PR 2627 – Die letzten Tage der GEMMA FRISIUS
Dorksteiger. »In den Randbereichen des Allesfehlens kann es zu ... zu Aufweichungserscheinungen kommen.«
»Das bedeutet?«
»Möchtest du wirklich wissen, wie es in einem Bereich zugeht, in dem manche naturphysikalischen Gegebenheiten zum Teil funktionieren und andere nicht? – Ich kann es dir nicht beschreiben. Noch nicht. Wir werden, so befürchte ich, ein eigenes Vokabular für dieses Phänomen erschaffen müssen.«
Ich gähne unterdrückt. Trotz der unterstützenden Impulse durch den Zellaktivator fühle ich mich wie erschlagen. Die letzten Stunden und Tage haben viel zu viel Substanz gekostet. Ich konzentriere mich wieder auf das Gespräch.
»Zwei Zonen also, die einander gleichen. Beide befinden sich in annähernd demselben räumlichen Abstand zum Solsystem.«
»Worauf möchtest du hinaus, Ronald?«
»In den Wochen vor dem Verschwinden der Sonne haben wir insgesamt achtundvierzig Schiffe verloren. Eines davon ist völlig unvermutet hier aufgetaucht. – Was, wenn rings um den Sektor Null achtundvierzig Zonen des Allesfehlens existieren?«
Sie sieht mich mit ihren so ausdrucksvollen Augen an, Goldflimmer treibt über ihr Gesicht. Sichu gibt vor, überrascht zu sein. Doch ich ahne, dass sie längst ähnliche Gedanken gehegt hat.
»Wir wissen nun, wonach wir suchen«, sagt sie dann. »Und wir besitzen dank der Kantor-Sextanten und der Meta-Orter brauchbare Messwerte. Wir müssen nicht mehr im Dunkeln umherstochern ...«
»Die LFT-Einheiten könnten mithilfe von Hyperspektrometer und Multifrequenzpeilern recht rasch weitere Zonen des Allesfehlens ausfindig machen, so es welche gibt?«
»Ja.«
»Dann an die Arbeit!« Ich signalisiere Tristan Kasom, dem Kommandanten der JV-1, die notwendigen Befehle weiterzugeben. Hundertschaften von LFT-Einheiten werden sich an die Arbeit machen. Wenn an unserer Theorie etwas dran ist, wissen wir es binnen weniger Stunden.
»Und wir?«, fragt Sichu. »Beteiligen wir uns ebenfalls an der Suche?«
»Wir bleiben hier.« Ich lächle. »Wir gehen so nah wie möglich an die Zone des Allesfehlens heran. Schickt Sonden aus. Stopft sie mit Messgeräten voll. Bringt die umhertreibenden Trümmer der GEMMA FRISIUS ein und untersucht sie. Womöglich stammen sie aus dem Inneren des Allesfehlens und sind ihm entkommen.«
Sichu runzelt die Stirn. »Das glaube ich nicht.«
»Mit Verlaub: Auf Glauben allein sollte man sich nicht verlassen.«
Ich sehe, wie es in ihr arbeitet. Sie hat eine geharnischte Antwort auf der Zunge, lässt es dann aber bleiben. Sie dreht sich ohne ein weiteres Wort um und gesellt sich zu Shaline Pextrel, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen.
*
Ich behalte recht. Gewissermaßen. Denn wir entdecken Trümmer der GEMMA FRISIUS sowie Asteroidenstücke, die ganz offensichtlich von den Rändern des Allesfehlens abgedriftet sind. Auch einige Sonden liefern brauchbare Ergebnisse.
»An den Rändern dieser Zone zerfasert Materie«, sagt Iris Shettle. »Sie verpufft sozusagen im hyperphysikalischen Allesfehlen. Sie verliert ihren inneren Zusammenhalt. Es ist so, als würde alles Sein, das wir mit unseren Sinnen erfassen können, sich in diesem Bereich selbst ... vergessen. Auch die bekannten hyperphysikalischen Phänomene verlieren dort ihre Bedeutung.«
»Ist diese Theorie mittlerweile ausreichend bestätigt?«
»Du kannst dir gern jene Beutestücke ansehen, die wir an Bord unseres Schiffs gebracht haben. Ehrlich gesagt fehlen mir die Worte, um ihr Aussehen zu beschreiben.« Iris Shettles Körper schüttelt sich, als friere sie.
»Wie sieht es mit anderen Fundorten aus?«
Mittlerweile wurden 26 weitere Zonen des Allesfehlens entdeckt. Sie befinden sich – wie vermutet – in regelmäßigen Abständen entlang einer Umfanglinie von etwas mehr als einem Lichtjahr Durchmesser, deren Ebene jener der Ekliptik des verschwundenen Solsystems entspricht. Wir gehen davon aus, dass es insgesamt 48 Zonen werden.
»Konnten weitere Wracks entdeckt werden? Trümmer? Hinweise auf die anderen verloren gegangenen Raumer?«
»Nein.«
Warum muss ich mich mit Iris unterhalten? Wo ist Sichu? Meidet sie etwa meine Gegenwart?
»Wir stellen derzeit Vergleichsmessungen mit den anderen Fundstellen an. Es scheint, als gäbe es beim ursprünglichen Standort der GEMMA FRISIUS Abweichungen.«
»Ein bisschen präziser, bitte schön!«
»Dieses ... Loch hier hat im Gegensatz zu den anderen keine Drift Richtung Zentrum des verschwundenen Solsystems.«
»Das ist
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