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PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure

PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure

Titel: PR 2669 – Wettstreit der Konstrukteure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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dir wirklich das Recht nehmen, sie aufplatzen zu lassen?
    Er hasste Doloma Kar'then dafür, dass sie sein Denken beschmutzt hatte. Skepsis war eine Krankheit. Eine chronische noch dazu.
    »Ich werde sie nicht zulassen«, murmelte Cholaquin.
    Gleichzeitig ärgerte er sich, dass die Betreiber des Auditoriums im Vertrag festgehalten hatten, dass sie für die Erstellung und Betreibung des Sicherheitsdispositivs zuständig sein würden.
    Dutzende von Schutzkräften standen in leichten Kampfanzügen an den neuralgischen Punkten. Sechzig von ihnen standen allein vor der Bühne mit starrem Blick in die Zuschauerränge.
    Er hätte es verhindern sollen. Aber das hätte das Unternehmen weiter verteuert. Cholaquin hatte schon so eines der wertvollsten Patente verkaufen müssen, um für die Miete des Auditoriums und die Werbung aufkommen zu können.
    Der Mowener am Regiepult hob beide Hände und zeigte ihm alle zwölf Finger. Die letzten zwölf Sekunden.
    Die Zuschauer kreierten mit ihrem Murmeln und Flüstern einen dunklen Klangteppich. Direkt unterhalb der Bühne hatten sich die Kriegsversehrten positioniert. Cholaquin erkannte sie an den roten Bändchen, die an ihre Epauletten genäht waren und im schwachen Wind flatterten.
    Einige Veteranen saßen in Roll- und Schwebegefährten. Etliche trugen Prothesen, wieder andere sahen auf den ersten Blick ganz normal aus. Beim genaueren Hinsehen wirkten sie uralt, verlebt, gebrochen.
    Für sie und niemand anderen würde er aus seinem letzterschienenen Werk Die verratene Generation lesen. Er wollte ihnen die Worte geben, die es ihnen ermöglichen würden, die Lügen der Vergangenheit als solche zu erkennen und die Tür in die Gegenwart und in die Zukunft zu öffnen.
    Er hoffte, dass Doloma Kar'then irgendwo im Publikum saß oder der Volkslesung via Hyperfunk folgte. Sie würde sich schwarzärgern, dass sie ihm nicht vertraut hatte.
    Nur zu gern hätte er ebenfalls aus seinem epochalsten Werk, den Gesängen des Niedergangs, vorgetragen, aber solange er die abschließenden Verse in seinem Gedächtnis nicht wiederfand, würde niemand die Gesänge hören. Für diesen Tag würden sich die Mowener mit der verratenen Generation zufriedengeben müssen.
    Er zweifelte nicht daran, dass das Werk seine Wirkung verfehlen würde.
    »Ich werde heute Geschichte schreiben«, flüsterte er.
    Cholaquin Port'aldonar blickte zum Regisseur. Nickte.
    Dann hob sich der Vorhang, und er wurde zu Sholoubwa.
     
    *
     
    Er trug ein weißes, weites Stoffgewand, das seinen dunkelgrauen Teint und den muskulösen Körperbau optimal betonte. Während er auf die Mitte der Bühne zuschritt, spürte er, wie er die Blicke der 36.288 Mowener auf sich zog.
    Sofort baute sich eine Spannung auf, die mit nichts vergleichbar war, was er je erlebt hatte. Nicht einmal die Momente kurz vor der letzten Schlacht von Nunngar.
    Der leichte Wind trug ihm die Ausdünstungen seines Publikums entgegen. Künstliche Parfüme, aber auch der Geruch von Schweiß und ... Angst.
    Auf der nur für ihn sichtbaren Bodenmarkierung blieb Sholoubwa stehen. In einer einzigen, sorgfältigen Pendelbewegung seines Kopfes ließ er den Blick über alle Sektoren des Auditoriums schwenken.
    Dann blickte er hoch in den malvenfarbenen Himmel, holte tief Atem.
    »Vergangenes ist vergangen«, sagte er leise. Die Mikrofone nahmen die Worte auf und ließen sie über versteckte Lautsprecher klar und deutlich auf das Publikum niederrieseln. »Der Weg, der vor uns liegt, ist der wesentliche. Wir dürfen uns nicht durch vergangene Taten definieren, sondern durch das Potenzial, das in uns steckt!«
    Ruhig schaute er auf die Versehrten hinab. Falls sie Liebe in Zeiten des Überflusses kannten, wussten sie, dass er damit die Grundaussage seines Erstlingswerks in das Gegenteil verkehrt hatte. Darin hatte er die Signifikanz des Staates in den Mittelpunkt eines jeden mowischen Lebens gestellt. Der Staat war das Vermächtnis, die Essenz von Abermilliarden Mowenern, die vor ihnen gelebt hatten.
    »Vergangenes verlor insbesondere dann seine Wertigkeit«, rief er, »wenn es sich in der Retrospektive als Verirrung herausstellte! Ich schäme mich nicht zu sagen, dass ich mich geirrt habe, dass ich mich verirrt hatte!«
    Eine Art Ächzen ging durch das Publikum. Sholoubwa begriff, dass eben Tausende erschrocken nach Luft geschnappt hatten. Vereinzelt kam Gemurmel auf, das von den automatischen Geräuschunterdrückern nur unzulänglich absorbiert wurde.
    »Den Staat«, fuhr er

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