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PR 2630 – Im Zeichen der Aggression

PR 2630 – Im Zeichen der Aggression

Titel: PR 2630 – Im Zeichen der Aggression Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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Agal-Atimpal hätte niemals in seinem normalen Umfeld behandelt werden dürfen.«
    »Da bin ich anderer Meinung«, widersprach Xoren Ferup. »Tokun hat in den letzten Monaten große Fortschritte erzielt. Er spricht sowohl auf die Medikamente an als auch auf die Konzentrationsübungen. Die Aggressionsschübe haben sich stark verringert.«
    »Mit welchem Resultat?«, fragte Skopen. Anklagend zeigte er auf Tokun, der mit hängendem Kopf am Höhleneingang stand. »Der Junge hat mit seinem nicht genehmigten Flug nicht nur die Schwebeplattform zerstört und einen Badakk getötet, mit dem unkontrollierten Ogokoamo-Ausstoß hat er einen gesamten Zapfenraumer in Bedrängnis gebracht. Es ist reiner Zufall, dass die Massenpanik nicht zu weiteren Toten führte.«
    Schamerfüllt blickte Tokun zu Boden. Der kurze Flug mit der Plattform hatte sein Leben komplett verändert. Nachdem er die Herrschaft über die Steuerung verloren hatte und unkontrolliert auf einen Zapfenraumer zugerast war, hatte der Sicherheitsmechanismus der Pilotenmulde ihn in einen Schutzball eingepackt und wegkatapultiert.
    Goldoron war zusammen mit der Schwebeplattform an dem Raumer zerschellt, während in Tokun alle Dämme gebrochen waren. Ein Wechselbad aus Panik und Aggression schüttete innerhalb von Sekunden Ogokoamo aus. Sein gesamtes Calanda hatte sich dabei entladen und kurzfristig Chaos im Zapfenraumer und der Umgebung ausgelöst.
    »Es war ein Unfall«, stieß Xoren Ferup dumpf aus. »Unfälle geschehen. Es liegt in ihrer Natur, dass man sie nicht immer verhindern kann.«
    »Einen Agal-Atimpal zur Gelassenheit zu erziehen bedeutet, dass er einen Teil seiner Natur verleugnen muss«, stieß Skyl Skopen aus. »Das führt zu Unsicherheit, zu Extremen. Zu Unfällen!«
    Tokun blickte auf. Seine Mutter zitterte am gesamten Körper. Sein Vater Karun stand neben ihr. Dessen Mund bewegte sich unruhig, ohne dass ihm ein Wort über die Lippen kam.
    Tokun holte tief Luft. So furchtbar die Ereignisse gewesen waren, so skurril kam ihm die aktuelle Situation vor. Weshalb stellte dieser Fremde seinen Calanshan an die nackte Wand?
    Skyl Skopen.
    Tokun hatte noch nie im Leben einen anderen Agal-Atimpal gesehen. Der ranghohe Dosanthi von der 11. Schutztruppe der Heimatstreitkräfte hatte nur wegen ihm den Weg nach Meloudil angetreten.
    »Es ist mir bewusst, dass du in deiner Funktion geachtet bist, Ferup«, fuhr Skopen fort. »Ein junger Agal-Atimpal mit einer solch starken Begabung hätte aber von Anfang an in ein Umfeld entsendet werden müssen, in dem er unter seinesgleichen ist.«
    Verwundert blickte Tokun zu dem Calanshan-Meister hoch. Weshalb sprach Skyl Skopen von einer Begabung?
    Alia Gavang blickte hilflos von ihrem früheren Partner zum Calanshan und zurück. »Weshalb sagt ihr denn nichts?«, fragte sie ängstlich. »Ihr beide habt mir versichert, dass Tokuns Behinderung durch Ferups Hilfe gelindert werden kann! Ihr habt beide gesagt, dass es Tokun hier, in unserer Wohnkaverne, am besten geht.«
    »Seht«, sagte Skopen vorsichtig, »worin sich Xoren Ferups und meine Philosophie am meisten unterscheidet, ist die gesellschaftliche Wahrnehmung der Dauererregung als Behinderung. Habt ihr den Begriff ›sich selbst erfüllende Prophezeiung‹ schon einmal gehört? Er beschreibt einen Effekt auf eine Person, der sich nur dadurch einstellt, weil diese Person daran glaubt. Wenn ihr dem Jungen tagtäglich sagt, dass er an einer Behinderung leide, erfüllt sich diese Prophezeiung früher oder später, indem sich der Junge selbst behindert. Das ist weder ein Vorwurf an euch beide noch an dich, geschätzter Kollege, aber es ist eine Tatsache, die sich nicht verleugnen lässt.«
    Hilfloses Schweigen breitete sich aus.
    Karun Gavang löste sich schwankend von der Wand und legte Alia eine Hand auf den Oberarm. Sie zuckte zurück.
    »Bitte, Karun«, beschwor sie ihn eindringlich, »tu etwas! Du bist der Vorsteher, es kann doch einfach nicht sein, dass ...«
    Tokuns Vater ließ die ausgestreckte Hand nach unten sinken.
    Xoren Ferup kratzte sich nachdenklich am Hals.
    Die Entscheidung ist gefallen, dachte Tokun.
    »So sei es«, sagte Skyl Skopen. »Der junge Agal-Atimpal wird mich zurück zu den Heimatstreitkräften begleiten. Dort wird er zusammen mit anderen Dauererregten den Weg der Aggression lernen. Wenn er sich Mühe gibt, stehen ihm alle Kavernen offen.«
    »Ich kann nicht glauben, was ihr da alle sagt«, brach es aus Alia hervor. »Als Teil der Heimatstreitkräfte wird

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