PR 2662 – Kaowens Entscheidung
unförmigen Buckel. Das war sein Körper: ein grotesker, zusammengedrückter, faltiger Torso.
Tokun hatte den Dauerzustand des Agalaria verloren. Er war kein Agal-Atimpal mehr.
Er hätte sterben mögen. Aber ein Gedanke hielt ihn am Leben. Alle mussten sie Opfer bringen. Auch er. In einer gemeinsamen Anstrengung hatten sie die Weltengeißel zum Rückzug von Meloudil gezwungen. Das Ungeheuer hatte seine Heimat nicht weiter belästigt.
Und Tokun hatte Protektor Kaowen getötet. Die Schallgravbomben hatten sämtliche Mitglieder der Kampfgruppe, Kaowens Personal, den Protektor selbst und die halbe Hauptstadt des Planeten ausgelöscht. Aber um welchen Preis! Kaowen lebte noch oder wieder, ein Klon, dessen Bewusstsein je nach Bedarf in einen neuen Körper wechselte.
Alles umsonst und doch für etwas gut.
Der Verzweifelte Widerstand, dem Tokun Gavang angehörte, hatte einen ersten Erfolg erzielt, einen kleinen Erfolg. Der Preis war hoch. Ob zu hoch, musste die Zukunft zeigen.
Ein Verband der QIN-SHI-Garde riegelte nach wie vor das Pytico-System ab. Tokuns Funkbotschaft an die Bevölkerung des Planeten, in der er über die Weltengeißel aufzuklären und zum Widerstand gegen QIN SHI und dessen Garde aufzurufen versucht hatte, hatte ihn gezwungen, in den Untergrund abzutauchen.
Immer wieder war er den Häschern entkommen. Nächtelange Diskussionen hatten die Verunsicherung der Dosanthi eher vergrößert, statt sie zu beseitigen. Der organisierte Widerstand wuchs zögerlich. Die natürliche Angst der Dosanthi, die zur Entwicklung ihrer Parafähigkeit geführt hatte, verhinderte, dass Beschlüsse gefasst wurden.
Und dann war von einer Stunde auf die andere plötzlich alles zu spät gewesen. Mobilmachung.
Sie hatten handeln müssen, jetzt oder nie.
Tokun Gavang war ins Zentrum der Kämpfe geraten und hatte überlebt. Wenig später waren er und Zehntausende weitere Dosanthi von den Xylthen in die wartenden Schiffe getrieben worden.
Seither hielt er sich in diesem Schiff auf. Die KASHMAKAIDA war ein Truppentransporter, ein Monstrum. Als Grundzelle diente ein 1800-Meter-Zapfenschiff, an dessen sternförmigen Modulen rundum Container vertäut waren. Wie ein Kranz aus Bauklötzen im Modellatelier einer Werft klebten sie an dem Schiff, jedes mit voller Besatzung. Pro Container reisten sechshundert Dosanthi mit ihrem Okogaria – eine Ladung voller Sprengkraft, wenn die Angstpotenziale erst einmal in Aggression umschlugen.
Auf ihrer Heimatwelt stellte das kein Problem dar. Die Kristallwände halfen ihnen, die Aggressionen und Ängste abzubauen. Die halb organischen Wände konnten aber nicht vom Planeten entfernt und in Raumschiffen transportiert werden. Bei einem entsprechenden Versuch starben sie ab.
Deshalb reiste in den Wohnkavernen der Dosanthi immer das Risiko mit.
Tokun Gavang vernahm einen Flüsterruf. Er drang aus den Kommunikationskanälen seiner Höhle, die ihn mit den Quartieren der Mannschaften verband. »Befehl vom ...« Mehr verstand er nicht.
Mit einem Seufzer warf Tokun das Tuch ab und kroch nach vorn zur Öffnung der Höhle.
»Was gibt es? Wer ruft mich?«
Er sah einen Schatten weiter vorn im Tunnel stehen.
»Der Kommandant ruft nach dir!«
An der Stimme erkannte er Balyn Segehr, einen der sanften Ängstlichen, zu alt, um unversehens in Panik oder in Aggression zu fallen. Die Sippen auf Meloudil schickten ihnen die Begnadeten absichtlich auf den langen Reisen als Begleiter mit.
»Der Kommandant ...« Tokun Gavang überlegte. Der Kommandant war Xylthe, sein Name lautete Vrihasher. »Sage ihm, ich komme!«
Tokun machte sich nichts aus Titeln oder Rängen. Aus der Sicht der Xylthen galt er als hochrangig, deshalb stellte es eine Ehre dar, wenn der Kommandant ihn rief. Es bedeutete auch, dass sie dem Ziel ihre Fluges nicht mehr fern waren.
Shikaqin-Viibad. Die Hölle von Zasao. Dieser Begriff hatte bis ans andere Ende der Materiebrücke und hinein nach Dosa die Runde gemacht.
Tokun verschwand wieder in seiner Höhle, drehte die Sanduhr und machte sich zurecht. Im Bordalltag gab es gewisse Vorschriften. Eine Uniform oder einen Schutzanzug zu tragen gehörte dazu. Tokun Gavang entschied sich für die Uniform. Sie bestand aus einem flexiblen Material, das sich den körperlichen Gegebenheiten anpasste. Wenn ein Dosanthi in den Aggressionstrieb verfiel und sich zu seiner stattlichen Höhe des Xylthen-Gardemaßes aufrichtete, wuchs der Anzug automatisch mit.
Der letzte Sand der Uhr verrann. Tokun hatte
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