PR 2657 – Geheimbefehl Winterstille
kühlen.«
Auch jene unserer Fagesyschen Freunde, schwang unausgesprochen mit.
»Die Abschaltung des Sonnenpulks ist rasch und ohne jeglichen Waffeneinsatz zu bewerkstelligen«, setzte Marrghiz fort. »Über Winterstille haben wir Zugriff auf den fliegenden Stützpunkt PRAETORIA, der die Kunstsonnen kontrolliert und steuert.«
»Der Umbrische Rat meldet Bedenken an.«
»Ich habe ebenfalls Bedenken. Aber fällt dir etwas Besseres ein?«
Anicee wog noch einige Atemzüge lang das Für und Wider ab, dann stimmte sie zu. Dieses Vorgehen war statthaft, begründet und immer noch das gelindeste Disziplinierungsmittel, das ihnen zur Verfügung stand.
Um Punkt 16 Uhr setzte LAOTSE die zweite Stufe des Befehls Winterstille um. Es dauerte nicht einmal einen Wimpernschlag. Das fahlrote Licht des Sonnenpulks erlosch.
Schlagartig wurde es dunkel auf Terra.
Und kalt.
8.
Doppelte Umzinglung
26. November 1469 NGZ, 16.25 Uhr
Reginald Bull war hellwach und lechzte nach Action. Nachdem er eine Art Vorvertrag mit Chourtaird geschlossen hatte, verließ er den greisen Sayporaner und informierte sich in der Zentrale des Kastells über die neuesten Entwicklungen.
Allseits herrschte Empörung angesichts der Kaltschnäuzigkeit, mit der Anicee Ybarri die Abschaltung der Kunstsonnen über Terra, Mars und Venus gerechtfertigt hatte. Sie verschaffe »den erhitzten Gemütern auf beiden Seiten eine abkühlende Nachdenkpause«, hatte sie argumentiert – und das offenbar nicht einmal zynisch gemeint.
Daraufhin wandelten sich vor allem in Terrania City immer mehr Straßenfeste zu Demonstrationen gegen den Umbrischen Rat und die Sayporaner. An einigen Orten kam es zu Konfrontationen der Protestierenden mit jugendlichen Anhängern der Auguren.
Gewaltsame Zusammenstöße waren bislang von der Polizei verhindert worden. Aber von Abkühlung konnte keine Rede sein. Vielmehr drohten die Emotionen umso weiter hochzukochen, je tiefer einsickerte, dass der befürchtete Fimbulwinter endgültig Wirklichkeit geworden war.
In Terrania und anderen Großstädten, wo an Licht und Heizung kein Mangel bestand, spürte man die Auswirkungen nicht unmittelbar. Auf kalte Nächte war man vorbereitet, zumal Ende November in der Wüste Gobi.
Schockierender war der plötzliche Wintereinbruch auf der Südhalbkugel. Dass um diese Jahreszeit Flüsse und Seen vereisten, besaß einen apokalyptischen Beigeschmack, auch wenn damit schon länger hatte gerechnet werden müssen.
Global gesehen würde sich die Wärmeabstrahlung in den Weltraum erst nach Stunden oder Tagen für den Einzelnen bemerkbar machen. Die Ozeane gaben die in ihnen gespeicherte Wärme ja nur langsam ab.
Trotzdem musste dem Fimbulwinter so schnell wie möglich ein Ende gesetzt werden. Dazu war es nötig, PRAETORIA und den Rest der Flotte aus der Versiegelung durch den Winterstille-Befehl zu befreien. Der Weg dahin wiederum führte über die Solare Residenz.
Delorian hat recht, dachte Bully grimmig. Ich sollte mich allmählich mit dem Gedanken an eine Wiederauferstehung anfreunden.
*
Der Winter kommt, titelte ein Holozine, und der Reporter – ein gewisser Benjen Martin Stark – fügte ein Kaleidoskop an Eindrücken rund um dieses Thema bei. Die Einleitung des Fimbulwinters dominierte zwar auch alle anderen Schlagzeilen, aber solange keine Blizzards durch Terras Metropolen tobten, ließ sich die drohende Katastrophe schwer darstellen. Eierköpfige Meteorologen vor komplizierten Grafiken gaben keine sensationellen Trivid-Bilder her.
Deshalb stürzten sich die Medien auf die »Hängende-Gärten-Krise«. Dass ihre reißerischen Liveberichte die Lage weiter aufschaukelten, hatte Reporter noch nie gekümmert.
Unzählige Schaulustige, Demonstranten und Aktivisten rasch formierter Möchtegern-Bürgerwehren strömten zum südlichen City-Ring. Die Polizei tat ihr Bestes, sie von Attacken auf die Fagesy abzuhalten, jedoch waren bereits Anzeichen von Überforderung zu erkennen.
Admiralin Tanny Abro reagierte. Sie verlegte zehn Reservekompanien der Ersten Terranischen Raumlandedivision zu den vier von Fagesy und TARAS besetzten Stufenpyramiden. Zusammen mit ihren Einsatzfahrzeugen riegelten sie das Gebiet, das direkt an eine Hauptverkehrsader grenzte, großräumig ab.
Dadurch entstand eine ähnliche »doppelte Umzingelung« wie im Residenzpark – wo sich die Streitkräfte gegenseitig banden. Denn jene Seite, die ein größeres Kontingent abzöge, würde Gefahr laufen, im Handstreich
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