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PR 2642 – Der Maskenschöpfer

PR 2642 – Der Maskenschöpfer

Titel: PR 2642 – Der Maskenschöpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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der Kieferknochen war ein wenig Spielraum, wo keiner sein sollte, und an den Schläfen zeigten sich die üblichen Spalten, die sich mit ein wenig Kneten der Abschlüsse beseitigen ließen.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte er Porpyrim.
    »Ungewohnt. Die Gesichtspolsterung ist nicht sonderlich stark. Es reibt.«
    »Das ist eine Sache der Umgewöhnung. Das Polyforam ist besonders hautfreundlich, wirkt aber anfänglich ein wenig steifer als jene Materialien, mit denen du es bislang zu tun hattest.«
    Erkannte Porpyrim die Spitze? Oder hatte er nicht das notwendige sprachliche Feingefühl?
    »Mach weiter! Ich dachte, dass die Anpassung von Adgerce-Masken bloß eine Kleinigkeit wäre?«
    »Hab Geduld. Die Ersterkennung dauert stets ein wenig länger.«
    Fartokal drückte fest gegen den Kehlkopf des Beamten. So, dass sein Gegenüber zwar nicht husten musste, aber eine Gereiztheit im Rachenraum verspürte, die ihn durch den Tag begleiten würde.
    Er hätte weitaus schlimmere Dinge mit Porpyrim anstellen können. Im Nackenbereich, zwischen den Halswirbeln, befanden sich besonders empfindliche Druckstellen, die eine zeitlich begrenzte Gesichtslähmung verursachten. Ein Kontaktgift, das er in den Haftleim der Maske einarbeitete, würde Porpyrims Narben neu entzünden. Auch die Augen ließen sich durch eine geringfügige und nicht nachvollziehbare Manipulation an der Masken-Software dauerhaft schädigen. In ein oder zwei Terd von heute an würde der Beamte erblinden.
    Es gibt 385 Wege, um einen potenziellen Träger schwer zu verletzen oder ihn gar zu töten, beabsichtigt oder unbeabsichtigt. Es liegt im Verantwortungsbereich eines Maskenschöpfers, derartige Möglichkeiten auszuschließen. Ich habe einen Eid abgelegt. Ich bin den Trägern meiner Erzeugnisse verpflichtet.
    In den Elendsvierteln der Stadt, wo die Radioaktivität am höchsten war und auf eine Normal- eine Fehlgeburt kam, galten andere Gesetze. Auf den Ethos des Maskenschöpfers wurde in diesen Stadtteilen wenig Wert gelegt. Für die unteren Bevölkerungsschichten blieb der Erwerb eines nicht schadhaften Gesichtsschutzes nahezu ausgeschlossen.
    Früher einmal hatte er einen Freiwilligendienst absolviert und war mit mobilen Überprüfungsstationen durch die Straßen Kalags, Stiopers und des Berg-Monea-Katarakts gefahren, um den Anrainern die Möglichkeit zu bieten, ihre Gesichtsmasken, aber auch die Strahlenschutzanzüge auf Dichtigkeit und Funktionstüchtigkeit zu überprüfen.
    Doch diese Zeit war längst vorbei. Irgendwann hatte er den Anblick des Elends nicht länger ertragen. Die Tränen der Lirbal und ihr Entsetzen, nachdem er ihnen schonend beigebracht hatte, dass ihre Gewänder undicht waren und sie sich bereits eine beträchtliche Strahlendosis eingefangen hatten ...
    Er hatte Todesurteile ausgesprochen. Hatte miterlebt, wie einfaches Familienglück zerstört worden war. Wie die Verelendung immer größere Ausmaße angenommen hatte, während die Höhergestellten in den Palastvierteln mehr und mehr Reichtum anhäuften und in den Genuss ausgefeilter Abschirmungen kamen.
    Wann hatte er sich der schrecklichen Wahrheit ergeben? Wann war er so abgestumpft, dass er nicht mehr nach links oder rechts geblickt, sondern nur noch sein eigenes Wohl im Auge behalten hatte?
    »Wie lange dauert es denn noch?«
    »Ich bin so weit.« Fartokal schreckte aus seinen trüben Gedanken hoch.
    Prüfend betrachtete er ein letztes Mal den Sitz der Maske und schaltete die volle Leistungsbereitschaft zu, bevor er das Gerät endgültig mit dem Körperschutz verband. Porpyrim war nun besser gegen Umwelteinflüsse gefeit als jemals zuvor. Er bekam auf Wunsch ein multimediales Spektakel vor seine Augen gespiegelt. Er konnte sich, wenn er wollte, in einer Traumwelt aus Spielen, pornografischen Filmchen und psychedelisch anmutenden Darstellungen verlieren, während er vorgab zu arbeiten.
    Fartokal schaltete die zusätzlichen Schutzmechanismen zu. Körpermessgeräte. Funktionen, die seinen Kreislauf stetig überprüfen und bei Bedarf stützen würden. Die Alarmstationen, die ihn mit einem privaten Gesundheitsdienst verbanden, der rund um die Uhr erreichbar blieb.
    »Benötigst du eine Einweisung?«, fragte er.
    »Ist nicht notwendig. Wie ist die Bedienungsanleitung abrufbar?«
    »Durch dreimaliges Augenzwinkern, links, rasch hintereinander.«
    »Fein, fein.« Porpyrim tastete die Maske ab und blickte in einen Spiegel. Seine Hände zitterten. »Fühlt sich gut an, das Zeugs. Ich könnte mich

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