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PR 2630 – Im Zeichen der Aggression

PR 2630 – Im Zeichen der Aggression

Titel: PR 2630 – Im Zeichen der Aggression Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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auf den halb zerstörten Turm, der vor ihnen aufragte. Dann spreizte er die Finger der linken Hand, um gleich darauf drei Finger einzuklappen.
    Fünf und zwei!, dachte Tokun Gavang aufgeregt. Ich bin an der Reihe!
    Innerhalb der Agal-Atimpal-Kampfgruppen wurde die Hierarchie nach einem einfachen Punktesystem ausgemacht: Jede getreu ausgeführte und erfolgreich abgeschlossene Aktion ergab eine der Situation angemessene Punktzahl.
    Dem Gruppenführer – in ihrem Fall Picaru Volil – kam die wichtige Aufgabe zu, die Agal-Atimpal seiner Kampfgruppe entsprechend ihrer Begabung und den bisher erzielten Punkten einzusetzen. Optimalerweise wies eine Gruppe ein breites Band an unterschiedlichen Punkteständen auf, das sich kontinuierlich verbesserte. In dieser Hinsicht kam dem Gruppenführer eine entscheidende Rolle zu: Wenn er einzelne Mitglieder in zu einfachen oder zu schwierigen Situationen einsetzte, stagnierte ihre Punktewertung, und sie liefen Gefahr, aus der Kampfgruppe ausgeschlossen und stattdessen für Kommandoaktionen, die Einweg-Einsätze, eingesetzt zu werden.
    Tokun Gavang schüttelte den Kopf und stieß einen entschlossenen Schrei aus. Er hatte begriffen, mit welcher Aufgabe Picaru Volil ihn betreut hatte: Im Turm hatten sich Regierungsbüros befunden. Nun galt es, das begonnene Werk zu vollenden.
    Während er weiterlief, konzentrierte er sich auf den zerbrochenen Turm. Sekundenlang spürte Tokun das Calanda in seinem Innern, es türmte sich auf – höher als der Turm vor ihm.
    »Für QIN SHI!«, rief Tokun.
    Dann riss er seine Schutzmauern herunter. Das Ogokoamo spritzte geradezu aus ihm heraus. Nur mit allergrößter Willenskraft gelang es Tokun, den Angst-Dunst zielgerichtet auf den halb zerstörten Turm zu lenken.
    Die faustgroßen Crums wieselten um die Beine seiner Kampfgefährten, ständig bereit, mittels ihrer Gabe fehlgelenktes Ogokoamo abperlen zu lassen.
    »Zu schwach!«, rief Picaru Volil ihm zu, ohne dass er sich zu ihm umgewandt hätte. »Noch einmal!«
    »Sind denn die Parnoissa-Frauen überhaupt schon in Stellung?«, gab Tokun mit pfeifendem Atem zurück. »Wir sollten vielleicht ...«
    Picaru Volil blieb stehen, als wäre er gegen eine Wand gelaufen. Tokun und die anderen fünf Agal-Atimpal hielten ebenfalls an.
    »Was fällt dir ein, meine Befehle zu hinterfragen?«, fragte Volil aufgebracht. »Wenn ich etwas sage, hast du zu gehorchen. Du hast noch keinen einzigen Punkt auf deinem ...«
    In diesem Augenblick explodierte die Welt vor ihnen. Mit einem ohrenbetäubenden Krachen platzte der Boden auf. Bodenplatten, Sand und Kies spritzten nach allen Seiten. Die Druckwelle fegte die sieben Agal-Atimpal von den Beinen.
    Der Xylthe, der rechts neben ihnen gelaufen war, blieb als Einziger stehen. Er riss den schweren Strahler hoch. Eine schwere Stahlplatte wirbelte herbei und trennte ihm die rechte Körperhälfte ab. Blaugrünes Xylthenblut spritzte hoch in den rot gefärbten Himmel von Suanohon'ir.
    In diesem Augenblick schrumpfte die Welt um Tokun Gavang zusammen. Er hörte nichts mehr, sah nur noch diese seltsame und gleichzeitig wunderschöne Farbkombination. Er fragte sich, welcher Künstler zu so einem Bild fähig war.
    Irgendwann spürte er, wie jemand auf seinen Rücken hämmerte. Er wandte sich um und blickte in Hasetas schönes Gesicht. Die Dosanthi sprach zu ihm, aber es kam kein noch so winziger Laut aus ihrer Kehle. Wie auch die restliche Welt anscheinend beschlossen hatte zu schweigen.
    Haseta packte Tokun an den Schultern und schüttelte ihn hin und her.
    Wie schön sie doch ist in ihrer Aggression, dachte Tokun. Was will sie bloß von mir?
    Die Dosanthi deutete auf ihren Gürtelrechner, schlug zweimal heftig darauf. Verständnislos stierte Tokun auf das Display ihres Rechners. Es war stumpf und leer wie seine Gedanken.
    Wütend ergriff Haseta seinen Kopf und hob ihn an. In der Verlängerung eines rauchenden Kraters hüpften Tausende schwarzfelliger Lebewesen auf sie zu. Zwischen ihnen staksten riesige Metallgebilde. Aus ihren Körperöffnungen fuhren grellweiße Strahlen.
    In diesem Moment stieß die Welt den angehaltenen Atem aus.
    Von einer Sekunde zur anderen fiel die Benommenheit von Tokun Gavang ab. Die Geräusche kamen zurück. Schreie, Explosionen. Der Boden zitterte wie bei einem Meloubeben.
    Haseta hatte sich inzwischen den anderen Agal-Atimpal zugewandt. Picaru Volil stand bereits, zwei weitere erhoben sich unsicher, zwei blieben reglos liegen.
    Tokun rappelte sich auf.

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