PR 2656 – Das Feynman-Kommando
ein Terraner – Shamsur Routh.
Routh öffnete den Mund, versuchte ein Lächeln und sackte dabei lautlos zusammen.
*
Der herbeigeeilte Medoroboter hatte bei dem Terraner einen äußersten Erschöpfungszustand diagnostiziert, mehr mental als physisch bedingt, nichts Lebensgefährliches, ausreichend Schlaf und die Gabe aufbauender Präparate sollten sein Befinden in den nächsten Stunden deutlich verbessern.
Von der Möglichkeit, sein Erwachen aus der Bewusstlosigkeit pharmazeutisch zu beschleunigten, riet der Medorobot ab.
Bull akzeptierte.
Anschließend wandte sich Bull dem Sayporaner zu und betrachtete ihn ungeniert. Seit seinem Erscheinen im violetten Licht hatte sich der Sayporaner nicht von der Stelle gerührt. Der Sayporaner? Shanda Sarmotte hatte zumindest von einem Er gesprochen. Andernfalls wäre es Bull schwergefallen zu entscheiden, ob er einen Greis oder eine Greisin vor sich hatte.
Der Sayporaner trug einen einteiligen Hosenanzug von mattem Schwarz; die Hosen schlotterten um die Beine. Die dürren, geradezu brüchigen Unterarme blieben wie die Hände unbedeckt. Dort wie am Gesicht war die perlmuttfarbene Haut sichtbar, ein Weiß, in dem es immer wieder regenbogenfarben aufglänzte.
Die Schuhe sahen massiv aus und klobig, viel zu groß; vielleicht dienten sie als orthopädische Behelfe.
Chourtaird stand gekrümmt; für einen Moment hatte Bull die aberwitzige Vorstellung, eine Wachsfigur vor sich zu haben, die aufgeschmolzen und weitgehend in sich zusammengesunken war, bevor sie wieder hatte aushärten können.
Der Kopf steckte auf einem dürren, nach vorn gebogenen Hals, das Gesicht hielt der Fremde gesenkt. Bull meinte, ein leises Knistern oder Knacken wie von trockenem Holz zu hören, als der Sayporaner offenbar mühsam den Kopf hob, um ihn und Sarmotte von unten anzusehen.
Bull erwiderte den Blick unbewegt. Er bemerkte, dass sich die beiden Augen des Sayporaners unterschieden. Während die Iris des rechten Auges von einem blassen Gold war – und die Pupille rechteckig wie bei einer Ziege –, schwamm im linken Auge etwas Milchig-Trübes. Eine einzelne Träne löste sich und rann unendlich langsam die Wange herab, ohne eine Spur von Feuchtigkeit zu hinterlassen. Die Träne glänzte wie Kupfer.
»Ich schaue dich mit meinem Buhars-Auge«, sagte der Sayporaner so unverhofft, dass Bull ein wenig zurückschreckte. Er hatte Interkosmo gesprochen.
»Mein Name ist Reginald Bull«, stellte er sich vor.
»Du bist ein Verhandlungsbevollmächtigter dieses Systems«, stellte Chourtaird mehr fest, als dass er fragte.
»Deinesgleichen haben beliebt, die legitimen Verhandlungsberechtigten ihrer Ämter zu entheben«, versetzte Bull gallig.
»Das ist so ihre Art«, sagte Chourtaird, und es klang durchaus belustigt. »Was nicht verhindert, dass ich dich als meinen Verhandlungspartner anerkennen würde, gesetzt, mein Ziehsohn spricht nicht dagegen.«
»Dein Ziehsohn?«
»Shamsur Routh«, sagte der Sayporaner und schaute auf den immer noch bewusstlosen Terraner, den der Medoroboter eben auf die Antigravtrage hob.
»Ich bin neugierig zu erfahren, was du zu verhandeln hast«, sagte Bull. »Aber ich fürchte, wir müssen alle Unterredungen zurückstellen. Ich habe eine unaufschiebbare Verabredung.«
»Es ist nicht meine Eile«, sagte Chourtaird und hob in einer Geste, die Bull nicht zu deuten wusste, beide Arme und überkreuzte sie in einigem Abstand vor der Brust.
*
Sie parkten die KLEOPATRA im niedrigen Jupiterorbit. Um 22.40 Uhr wechselten Bull und Shanda Sarmotte mit Chourtaird und dem immer noch bewusstlosen Shamsur Routh via Transmitter ins Kastell.
Der Sayporaner hatte sich damit einverstanden erklärt, die ANÄIRY im Hangar der KLEOPATRA zurückzulassen. Einer der Shifts des Kreuzers sollte das Miniaturraumschiff in den nächsten Stunden in Schlepp nehmen und zum Kastell transportieren.
Bull hatte Chourtaird garantiert, dass die technischen Analyseeinheiten der KLEOPATRA die ANÄIRY unberührt lassen würden.
Was die Erlaubnis einschließt, das Schiff der Sayporaner mit telemetrischen Mitteln abzutasten.
Ob dieses Arrangement den Greis besorgte oder nicht, hatte Bull dessen Gesicht nicht ablesen können.
Unmittelbar nachdem sie den Käfigtransmitter des Kastells verlassen hatten, übernahm Kirte Otorongo die Versorgung Shamsur Rouths. Eine Kurzdiagnose im Transmitterraum ergab, dass Routh nicht nur unter äußerster Erschöpfung litt, sondern ebenso unter mentalen
Weitere Kostenlose Bücher