«
»Die haben mich aufgespürt. Zwei Kerle. Ich habe denen eine Falle gestellt. Jetzt sind sie tot und wir um ein paar Informationen reicher.«
»Was? Wo sind Sie?«
»In Kuba. Schicken Sie ein Team nach Notre Dame. Ins Fußballstadion.«
»Ins Stadion?«
»Jawohl.«
»Mein Gott ...« Er bekam mit, wie sie auf einer Tastatur herumklapperte. »Okay, ich werde sofort ein paar Leute hinschicken. Die werden das ganze Gelände auf den Kopf stellen. Octanitrocuban?«
»Ja, Fernzündung.«
»Fernzündung? Okay, das geb ich sofort weiter. Bleiben Sie dran!«
Im Telefon klickte es. Dewey fuhr weiter und wartete mehrere Sekunden. Schließlich kam Jessica wieder an den Apparat.
»Der Kampfmittelräumdienst der Indiana State Police in Quantico ist unterwegs. Hat er Ihnen weitere Anschlagsziele genannt?«
»Nein! Aber das hätte er, hätte er sie gekannt. Der Kerl heißt Mahmoud. Er wusste nur über seine eigene Zelle Bescheid. Er erwähnte noch jemanden – einen Kerl namens Karim – aus New York. Und er sprach von Harrisburg.«
»Harrisburg?«, fragte Jessica ungläubig.
»Ja. Er meinte, das sei ihr erster Einsatz gewesen.«
»Ich lasse den Namen Karim gerade durchlaufen. Wie es aussieht, gibt es allein in New York City über 300 Männer, die so heißen.«
Dewey fuhr weiter. Kleine Betonverschläge wichen größeren Betonbauten, übereinandergestapelten Mietwohnungen, Läden und schließlich Einkaufszentren. Mittlerweile befand er sich kurz vor Havanna, passierte die Außenbezirke.
»Ich brauche Ihre Hilfe«, sagte Dewey. »Können Sie herausbekommen, wo sich auf dem Jose Marti Airport das Privatterminal befindet?«
»Bleiben Sie dran!«
Dewey fuhr an einem grünen Schild vorbei, auf dem der Umriss eines Flugzeugs prangte.
»Ich habʼs. Terminal Zwei. Wo sind Sie?«
»Auf der Calzada de Bejucal, Fahrtrichtung Norden.«
»Okay, warten Sie, ich habʼs. Sie müssen nach links in die Vantroi abbiegen. Dann liegt das Terminal rechts vor Ihnen.«
»Danke.«
»Was haben Sie vor, Dewey? Weshalb das private Terminal?«
»Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht gibt es eine Spur. Ich melde mich wieder.«
»Die kubanischen Behörden werden die Leichen finden, richtig? Hören Sie, wir holen Sie raus, Dewey! Sie wollen doch nicht in einem kubanischen Knast landen? Dann können wir nämlich nichts mehr für Sie tun.«
Dewey entdeckte ein Schild, das auf die Avenue Vantroi hinwies. Im Schein einer Straßenlaterne bog er nach links ab.
»Ich muss Schluss machen.« Damit klappte er das Handy zu.
Nachdem er aufgelegt hatte, blieb er gut einen Kilometer lang auf der Vantroi, fuhr langsam an der Hauptzufahrt zum Terminal Zwei vorbei, stellte den Mercedes in einer Seitenstraße vor einem Lagerhaus ab, stieg aus und schaute sich um. Die Vantroi war verlassen. Zu seiner Rechten konnte er in einigen Hundert Metern Entfernung das Terminal sehen – einen lang gestreckten, schlichten Betonbau. Es war hell erleuchtet, aber nichts regte sich. Er überprüfte das Magazin seines Colts und verstaute die Waffe im Schulterholster. Anschließend tastete er an seinem Bein nach dem Kampfmesser in der Knöchelscheide und machte sich dann auf den Weg. Er lief die verlassene Straße entlang auf den Maschendrahtzaun zu, der den Flughafen umgab.
Mit schnellen Bewegungen erklomm er den Zaun. Oben verliefen straff gespannt mehrere Stränge Stacheldraht. Er schob die Hände zwischen zwei Drähte, katapultierte sich in die Höhe und setzte über die Absperrung hinweg. Im Innern des Flughafengeländes landete er auf dem Boden und rollte sich ab. Ein stechender Schmerz durchzuckte seine Schulter. Als er auf den Arm blickte, bemerkte er einen dünnen Blutfaden, der daran herabsickerte. Er griff an seinen Knöchel und zog das Messer heraus. Er hielt es in der Linken, die Klinge nach oben, parallel zum Unterarm, um es dahinter zu
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