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PR 2623 – Die zweite Anomalie

PR 2623 – Die zweite Anomalie

Titel: PR 2623 – Die zweite Anomalie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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war schon zu spät. Im nächsten Augenblick zeigten sämtliche Ortungs- und Datenholos eine Geschwindigkeit von einhundert Prozent Licht an.
    Abrupt wurde es still. Die Zeit schien stehen zu bleiben.
     
    *
     
    Saedelaere blinzelte, glaubte, einer optischen Täuschung zum Opfer gefallen zu sein. Die Konturen der RHYLINE verschwammen auf den Holos, schmolzen wieder zusammen, dehnten sich aus, pulsierten in einem Rhythmus, der sich der Strahlungsfrequenz des Objekts vor ihnen anglich.
    Am Bug der Walze bildete sich eine Blase, ein obskur verzerrtes Gebilde. Die Gravitationseinflüsse schienen die RHYLINE zusammenzudrücken und gleichzeitig auseinanderzureißen. Saedelaere glaubte zu spüren, wie die Atome seines Körpers sich ausdehnten, zu platzen schienen, sich wieder zusammenzogen, komprimiert wurden. Die Blase am Bug dehnte sich ebenfalls aus, eine transparente, fluoreszierende Kugel, die mit gierigem Griff das gesamte Schiff zu umhüllen schien.
    Dann war der Spuk vorbei, so schnell er begonnen hatte. Die wehenden Schleier um die RHYLINE lösten sich auf, als hätte es sie nie gegeben.
    »Voller Schub!«, rief Carmydea Yukk grell.
    Blitzer schüttelte den Kopf. »Wir befinden uns definitiv nicht mehr im Standarduniversum«, sagte er. Seine Stimme klang etwas dumpfer als gewohnt und schien nachzuhallen.
    Bestimmt nicht, dachte Saedelaere. Im Einsteinraum war es eine physikalische Unmöglichkeit, ein Objekt genau auf Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen. Sie mussten sich in einem Kontinuum befinden, in dem andere Naturkonstanten galten.
    »Ortung!«, sagte Baro. »Vor uns und hinter uns! Seht doch ...!«
    Saedelaere rief die entsprechenden Holos auf. Er war kaum weniger verblüfft als der Kandran. Die dreidimensionalen Darstellungen zeigten Dutzende, nein, Hunderte von RHYLINES, die auf einer identischen Kreisbahn flogen, aufgereiht wie Perlen an einer Kette.
    »Eine Reduplikation der Zeit ...«, murmelte der Terraner. »Wir sehen uns selbst, unsere zukünftigen und vergangenen Abbilder, wie sie durch den Zeitstrom fließen ...«
    »Beschleunige!«, rief die Rebellenführerin. Sie zeigte keine Anzeichen von Angst, nur leichte Nervosität.
    Eroin Blitzer hantierte hektisch am Steuerpult, schien jedoch die Kontrolle über die RHYLINE verloren zu haben.
    Die unerklärlichen Phänomene griffen ins Innere des Schiffes. Zuerst glaubte Saedelaere, seine Nerven spielten ihm einen Streich, als er Schatten wahrnahm, wo zuvor keine gewesen waren. Aber die dunklen Verfärbungen verfestigten sich zu Doppelbildern, die ein Gefühl von Übelkeit in ihm hervorriefen. Er erkannte aus dem verschwommenen Blick aus vier Augen, wie Blitzers zwei rechte Hände maximalen Gegenschub und dann sofort maximale Beschleunigung schalteten.
    »Eigentlich ein unsinniges Manöver!«, bestätigte der kleine Androide. »Aber hier herrschen keine Bedingungen mehr, die ein Mensch oder Escalianer verstehen kann. Also habe ich das Gegenteil von dem getan, was ich normalerweise tun sollte. Ich versuche, in eine Umlaufbahn um das Objekt vor uns zu gehen, uns quasi davon einfangen zu lassen. Wenn es funktioniert, müssten wir bei passender Beschleunigung im richtigen Moment von dem dadurch gewonnenen Hyperbel-Schwung wieder von ihm fortgetragen werden.«
    Die Schattenbilder vereinigten sich wieder mit ihren Originalen. Saedelaere hatte sogar den Eindruck, nun schärfer zu sehen als zuvor. Doch die Holos zeigten nur noch ein grünes Wabern, als befänden sie sich in einem allumfassenden Meer, in dem starke Strömungen herrschten.
    Rizinze Baro starrte Blitzer fragend an. »Sind das vier- oder fünfdimensionale Prozesse, die der Quasar verschuldet?«
    »Nein. Es gibt hier keinen Quasar. Ich bin einfach auf Überlicht gegangen.«
    Der exzentrische Pilot schob seinen Hut hin und her. »Wohl kaum in solch einem Hypersturm!«
    »Wir befinden uns längst nicht mehr innerhalb des Orkans«, erklärte der Androide geduldig. »Das ist das, was der Bordrechner der LEUCHTKRAFT befürchtet hatte. Ich vermute mehrdimensionale Überlappungseffekte.«
    Ein Schiff der Kosmokraten war nicht in die Anomalie geflogen, weil der Bordrechner befürchtet hatte, es könnte dabei vernichtet werden, und der RHYLINE war nichts geschehen? Saedelaere würde Eroin Blitzer einige Fragen stellen müssen – falls sie mit heiler Haut aus der Malaise herauskamen.
    Ein leises Rauschen erfüllte die Zentrale der Spezialkonstruktion, wurde schnell lauter. Entsprach es der Hintergrundstrahlung

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