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PR 2646 – Die Tage des Schattens

Titel: PR 2646 – Die Tage des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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liefen, bis wir barfüßig waren, und weinten, bis wir blind waren, doch was wir uns wünschten, wurde uns nicht zuteil. Aber wie man die Strahlen der Sonne nicht zudecken kann, so kann man auch das Licht der Wahrheit nicht auslöschen.«
    »Ja«, sagte Milonke.
    »Genau«, sagte die Epsalerin.
    »Umwerfend präzise auf den Punkt gebracht«, sagte der siganesische Veterinär. »Besonders das mit den Sonnenstrahlen. Metaphorisch gedacht, natürlich.«
    Kornel, der zwei Nischen weiter stand, das Geschirrtuch vorschriftsmäßig über dem Arm, drehte sich zur Seite, damit niemand sein Schmunzeln sah. Es war erheiternd, wie Toufecs Jünger an dessen Lippen hingen und sein kryptisches Geschwafel aufsaugten, als handle es sich um die Offenbarungen eines Halbgotts.
    Toufec wusste, was er ihnen schuldig war, und setzte noch eins drauf. »Weisheit der Völker: Wer zweimal ins selbe Loch fällt, ist blind.«
    Nachdem das zustimmende Gelächter abgeklungen war, lenkte der Bursche mit den roten Rasta-Zöpfen zurück zum Thema. »Aber was macht der Schatten als Nächstes? Wie kann er die Smiley-Performance übertreffen? Wo greift er an, um klarzustellen, dass er mit seinen Taten einen Plan verfolgt und nicht bloß eine zugegeben originelle Form von Aktionismus betreibt?«
    »Unsere tollen neuen Machthaber haben weitere Razzien der Fagesy angekündigt«, sagte Milonke. »Angeblich aus Vorsorge, um unbeabsichtigte Kollateralschäden zu vermeiden.«
    Sie erntete allgemeines, abfälliges Gezische und fuhr fort: »Gemäß dieser Verlautbarung wollen sich die grässlichen Seesterne demnächst im Ellert-Mausoleum sowie im Museum der Unerklärlichen Funde umsehen. Beide Gedächtnisstätten werden für den Publikumsverkehr gesperrt, damit es nicht wieder zu Zusammenstößen kommt.«
    »Eine Frechheit«, entrüstete sich der Siganese. »Ein Schlag ins Gesicht der traditionsbewussten Einwohnerschaft! Dem sollte der Schatten, wenn er mehr sein will als ein Pausenclown, einen Riegel vorschieben!«
    »Wo keine Tugend ist, ist auch keine Freiheit«, sagte Toufec, wie üblich gefolgt von lautstarken Beifallsäußerungen.
    Bald darauf verabschiedete er sich, sehr zum Leidwesen seiner Bewunderer.
     
    *
     
    Fydor Riordan palmierte seine antike Münze wieder und wieder.
    Eulen nach Athen ...
    Gleiches zu Gleichem: Lag darin der Fehler, den sie bislang begangen hatten? Manchmal musste man Feuer mit Feuer bekämpfen, das war schon richtig.
    Aber vielleicht bestand das Zauberstück des Schattens gerade darin, seine Gegenüber zu dieser Denkweise zu verleiten? Abzulenken vom Wesentlichen, nämlich davon, dass seine Tricks viel simpler gestrickt waren? Dass sein Feuer eben doch besser mit Wasser gelöscht wurde?
    Weil er selbst auch nur mit Wasser kocht ...?
    Der offizielle »Assistent« des abgetauchten TLD-Chefs, aber de facto Leiter des terranischen Geheimdiensts, konzentrierte sich. Dann warf er die Drachme mit einem solchen Drall von sich, dass sie sirrend gegen die Wand prallte. Sie prellte zurück und landete wieder in seiner Handfläche, ohne dass er diese auch nur um einen Millimeter hätte an die Flugbahn anpassen müssen.
    Riordans Hand ballte sich um die Münze zur Faust.
    Ja!
    Er wusste, wie er dem Schattenkerl die Rechnung versalzen konnte! Den Köder hatte er ja bereits ausgelegt. Nun sah er vor seinem geistigen Auge klar und deutlich, wann, wo und wie die Falle zuschnappen würde.
     
    *
     
    Den Rest des Tages verbrachte Toufec damit, weitere Zufallsbekanntschaften aufzusuchen und mit ihnen ausgiebige Schwätzchen zu halten. Schließlich war er zufrieden und überzeugt, die Stimmungslage der breiten Bevölkerung genügend sondiert zu haben.
    Am Abend machte er sich an eine ganz spezielle Person heran. Sie verkehrte, wie er erfahren hatte, regelmäßig im »Paukentheater von Orbana«, einem trotz des großspurigen Namens intimen Musikclub unweit der Crest Plaza.
    Toufec entdeckte die Zielperson an der Bar. Er wartete, bis sie ihr Gespräch mit dem Barkeeper beendet hatte, dann setzte er sich, ohne sie anzusehen, auf einen freien Hocker neben sie.
    »Was darf's sein?«, fragte der Barkeeper, ein vielarmiger Molluskoide.
    »Habt ihr Dattelwein?«
    »Bedaure, nein. Ist der süß?«
    »Wie die Hoffnung. Wenn sie nicht wäre, würde das Leben aufhören.«
    »Wohl wahr, mein Freund. Ich empfehle dir einen Eiswein vom Planeten Olymp, die Marke heißt ›Nektar & Ambrosia‹, haha. Wird gern genommen, wenngleich eher von Damen. Allerdings

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