PR 2638 – Zielpunkt Morpheus-System
darauf ansprach. Ramoz war schlau, und wenn er sie so gut kannte, konnte er sie womöglich einmal in einer kritischen Frage zu einer ablehnenden Reaktion verleiten, nur weil der Vorschlag von ihm und auf seine Weise kam.
»Komm schon«, drängte Ramoz in diesem Moment, ihr Zögern sofort ausnutzend. »Früher vermochte ich dir nur durch Stillhalten zu zeigen, was wir einander bedeuteten, aber nun ... nun kann ich dir alles geben, was ich habe; kann dir all meine Geheimnisse enthüllen ... und du stößt mich weg?«
»Als Tier hattest du wenigstens Charakter!«, schoss sie zurück und wollte gerade weitersprechen, als es an der Tür klopfte.
Mondra runzelte die Stirn. »Servo, wer ist es?«
»Martin Felten«, kam es umgehend von der Raumpositronik. »Ein leitender Mitarbeiter des Polyport-Konsortiums.«
»Öffnen!«
Die Tür glitt auf. Ein Terraner trat ein. Mondra kannte ihn nicht, weder vom Namen noch vom optischen Eindruck her. Felten war durchschnittlich groß, eine leicht untersetzte, dennoch stattliche Erscheinung. Er trug ein Hemd mit dem Logo des Konsortiums und bequeme schwarze Hosen, wie sie bei zivilen Mitarbeitern an Bord von Raumschiffen häufig anzutreffen waren.
Felten zögerte. Unsicher blickte er von Mondra zu Ramoz und wieder zurück.
»Hallo«, sagte sie. »Wie kann ich dir helfen?«
»Hallo«, gab er zurück. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Nein, tust du nicht«, sagte Mondra. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Ramoz genervt den Mund verzog.
Tatsächlich fühlte sie sich erleichtert, dass der Mann sie unterbrochen hatte. Das Gespräch mit Ramoz hatte sich ... falsch angefühlt. Dazu kam, dass Martin Felten eine angenehme, ja geradezu friedliche Ausstrahlung aufwies.
Mondra fühlte, wie die Gereiztheit, die sich im Gespräch mit Ramoz aufgebaut hatte, schwand.
»Willst du dich setzen?«
»Ja, danke.«
Die Tür schloss sich selbstständig.
»Worum geht es?«
Martin Felten erklärte, dass er Mathematiker sei und für das Konsortium im Bereich Versicherungswesen arbeitete.
Ohne dass der Mann es bemerkte, strich sie mit dem Zeigefinger über das Sensorfeld der Tischkante. Ein Holoschirm neuester Generation baute sich auf. Das Besondere an ihm war, dass nur sie ihn einsehen konnte. Ein Deflektorfeld lenkte das Licht um die Rückseite des Holos herum, sodass Martin Felten das Bild nur sehen konnte, wenn er hinter Mondra stand.
Automatisch listete die eingebaute Positronik mögliche Themengebiete auf. Sie wählte per Augenbefehl »Personenauskünfte« und dann zwischen den vorgeschlagenen Begriffen »Ramoz«, »Martin Felten« und »Andere« den zweiten.
Der Lebenslauf des Mathematikers blendete sich ein.
Martin Felten war am 28. Oktober 1415 NGZ auf der LFT-Welt Pays d'Aigre geboren worden, als eines von fünf Kindern – eine Schwester und drei Brüder – einer Agrarfamilie. Er lebte in Ittstein, der Hauptstadt des Planeten. Felten hatte mit zwei Frauen Eheverträge abgeschlossen, aber jeweils nicht verlängert. Nun lebte er mit einer Frau ohne vertragliche Bindung. Er war trotz seines noch jungen Alters bereits vierfacher Vater und zweifacher Großvater.
Als Versicherungsmathematiker hatte er für eher kleine Unternehmen gearbeitet und mehrere Arbeiten veröffentlicht, ehe ihn Homer G. Adams ins Konsortium geholt hatte.
Martin Felten galt als kompetent, zuverlässig und sehr umgänglich. Adams persönlich hatte Feltens Personalakte mit dem Vermerk »integrierendes Teamelement« ausgestattet.
Seit ihrer Ankunft in Chanda hatte Felten im Bereich »Betreuung« Freiwilligeneinsätze geleistet und sich um ältere oder verletzte Passagiere gekümmert.
Im Gespräch mit Mondra fasste Martin Felten seine bisherigen Tätigkeiten kurz und prägnant zusammen. Die Freiwilligeneinsätze ließ er hingegen unerwähnt, was für seinen Charakter sprach, wie Mondra fand.
»Ich interessiere mich für die Quolnäer Keretzen«, ließ Felten schließlich die Katze aus dem Sack. »Seit sie aufgetaucht sind, habe ich mir alle zugänglichen Daten vorgenommen und sie ausgewertet. Da ich nicht Physiker oder Xenobiologe bin, habe ich die Daten rein von der mathematischen Seite her analysiert – und bin auf überraschende Zusammenhänge gestoßen!«
Mondra desaktivierte das Holo und beugte sich leicht vor. »Das klingt interessant. Erzähl mir mehr!«
»Nun – eines meiner Hobbys sind die fünfdimensionale Mathematik und die Frage, wie sich ihre Gesetze auf den vierdimensionalen Raum auswirken. Als
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