PR 2621 – Der Harmoniewächter
legen, rührte von einer völligen Inaktivität der Muskulatur während meiner Zeit im Regenerationstank her.
Keiner meiner beiden Besucher folgte diesem Beispiel. Jezzel stand vor einem Regal, das unordentlich vollgeräumt war mit achtlos hineingestopften Speicherkristallen; Conscure lehnte sich leicht an die Rückenlehne eines Sessels.
Über der Decke wucherten Gurrlack-Pflanzen, die den markant-typischen Duft einer frischen Meeresbrise verströmten.
Jezzel seufzte; ein Laut, für den er bei allen Harmoniewächtern ebenso berühmt wie berüchtigt war. Damit eröffnete er das Gespräch.
»Ich freue mich, dass du überlebt hast. Die Mediker teilten mir mit, dass sie dich deiner Regenerationskurve nach für bedingt einsatzfähig halten.«
»Streich das bedingt«, bat ich. »Medikergeschwätz, nicht mehr. Ich weiß, was ich mir zutrauen kann. Die Klinik kann ich sofort verlassen.«
Und wenn ich erst mal hier raus bin, sieht die Welt schon wieder ganz anders aus, ergänzte ich in Gedanken. Ich musterte Truyen Conscure, jenen Soldaten, der den Angriff auf das Lager geleitet und mir zuvor das Leben gerettet hatte.
Die Tatsache, dass viele seiner Männer wegen eines Auftrags, den ich erteilt hatte, gestorben waren, hinterließ in diesem Zusammenhang einen besonders bitteren Beigeschmack. Mein Überleben bedeutete den Tod anderer.
Da erst fiel mir auf, dass der Mediker Conscure als Gardeleutnant bezeichnet hatte. Mir war nicht bekannt gewesen, dass er einen derart hohen Rang bekleidete. War dies meiner Aufmerksamkeit tatsächlich entgangen? Hatte er nicht einen mittleren Offiziersrang innegehabt?
Seine Maske war einfach und mit harten, nüchternen Linien gefertigt; typisch für einen Vertreter des Militärs. Er stand gerade und perfekt aufgerichtet; bei seinem Volk, den Lirbal, galt es als ein Zeichen von Stärke und Charisma.
Das Rätsel seines Dienstranges löste Jezzel mit den nächsten Worten. »Truyen Conscure kennst du bereits. Obwohl die Aktion in den Bergen als Desaster gelten muss, hat er im Vorfeld schnell und richtig gehandelt, und an der Katastrophe trägt er nicht die geringste Schuld.«
Im Gegensatz zu mir, dachte ich, doch Jezzel erwähnte das mit keinem Wort. Vielleicht beurteilte er es nicht einmal so, ich jedoch ging hart mit mir ins Gericht. Ich hätte die Falle früher erkennen müssen!
»Ich habe mich mit Herzog Corodo Zikk besprochen, der ihn zum militärischen Einsatzleiter der nun folgenden Aktion bestimmt hat. Ich stimme dieser Entscheidung zu. Deshalb hat der Herzog Truyen Conscure in den Rang eines Gardeleutnants erhoben. Er wird ab sofort mit dir zusammenarbeiten.«
Diese Ankündigung gefiel mir gar nicht. Ich war es gewohnt, meine Aufträge im Alleingang zu erledigen, ohne auf andere Rücksicht nehmen zu müssen. Einsatzpartner entsprachen nicht dem Wesen eines Harmoniewächters – schon gar nicht solche, die dem Militär entstammten.
Doch anstatt bereits an dieser Stelle des Gesprächs zu widersprechen, wartete ich ab, um erst einmal zu erfahren, worum es Jezzel überhaupt ging.
»Unsere schlimmsten Befürchtungen im Vorfeld waren noch weit harmloser als das, was in Wirklichkeit auf uns zukommt«, eröffnete er mir. »Mittlerweile liegen Beweise vor, dass ein groß angelegter Angriff auf das Reich begonnen hat. Wir haben eine Fünfte Kolonne des Feindes aufgegriffen, und das unter äußerst merkwürdigen Umständen. In diesem Zusammenhang kam es heute zur schlimmsten denkbaren Katastrophe.«
Die Worte schienen mir bewusst dramatisch gewählt. Gardeleutnant Conscure stand stumm hinter seinem Sessel.
»Hast du je von einer gewissen Rhizinza Yukk gehört?«, fragte Jezzel.
Irgendwie kam mir das bekannt vor, doch ich konnte kein Gesicht zuordnen oder den Namen auch nur in irgendeinen Zusammenhang bringen. Also verneinte ich nach kurzem Nachdenken; eine winzige Zeitspanne, in der der Hohe Harmoniewächter ohnehin schon nervös zu werden schien.
»Sie war vor sieben Urd eine Herzogin des Reiches – genauer gesagt eine Vorgängerin von Corodo Zikk. Bis sie plötzlich verschwand, ohne dass die Umstände je näher geklärt wurden.«
»Ich erinnere mich«, sagte ich. Das war Teil der jüngeren Allgemeingeschichte dieses Planeten, die ich studiert hatte, als ich nach Klion versetzt worden war. »Man hat nie Spuren von ihr oder dem Verwaltungspalast gefunden.«
»Richtig«, bestätigte der Gardeleutnant. »Nun ist sie angeblich ... zurückgekehrt. Nur dass sie sich im selben Alter
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