PR 2621 – Der Harmoniewächter
behilflich.«
Ihre Worte zwangen sie dazu, sich erneut mit der ungeheuerlichen Tatsache des Zeitsprungs zu beschäftigen.
Ein weiteres Mal setzte sich die Assoziationskette in Gang, die sie wieder und wieder quälte: Mein Stammsitz ... meine Familie ... mein – Kind ...
Alaska Saedelaere
Stunden vergingen, in denen der Aktivatorträger durch die unterirdische Geheimstation streifte. Ein ganzes Heer von Robotern brachte inzwischen alles wieder auf Vordermann, und doch gab es immer noch hoffnungslos verdreckte und staubige Bereiche.
Saedelaere sehnte sich nach frischer, echter Luft, wie es sie jenseits der dicken Mauern im Freien geben musste. Es war viel zu lange her, dass er einen Planeten betreten und nicht bloß die künstlich aufbereitete Luft eines Raumschiffes geatmet hatte – die LEUCHTKRAFT, die ROTOR-G, der Verwaltungspalast, das fremde Schiff der Harmonie, nun die hermetisch abgeschottete Station ...
Pridon schien wiederhergestellt, es hatte sich wohl nur um einen Schwächeanfall infolge seiner nicht lange zurückliegenden schweren Verletzungen gehandelt. In der Tat hatte er sich wenig Zeit zur Schonung und Regeneration gegönnt; ihm war keine andere Wahl geblieben in diesen stürmischen Zeiten.
Im Nachhinein kam es Saedelaere so vor, als wäre der Herzogin der Zusammenbruch des Gardeleutnants gar nicht so ungelegen gekommen. So hatte sie allen unbequemen Fragen ausweichen können und nur so viel verraten, wie ihr unbedingt nötig erschien.
Er wusste nicht, wie er Rhizinza Yukk einschätzen sollte. Nach dem traumatischen Erlebnis des Verlustes ihres Palastes und fast all ihrer Untergebenen und Schutzbefohlenen war sie in eine andere Zeit geschleudert worden, in ihre subjektive Zukunft, in der ihr jeder in ihrer geliebten Heimat feindlich gegenüberstand.
Mit einem Mal war sie selbst das, was sie am meisten ablehnte und verachtete: eine Fremde!
Dafür hielt sie sich erstaunlich gut und zeigte Würde und herrschaftliches Gebaren, gepaart mit jener Arroganz, die ihr in die Wiege gelegt zu sein schien. Dennoch gärte es zweifellos in ihr, und sie musste sich nahe an einem psychischen Zusammenbruch befinden.
Saedelaere konnte mit ihr fühlen, er wusste, was es bedeutete, einsam zwischen den Sternen zu stranden ...
Nach außen ging die Herzogin kompetent und beherrscht mit der neuen Situation um. Sie klagte oder zauderte in keiner Sekunde, sondern leitete die Wiederherstellung der Geheimstation aktiv und reibungslos.
Zuletzt hatte sie angekündigt, die Vorräte an Lebensmitteln und Trinkwasser in den Lagern sichten zu lassen. Der Gedanke an eine Mahlzeit kam Saedelaere nicht ungelegen – erst als er darüber nachdachte, bemerkte er, wie lange er nichts gegessen hatte.
Während seines Streifzugs erreichte der Aktivatorträger einen Lagerraum, in dem sich metallische Kisten bis zur Decke stapelten.
Eroin Blitzer lehnte mit dem Rücken an einem dieser Behältnisse, das ihn überragte, Saedelaere aber nicht einmal bis zur Schulter reichte.
Der Zwergandroide bemerkte den Neuankömmling nicht, schaute mit unbewegter Miene ins Leere. Das nur spärliche Licht spiegelte sich in vielen stecknadelspitzenkleinen Punkten in seinen Augen.
»Alraska«, sagte Blitzer und strafte damit die Einschätzung des Aktivatorträgers Lügen. »Dieser Raum befindet sich exakt im Zentrum der Station, wusstest du das?«
»Bist du deswegen hier?«
Sein kleiner Begleiter gab keine direkte Antwort. »Ich bin dem Firibirim gefolgt, das durch die Räume schwebte, keckerte und pfiff. Hier stoppte es. Sieh nur.«
Er hob den Arm und wies in die gegenüberliegende Ecke, wo das Firibirim auf einem Rohr saß und mit der Spitze des Schwanzes ein dickes, spinnwebenartiges Netz antippte.
»Was tut es dort?«
»Es ist mir ein Rätsel. Wie auch die Existenz des Spinnennetzes übrigens. Es dürfte in diesen abgeschotteten Räumen nach all den Jahren keine Lebewesen mehr geben, die die nötige Größe aufweisen, um ein solches Gebilde zu spinnen. Laut meinen Analysen ist das Netz mehrere Jahrzehnte alt. Wahrscheinlich ist es entstanden, ehe die letzten Escalianer diese Station endgültig verließen.«
»Oder das Tier blieb zurück und verhungerte schließlich, weil es keine Nahrung fand.«
»Eine Ironie«, kommentierte Blitzer. »In diesen Kisten befinden sich genügend konservierte Lebensmittel, um eine ganze Heerschar am Leben zu halten.«
Saedelaere beschloss, die Gunst des Augenblicks zu nutzen; er war mit dem
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