PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS
mich nicht an Bord einer Einheit der LFT, sondern auf einem dem Galaktikum unterstellten Raumer befinde. Zudem war die GEMMA FRISIUS gemäß Unterlagen bereits geraume Zeit auf Mission. Es war dem wissenschaftlichen Personal gewiss gestattet, Umrüstungen vorzunehmen. Solche, die ihm bei der Erkundung kaum erforschter Sternenbereiche und Planeten halfen.
Die Zeit vergeht wie im Flug. Irgendwann gehen die Lichter in der Zentrale an, etwa zwanzig Prozent der GEMMA FRISIUS bekommen eine atembare Atmosphäre zurück.
Ich esse eine Kleinigkeit. Ich bespreche mich mit Curi und Sichu. Auch Iris Shettle ist mittlerweile zu uns gestoßen.
Trotz eines riesigen Aufgebots an Helfern gibt es Bereiche im Schiff, die noch nicht untersucht wurden. Eine Kugel mit einem Durchmesser von 300 Metern.
Wir dürfen unsere Geduld nicht verlieren. Wir müssen uns Meter für Meter vortasten. Spuren nach den Ursachen für den Untergang der GEMMA FRISIUS könnten sich in winzigsten Details finden.
Ich überlege, weiteres Personal anzufordern, lasse es dann aber bleiben. Mehr Quantität bedeutet nicht immer mehr Qualität. Ich habe die besten Leute bereits um mich.
Jener Ingenieur, dem ich vor Kurzem mit meinem Grinsen einen kleinen Schrecken eingejagt habe, meldet sich bei mir. Der Schweiß fließt ihm mittlerweile in Strömen von der Stirn, trotz der Kühlwirkung des SERUNS.
»Wir haben den Kommandanten des Schiffs gefunden«, sagt er. »Mohanram Tivelani ...«
»Ich weiß, wie er heißt«, unterbreche ich ihn. »Er ist tot?«
»Ja. Er befindet sich in unmittelbarer Nähe des fünften Hawk. Wir haben ihn nicht gleich entdeckt, weil ...«
»Ich komme und sehe es mir selbst an. Einen Leitstrahl, bitte.«
Der Ingenieur nestelt an seinem Armbandkom. Nach wenigen Sekunden funktioniert der Datentransfer. Ich erhalte ein kleines Holo vor die Augen gespiegelt, anhand dessen ich mich orientieren kann, um zu Tivelanis letzter Ruhestätte zu gelangen.
Ich mache mich auf den Weg. Sichu Dorksteiger schließt sich mir an, ohne um Erlaubnis zu fragen; auch Curi Fecen eilt mir hinterher.
*
Da liegt er. Versteckt unter Schrott, eingebacken in einer Pfütze aus Metall. Es ist ein grässlicher Anblick – und dennoch sieht der Schiffskommandant friedlich aus.
»Er hat mit allen Mitteln versucht, den Hawk zu zerstören«, sagt Sichu unnötigerweise.
Die Überreste von mehr als einem Dutzend TARAS finden sich rings um den Kommandanten. Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass sich die Kampfroboter des Schiffs gegen die eigene Mannschaft gestellt haben, hätte ich ihn nun bekommen.
»Untersuchen!«, sage ich, an Curi Fecen gewandt. »Vor allem die Protokoll-Einheiten des SERUNS. Vielleicht findet sich ja etwas in den Speichern.«
Ich habe nur wenig Hoffnung. Die Rechner bislang aufgefundener Schutzanzüge weisen allesamt irreparable Schäden auf. Die drei Netzwerke der GEMMA FRISIUS sind zerstört, wie auch die rein positronisch gesteuerten Nebenrechner. Und das Bioplasma existiert nicht mehr.
Der Feind scheint überaus gründlich verfahren zu sein. Er hat die Rechner überhitzt, ausgebrannt und sie all ihres Wissens beraubt.
»Wie kommt die Suchflotte voran?«, frage ich Sichu, während ich die Bergung des Kommandanten beobachte.
»Sie macht kleine Fortschritte«, sagt sie und zaubert ein Holo in die Luft. »Wir sind hier«, sie deutet auf einen Fleck am Innenrand der Oortschen Wolke, »und aufgrund der Abdrift lässt sich errechnen, wo sich die GEMMA FRISIUS ursprünglich befand. Auf halbem Weg haben LFT-Einheiten Trümmerteile des Forschungsraumers entdeckt.«
»Weiter.« Mohanram Tivelani ist von den Lasten der feindlichen TARAS befreit. Ich sehe ihm ins Gesicht. Er wirkt, als wäre er ruhig und friedlich in den Tod gegangen.
»Die gefundenen Trümmer machen allerdings nur einen Bruchteil der insgesamt fehlenden Masse aus«, sagt Sichu mit ruhiger Stimme.
»Was folgerst du daraus?«
»Dass die GEMMA FRISIUS bereits als halbes Wrack im Normalraum materialisierte. Ihre Eroberung und der Umbau, der offenkundig mithilfe des Schmelzharzes stattfand, muss woanders erfolgt sein.« Sie greift ins Holo und deutet auf die obere Polkappe, die wie abgeschnitten wirkt.
»Also am Ausgangspunkt der Reise. Der wahrscheinlich in der Nähe des Ordoghan-Nebels lag. Dort, wo der Raumer verloren ging.«
Ich ziehe meine Schlüsse. Sie sind nicht sonderlich gewagt: Die Schiffsbesatzung wehrte sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gegen
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