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PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse

Titel: PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Paucht. »Ich kann es nicht tun. Ich kann dir und den Totenhirnen, ich kann euch allen diese Vollmachten nicht einräumen. Dazu fehlt euch die Legitimierung durch das Volk von Chaom. Es tut mir leid.«
    »Wir würden diese Entscheidung zutiefst bedauern.« Aller Wesen Freund wandte sich an Ychichym. »Darf ich nach deiner Einschätzung fragen?«
    Paucht erstarrte in Anbetracht dieses unverhüllten Affronts.
    »Ich würde eine solche Entscheidung ebenso wie du bedauern«, sagte der Forschungsminister und glitt aus seinem Pfuhl. »Ich denke, ich spreche für das gesamte Kabinett. Und nicht nur für das Kabinett.«
    Es ist ein Staatsstreich, erkannte Paucht. Von langer Hand vorbereitet. Von Ychichym? Kaum. Dazu fehlt ihm die Courage. Er ist nur eine Drahtpuppe. Wer steht hinter ihm? Kolonialminister Augauch? Zeremonialminister Juichan? Oder ...? Er starrte Aller Wesen Freund an.
    Ychichym kam langsam auf Paucht zu. »Priorminister«, sprach er, betulich, begütigend. »Wenn sich die Zeiten wenden, steht ...«
    Paucht schnitt ihm das Wort ab. »Was soll das bedeuten? Was bildest du dir ein? Dieses Schauspiel vor einem ...« Er wies auf den Nuntius. Die Rubinklauen des Somdoraners bebten vor Erregung.
    In diesem Moment wurde das Fernenfenster undurchsichtig. Stattdessen erschien ein Holo. Paucht erkannte den Kommandanten der CHURTA-Flotte. »Bautoch!«, rief er. »Wer hat dich durchgeschaltet?«
    »Wenn sich die Zeiten wenden, Priorminister, steht vielen vieles offen.«
    »Lass uns gehen«, raunte ihm die Frau By zu. »Rasch.«
    Paucht wandte sich an Aller Wesen Freund. »Das werden sie nie zulassen«, sagte er. »Das Volk von Chaom wird das niemals zulassen.«
    »Du warst scheinbar lange nicht mehr in der Stadt«, murmelte Ychichym. »Lange nicht mehr unter Volk.«
    Paucht ließ den Avatar nicht aus den Augen. Der Avatar hielt dem Blick mit kalter Genauigkeit stand. Seine Augen feuerten geradezu vor Neugier.
    »Er hat recht«, sagte die Frau By. »Lass uns gehen.«
    Wie beiläufig öffneten sich einige Sicherheitsluken in den Wänden. Einige Sicherheitsdrohnen des Palais schwirrten in den Raum. Es wunderte Paucht nicht mehr, dass sie ihre Energieprojektoren aktiviert hatten.
    Er wusste, dass die Drohnen ihm nicht mehr gehorchten. Er fragte sich, wie sich die Maschinen platzieren würden. Würden sie eine Schutzformation um den Forschungsminister bilden? Um Augauch? Juichan?
    Sie taten nichts von alledem. Sie waren nur da und nicht zu seiner Verfügung.
    »Bravo«, sagte Paucht. »Großes Bravo.« Er löste den Magnetverschluss, raffte sich die Schärpe des Priorministers vom Leib und warf sie im Vorübergehen in den Pfuhl. »Glaubt nicht, dass ihr sie binden könnt, indem ihr ihnen die Macht übergebt«, rief er den Ministern zu. »Sie werden dieser Macht müde werden, wie sie eurer müde geworden sind.«
    Mit leisem Glucksen tauchten einige der Minister unter.
    Paucht ging wortlos an dem Avatar vorbei.
    Der somdoranische Nuntius blickte von seinem Kontaktpult zu ihm herab. »Ihr werden kein großes Vergnügen unter der Herrschaft der Totenhirne finden«, prophezeite Paucht dem Nuntius.
    Die Rubinklauen des Somdoraners kneteten die Bügel. »Das Imperium hat nie das Vergnügen gesucht«, heulte es aus dem Kontaktpult.
     
    *
     
    Shamsur Routh verfolgte den Abgang des Chaom. Während der Priorminister sich aus dem Saal bewegte, verlor das Bild an Deutlichkeit. Es war, als hätte jemand die Wirklichkeit unscharf gestellt. Was die Chaom in ihren Pfuhlen sagten, verwischte zu einem matten Flüstern wie von Schläfern.
    »Eine ziemlich düstere Vision«, sagte Routh.
    Cranstoun schwieg einen Moment. »Geht es dir nicht gut?«
    Routh musste lachen. »Wie sollte es mir nicht gut gehen? Ich habe meine Tochter an eine fremdartige Kultur verloren. Ich bin verschollen.«
    »Ja«, sagte Cranstoun gedehnt. »Ich verstehe. Aber das meine ich nicht. Dein Bild – dein erinnertes Selbstbild, die Vorstellung von dir selbst – ist nicht mehr so scharf. Es verliert seine Kontur.«
    Routh überhörte das. »Lass uns weitermachen«, forderte er Cranstoun auf. Er versuchte sich zu sammeln. Die Umwelt gewann wieder schärfere Konturen; das wesenlose Gemurmel wurde lauter, artikulierter.

Exodus
     
    »Wir stehen immer noch im Palais der Gemeinsamen Zielsetzung«, erkannte Routh. »Aber etwas ist anders.«
    Das Erinnerungsbild stand still. Die Szene wirkte museal. Routh durchmaß neben Cranstoun den Raum. Kein Schritt war zu hören. Wir

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