PR 2622 – Die Rebellen von Escalian
wieder.
Der Terraner versuchte gar nicht erst, sich auch diesmal durchzusetzen. Trotz allem, was sein Freund für ihn getan hatte, war ihm Swifts Gegenwart im Augenblick unangenehm. Er zog es vor, allein mit der Herzogin zu sprechen.
Der Weg war nicht weit. Nur wenige Dutzend Meter, und die Wachen blieben vor einer Tür stehen, die sich bei ihrer Annäherung automatisch öffnete.
Saedelaere trat vor und schaute in den Raum dahinter.
Auf den ersten Blick schien es sich um einen opulent eingerichteten Salon zu handeln. Decke und Wände waren mit polierten Platten aus Massivholz überzogen, und ein quadratischer Tisch aus demselben Material bot Platz für mindestens zwanzig Personen. Ein hoher Teppich bedeckte den Boden und dämpfte die Schritte.
Der Tisch war jedoch nur – über Eck – für zwei Personen gedeckt.
Und an dieser Ecke des Tisches erwartete ihn die Herzogin.
*
Sie winkte Saedelaere heran und überraschte ihn gleich zu Beginn, indem sie – trotz seiner schäbigen Maske – die stehende Redensart verwendete, die vor allem bei wichtigen Begegnungen angewendet wurde: »Es freut mich, deiner Maske nun persönlich entgegenblicken zu können.«
Ein aufblitzendes Erinnerungsfragment ließ ihn erstarren. Er hatte so etwas schon einmal erlebt. Und nun fiel ihm ein, was er damals gesagt hatte. Der Umgang mit fremden Völkern und ihrer Gestik ist mir vertraut. Aber dieser Satz war gegenwärtig nicht angebracht, klang wie das Eingeständnis einer Schwäche.
»Ich freue mich ebenfalls, dir gegenüberzustehen.« Er legte eine kurze Pause ein. »Und deine Maske bewundern zu dürfen.« Ja, das war eine einigermaßen korrekte Antwort.
Die Herzogin nickte huldvoll. »Bitte, nimm Platz. Darf ich dir unter diesen wesentlich angenehmeren und formelleren Umständen nun mitteilen, dass mein Name Carmydea Yukk ist?«
Carmydea Yukk! Also doch! Er hatte recht gehabt! Es musste ein verwandtschaftlicher Zusammenhang bestehen. »Alaska Saedelaere, wie du zweifellos weißt«, entgegnete er. »Und Carmydea Yukk kennt sicher auch eine Herzogin Rhizinza Yukk?«
»Natürlich.«
Saedelaere achtete darauf, dass sie gleichzeitig Platz nahmen, und fragte sich, ob er nicht einen Fauxpas begangen hatte, indem er der Herzogin nicht den Stuhl zurechtgerückt hatte. Sie schien sich aber nicht daran zu stören.
Zwei Kellner betraten geräuschlos den Raum und stellten eine Platte mit rohen Fleischstücken auf den Tisch. Einer fragte Saedelaere nach seinen Getränkewünschen, doch er antwortete nicht.
Ein Erinnerungsfetzen war emporgestiegen und beanspruchte seine gesamte Aufmerksamkeit. Ich habe das schon einmal erlebt!, dachte er.
Das Bild wurde immer deutlicher. Er saß an einem Tisch, und inmitten des Tischs stand eine Platte, auf der rohe Fleischstücke und lange Spieße lagen. Auf jedem Platz lag ein flaches Tablett, das aussah wie Kristall. Ein Teller? Sollten sie etwa das rohe Fleisch essen?
Saedelaere hatte sich schon den Ernährungsgewohnheiten vieler Fremdvölker angepasst, aber in diesem Fall würde er passen müssen. Ihm stand der Sinn ohnehin nicht nach einer Mahlzeit.
Die Herzogin schien das anders zu sehen und griff nach einem der Spieße. »Ich habe alles vorbereiten lassen. Wichtige Dinge besprechen sich am besten bei einem Essen.«
Saedelaere wartete ab.
Gezielt spießte sie ein flaches Fleischstück auf, hob es auf das Kristalltablett vor ihr und legte es ab. Sofort ertönten brutzelnde Geräusche, als werde es gebraten.
Bei seinem eigenen Tablett fühlte Saedelaere jedoch nicht die geringste Hitze. Genau wie die Herzogin griff er zu einem der Spieße. Auch bei ihm begann das Fleisch augenblicklich zu garen.
Die Herzogin hob ihr Gebratenes; es war knusprig und duftete herrlich. »Die Kristalle reagieren auf ein bestimmtes Gewürz. Eine chemische Reaktion.«
Die Herzogin ... Ja, er hatte schon einmal mit einer Herzogin des Reichs der Harmonie gespeist, aber nicht mit Carmydea, sondern mit Rhizinza Yukk. Das Bild verblasste so schnell, wie es gekommen war, und ließ Saedelaere überaus verwirrt zurück. Müsste er Carmydea nun kennen oder nicht?
»Du wirst entschuldigen, Herzogin«, sagte er, »aber ich muss eingestehen, dass es mit meinem Gedächtnis nicht zum Besten steht. Mir fehlen gewisse Erinnerungen, andere sind nur verschwommen vorhanden oder erscheinen, wann sie wollen, und ...«
»Ich weiß«, unterbrach ihn die Herzogin. »Vielleicht kann ich ja etwas Licht in das Dunkel in deinem Kopf
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