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PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse

Titel: PR 2645 – Die Stadt ohne Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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kreuzten einander in Äquatorhöhe des gigantischen Gasballs.
    »Sie müssen ihm antworten«, raunte ihm die Frau By zu, die länger als seine drei anderen Frauen mit seinem Rückenschild verwachsen war, ohne allerdings wie ihre Familiengenossinnen ganz darin aufgegangen zu sein.
    »Ja«, murmelte er zurück und drehte sich Aller Wesen Freund zu. Er sagte: »Wenn ich dich recht verstanden habe, stellst du uns ein Ultimatum.«
    »Keineswegs«, sagte Aller Wesen Freund und setzte eine begütigende Miene auf. »Es ist ein offenes Angebot. Die mentronischen Totenhirne drohen nicht.«
    »Sie haben auch keinerlei Verständnis dafür, wenn das gesamte Palais es als Drohung auffasst? Dieses Angebot , Chaom und die meisten unserer anderen Welten zu verlassen, falls wir eure Forderung nicht erfüllen?«
    »Unsere Bitten«, stellte Aller Wesen Freund richtig. »Wir wollen den gemeinsamen Weg nicht aufkündigen. Wir beantragen lediglich, ein wenig mehr Einfluss auf die Zielsetzung unserer gemeinsamen Kultur zu nehmen.«
    »Ihr wollt unsere Politik bestimmen. Das Oberkommando über die Flotten übernehmen. Forschungsgegenstände festlegen. Und so weiter. Andenfalls würdet ihr euch einen anderen Wirkungskreis suchen. Fern von Chaom. Möglicherweise außerhalb von Khooch. Wenn das kein Ultimatum ist – was wäre es dann?«
    Paucht entging nicht, wie sich einige Minister unbehaglich in ihren Pfuhlen regten. Hier und da schwappte die Flüssigkeit über den Rand, und der Hygieneboden sog sie mit einem kaum hörbaren Geräusch auf.
    Forschungsminister Ychichym sagte, süßlich wie immer: »Mein Ministerium hat von den Wegweisungen der mentronischen Totenhirne immer profitiert. Priorminister – wir alle haben davon profitiert.«
    »Das weiß ich«, sagte Paucht. »Was uns nicht garantiert, dass wir auch in Zukunft von den Totenhirnen profitieren werden.« Die Zukunft ... Wir sind dabei, dieses Territorium zu verlieren.
    Der Forschungsminister sagte: »Du bist widerspenstig, Priorminister. Ich erinnere daran, dass es zunächst auch gegen die Einbeziehung der Mentroniken in zentrale politische Entscheidungsprozesse Widerstände gab. Das Ur-Gehirn ist nicht einmal auf Chaom entstanden, sondern ...«
    »... auf Holpoghas, wie jeder weiß«, unterbrach Paucht. »Selbst ich.« Natürlich hatte er wie jeder Chaom die heroische Legende wieder und wieder zitiert, der zufolge der Vater des Ur-Gehirns eine Mentronik vor dem sicheren Untergang gerettet hatte. Auf dem unbedeutenden Randplaneten hätte er die sterbende Mentronik mit den Gehirnen einiger Freiwilliger versorgt, die wie der große Vaychar Vatruichon ihre körperliche Existenz opferten, um die Mentronik vor dem Untergang zu bewahren.
    Urvater Bucphol musste ein genialer Wohlverwahrer gewesen sein. Obwohl er zuvor nie mit militärischen Mentroniken umgegangen war, hatte er diese nicht nur gerettet. Er hatte sie darüber hinaus durch die Implantation und Vernetzung kompletter Gehirne zu etwas Neuem, Unerhörtem werden lassen: zu einem funktionalen Totenhirn. Das Totenhirn auf Holpoghas war das erste seiner Art: selbstbewusst, eigenartig, weiteren Gehirnen immer offen.
    Vater Bucphol hatte der um- und aufgerüsteten Mentronik sogar einen Namen gegeben: Alldar.
    So weit die Legende. Die Wahrheit hatte Paucht erst als Priorminister erfahren: Alldar, das Totenhirn von Holpoghas, war in seinem Kern Diebesgut.
    Aber, das ließ sich nicht leugnen, es war ein geniales Konstrukt. Der Dieb und sein Hehler, der hirnkranke Vaychar Vatruichon und sein Wohlverwahrer Bucphol, hatten sich beide in das Sediment der Gehirne Alldars einverleiben lassen und waren dort mit anderen zerebralen Strukturen eine unauflösbare Einheit eingegangen. Wer von Alldar profitieren wollte, musste die Gehirne der beiden Kriminellen in Kauf nehmen.
    Die damalige Regierung hatte sie in Kauf genommen. Ihr Gewinn, das musste Paucht zugeben, war enorm: die schließlich unbeherrschte Hegemonie der Chaom über den größten Teil der Galaxis.
    Alldars Konstruktionsunterlagen für verbesserte Überlichttriebwerke, für stärkere Schirme und mächtigere Waffensysteme gaben den Flotten von Chaom jenen Entwicklungsschub, den sie brauchten, um die Konkordanz – mithilfe der Schlachtpläne Alldars – zu besiegen.
    Kein Wunder, dass die Chaom darangingen, auch auf anderen Welten, bald sogar auf ihrem Heimatplaneten, Totenhirne einzurichten und zu unterhalten.
    Erst im Laufe der Jahrhunderte wurde den Chaom – wenigstens einigen von

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