PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS
Waffenturm stürzte ins Innere. Ein Hitzeschwall fauchte über David hinweg, jeder hektische Atemzug wurde zur Qual.
Paro brüllte wie verrückt und hieb auf die funktionslos gewordenen Tastfelder vor ihm ein.
Kerstin tat nichts mehr. Sie starrte geradeaus, gegen eine Wand aus geschmolzenem Metall, in der sich der Shift verfangen hatte und sich trotz der Bemühungen protestierender Antriebsmaschinen nicht mehr vorwärtsbewegen ließ.
Irgendwann endete der Beschuss, die Aggregate standen still, die im Sphärotraf gespeicherten Energien waren erschöpft, und Paro hielt den Mund. Für einige Sekunden herrschte Ruhe, schreckliche Ruhe.
David sah sich um. Betastete seinen Körper. Suchte nach Wunden. Doch da war nichts. Er lebte. Er war unverletzt. Er hatte diese Wahnsinnsfahrt heil überstanden.
Um nun von den von 37 gesteuerten Kampfrobotern getötet zu werden?
Die Luft, so zeigte ihm der SERUN, war atembar. Ihr Gegner hatte überraschend schnell jene Bereiche isoliert, die sie zerstört hatten. Warum tat er das? Warum legte er Wert darauf, dass Atmosphäre an Bord erhalten blieb?
Flüssiges Metall tropfte zu Boden. David zuckte unter dem Zischen zusammen. Er wollte etwas sagen. Wollte fragen, ob einer seiner Begleiter eine Idee hätte, wie sie aus diesem Gefängnis entkommen könnten. Wollte sie anflehen, ihm zu sagen, dass alles wieder gut würde.
Paro wandte sich Kerstin zu, ohne auf ihn zu achten. In seinem derben Gesicht zeigte sich so etwas wie ein Lächeln. »Wir haben's zumindest versucht«, sagte er achselzuckend.
»Ja. Haben wir.« Sie nahm ihren Strahler aus dem Holster und aktivierte den Thermo-Modus. »Hat mich gefreut, mit dir zusammenzuarbeiten«, sagte sie und löste sich aus ihrem Sitz.
»Mich ebenfalls.« Paro Dusenstein quetschte sich an David vorbei. Er versuchte, die linke und dann die rechte Schleuse zu öffnen, beide Male umsonst. »Wir müssen nach oben.« Er deutete am schräg ins Innere ragenden Waffenturm vorbei.
Draußen erklang jenes leise Surren, das vom Näherkommen der feindlichen TARAS kündete. Und ein schmatzendes Geräusch.
Fasriger Schleim, der aus Schächten quillt, sich über den Boden ergießt und alles an sich bindet, dachte David.
Ein fingerstarker Faden schlängelte sich ins Innere des Wracks. Er tastete um sich, glitt mal da-, mal dorthin. David beobachtete ihn wie hypnotisiert, zu keiner Regung fähig. Dieses Ding war wie der Arm eines Kraken, der nach Halt suchte, um seinen eigentlichen Körper auf den zerstörten Shift zu wuchten und sie unter sich zu quetschen ...
Paro Dusenstein zerrte an dem Strang. Er entglitt ihm und hinterließ klebrige Spuren auf dem Handschuh des Ertrusers. Angewidert streifte er das Zeug am Stoff seines Sitzes ab, zog die Waffe, kalibrierte auf Desintegrator-Modus, richtete ihn auf die Spitze des Arms aus und feuerte.
Das harzige Material leuchtete ein wenig heller. Schichtweise löste sich Substanz ab. Rußig wirkende Schnipsel flatterten zu Boden. Es dauerte einige Sekunden, bis die Spitze des Krakenarms desintegriert war. Ohne Eile zog sich der Stumpf zurück; ohne Schmerz zu zeigen, der auf Nerven im Inneren schließen ließ.
Paro Dusensteins Gesicht wurde blass. Er hatte wohl eine wesentlich heftigere Reaktion erwartet. »Das sieht nicht gut aus«, sagte er – und zuckte zusammen, als dasselbe schmatzende Geräusch wie zuvor ertönte, nur wesentlich lauter und intensiver.
Ein Ertruser, der zusammenzuckt! Dass ich so etwas noch einmal erleben darf ...
»Also dann: Bringen wir's hinter uns«, sagte Kerstin Owomay heiser. Sie sah David an. So etwas wie Bedauern lag in ihren Blicken. »Kommst du mit? Du weißt doch, wie man eine Waffe bedient, nicht wahr? Zu dritt hätten wir bessere Chancen.«
Chancen! Wem wollte die Pilotin etwas weismachen?!
»Geht ihr nur vor«, sagte er. »Ich komme gleich nach.«
»Natürlich.« Sie nickte. Enttäuscht. Voll unterdrücktem Zorn. »Wir sehen uns später.«
»Ja. Später.«
Paro Dusenstein und Kerstin Owomay kletterten an ihm vorbei ins Freie. Der Ertruser verbog mit bloßen Händen eine Metallstrebe und quetschte sich daran vorbei, die Terranerin hinterher.
Sie glitten aus Davids Gesichtsfeld. Er hörte ihre Tritte auf dem Rest des Daches, dann herrschte wieder Ruhe. Bis das Geschützfeuer erklang, der Raum wie eine Glocke zu dröhnen begann, Metall schmolz, ein Schrei ertönte, ein Körper zu Boden fiel und dann noch einer.
David saß da, unfähig, sich zu bewegen.
Er brauchte
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