PR 2621 – Der Harmoniewächter
Superintelligenz unterstützt uns durch Gaben, die sie uns verleiht. Ich sehe mich weder als Polizist noch als Vertreter des Geheimdienstes.«
»Diese Leier kenne ich«, sagte der Gardeleutnant barsch. »Du hast sie mir vor unserem Einsatz im Ausbildungslager auch vorgekaut. Dann, als du versagt hast, riefst du mich um Hilfe. Es wird wieder so kommen.«
»Wir sollten uns gegenseitig unterstützen«, bat ich. »Ich weiß deine Möglichkeiten zu schätzen. Du hast mir das Leben gerettet. Aber wir müssen an das Reich der Harmonie denken und daran, wie wir die große Bedrohung am besten beseitigen! Die Existenz des Reiches steht auf dem Spiel! Jeder muss nach seinen Fähigkeiten handeln – du auf deinem Weg, ich auf meinem.«
Diesmal widersprach ihm niemand mehr.
*
»Das Fremde tötet, die Harmonie macht lebendig.«
(Alter Lehrsatz aus der Gründerzeit des Reiches)
4.
Alaska Saedelaere
Der Staub lag knöchelhoch, und jeder Schritt wirbelte ihn zu Wolken auf. Als Saedelaere einatmete, kitzelte es ihn zuerst in der Nase, dann musste er husten.
Es war noch nicht lange her, dass sie diese unterirdische Zentrale erreicht hatten und das zylindrische Transportfeld hinter ihnen erloschen war. Nun lagen die Ringprojektoren an der Decke still und unscheinbar da, schienen mit sonstigen Verstrebungen und Röhren geradezu zu verschmelzen.
Weil sich die Luft als atembar erwiesen hatte, war der Helm des SERUNS nicht mehr geschlossen. Angesichts der Staubmengen überlegte der Aktivatorträger, das wieder zu ändern.
Alle fühlten sich nach dem Transport wohl, Saedelaere ebenso wie Gardeleutnant Pridon, Eroin Blitzer und die Herzogin. Auch das Firibirim war wohlauf, es schwebte momentan unter der Decke, wickelte den Schwanz um eine Art faustdickes Rohr und ließ sich daran herabbaumeln.
Ein erster Rundgang durch die Empfangshalle lag hinter dem Aktivatorträger. Der Eindruck, der sich ihm immer wieder aufdrängte, ließ sich mit einem einzigen Wort zusammenfassen: alt.
Diese Räumlichkeiten hatte sicher seit Jahrzehnten niemand mehr betreten, was genau dazu passte, dass laut allen Erkenntnissen ein Zeitsprung über mehr als siebzig Jahre hinter ihnen lag.
Eine Notbeleuchtung spendete spärliches Licht und tauchte viele Bereiche in Schatten und Zwielicht. Überall standen Terminals, Instrumente und Aggregate – von Staub bedeckt.
Nur das Firibirim piepste fröhlich, schien sich in dem Gestänge unter der Decke wohlzufühlen. Es turnte und schwang sich von einem Rohr zum nächsten. In seiner unbekümmerten Art erinnerte es an ein Kind, das endlich wieder seine Freiheit genoss.
Soweit Saedelaere es beurteilen konnte, entsprach die Optik der Technologie ebenso wie das gesamte Ambiente exakt dem Bild, das er im fliegenden Verwaltungspalast kennengelernt hatte.
Er wies die SERUN-Positronik an, die Optik mit jener des Palasts und aus dem Schiff zu vergleichen, in dem sie kurzzeitig gefangen gewesen waren.
Das Ergebnis sprach für sich; das Design und die verwendeten Materialien entsprachen wie vermutet denjenigen aus dem Verwaltungspalast, während sie in zahllosen Details wie Vorstufen zum aktuellen Schiffstyp anmuteten.
Das überraschte Saedelaere längst nicht mehr, er war überzeugt, dass der Zeitsprung tatsächlich stattgefunden hatte. Für Rhizinza Yukk und Gardeleutnant Pridon stellte diese Station also eine Art letzte Enklave ihrer Zeit des Reiches der Harmonie dar.
Die Herzogin befahl Pridon, einen Nebenraum aufzusuchen, in dem die Energieversorgung der Station wiederhergestellt werden konnte. Sie klang souverän und überheblich wie immer.
Sie wanderte zwischen den diversen Konsolen hin und her, in perfekt aufgerichteter Haltung. Hin und wieder wischte sie Staub von Displays, der in dicken Flocken langsam zu Boden segelte.
Saedelaeres Einschätzung nach versuchte sie, sich ihre Beunruhigung nicht anmerken zu lassen. Er spürte jedoch deutlich, dass sie von Sorgen gequält wurde. Kein Wunder angesichts dessen, dass sie übergangslos aus ihrem Lebensumfeld gerissen worden war.
Auf Klion lag der Stammsitz ihrer Familie. Wer immer dort gewohnt hatte, war inzwischen nicht mehr am Leben oder zumindest alt geworden. Ob sie wohl in einem engeren Familienverbund gelebt hatte? Gab es einen Lebenspartner? Eltern? Soweit es Saedelaere mittlerweile beurteilen konnte, glichen sich die sozialen Grundstrukturen ihrer Völker großteils.
Die Positronik des SERUNS meldete sich erneut.
Saedelaere las die
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