PR 2646 – Die Tage des Schattens
säuerlich wirkendem Lächeln. »Oh! Du bist nicht amüsiert, nehme ich an.«
»Um meine persönliche Gemütslage geht es nicht. Was unternehmen wir in dieser Angelegenheit, Regierungssprecherin Eghoo?«
*
»Hm.«
Ernüchtert betrachtete Phaemonoe ihre Fingernägel. »Totschweigen ist keine Option. Wie ich schon anlässlich der früheren Attentate sagte: Vertuschungsversuche oder gar Zensur bewirken bloß, dass die vorhandenen Bilddokumente umso heftiger zirkulieren. Die Sympathien der breiten Masse würden sich umso mehr den Rebellen zuneigen, während die Regierung im selben Ausmaß in Misskredit geriete.«
»Kann man der Geschichte nicht wenigstens einen anderen Drall geben?«
»Bei den Anschlägen auf die Fagesy-Patrouillen hat das einigermaßen funktioniert. Feiger Mord aus dem Hinterhalt, begangen an Fremdwesen, die von sich aus keine aggressiven Handlungen ausführten, außer Präsenz zu zeigen ... Obwohl diese Darstellung seit dem, mit Verlaub, saudummen Überfall auf die Waringer-Akademie gewaltig ins Wanken geraten ist.«
»Lenkt die jüngste Aktion des Schattens nicht zumindest ein wenig davon ab?«
»Ich fürchte nein. Weil sie damit in Zusammenhang gebracht und als Reaktion verstanden werden wird. Als Vergeltungsmaßnahme, und eine sehr kluge dazu. Davon wird die Empörung über die brutale Razzia nicht abgeschwächt, im Gegenteil. Hätte der Schatten ein Blutbad unter Fagesy oder gar Auguren angerichtet, könnte man ihn zum irren Terroristen stempeln, völlig zu Recht übrigens, und nebenbei die gesamte Widerstandsbewegung desavouieren. Aber so ...«
»Was schlägst du vor?«
»Wir geben eine Erklärung dazu ab, das müssen wir einfach. Wir spielen den Vorfall jedoch herunter. Nicht Richtung ›Dumme-Jungen-Streich‹, damit würden wir nicht durchkommen. Aber vielleicht gelingt es uns, der Botschaft des Schattens einen anderen Inhalt zu verleihen. Sinngemäß: Ein Attentäter hat die Sinnlosigkeit und Unverhältnismäßigkeit seines bisherigen Tuns eingesehen und setzt nun ein Zeichen der Versöhnung.«
»Wird man uns das abnehmen?«
»Dass der Smiley-Streich quasi dem Schwenken einer weißen Fahne gleichkommt?« Phaemonoe zuckte die Achseln. »Ehrlich gesagt hält sich mein Glaube daran in Grenzen. Vielleicht wandert dadurch die Story immerhin von der ersten auf die zweite Seite.«
»Warum?«
»Sobald du behauptest, dich freue die Aktion, büßt sie an Sensationscharakter ein. Nicht besonders viel, aber ... Tut mir leid, etwas Besseres fällt mir nicht ein. Mehr als Schadensbegrenzung ist meiner Meinung nach nicht drin.«
»Akzeptiert. Berufe eine Pressekonferenz ein und leite die Vorbereitungen dafür in die Wege.«
»Wird gemacht.«
Marrghiz beugte sich vor und lächelte so gewinnend, dass es fast wehtat. »Hauptpunkt muss die freudige Wiederkehr der jungen Terraner sein! Dem Schatten darf nicht gelingen, uns mit der primitiven Zeichnung eines frechen, stilisierten Grinsens – wie sagt ihr? – die Show zu stehlen.«
»Ich gebe mein Bestes.«
Insgeheim hatten sich Phaemonoe Eghoos Zweifel verstärkt. Sie fühlte sich als Söldnerin; schlimmer: als eine, die sich von der falschen Armee hatte anheuern lassen.
Als spüre er ihre schwindende Loyalität, sagte Marrghiz: »Bleib stark. Sei unbesorgt, auf längere Sicht wird unserer Seite, der guten Seite, der Sieg nicht zu nehmen sein. Wir kämpfen für eine bessere, gemeinsame Zukunft in Frieden und Wohlergehen. Und ich will dir etwas verraten: Mit ein bisschen Glück hat sich das Schatten-Problem noch vor dem großen Ereignis am Fünfzehnten dieses Monats erledigt.«
»Inwiefern?« Deutete er damit an, dass seine Helfer kurz davorstanden, dem Schatten das Handwerk zu legen?
»Es ist alles Nötige beredet. Ich danke dir. Nun geh an deine Arbeit.«
7.
Duell der Zauberer
In seinem Büro in der Führungsetage des TLD-Towers saß ein Mann ohne auffällige äußerliche Eigenschaften und spielte mit einer Münze.
Fydor Riordan übte einen der ältesten Zaubertricks der post-lemurischen Menschheit, und zwar stilgerecht mit einem Original-Zahlungsmittel, das fast ebenso alt war. Es handelte sich um ein Tetradrachmon, eine antike griechische Vierfach-Drachme aus dem fünften vorchristlichen Jahrhundert.
Auf der Rückseite war eine Eule aufgeprägt, genauer ein Steinkauz, das Wappentier der Göttin Pallas Athene. Daher kam die immer noch gebräuchliche Redewendung »Eulen nach Athen tragen« – also sinngemäß, Geld
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