PR 2672 – Kosmische Agonie
Aussehen des Riesen zu erahnen.
Das Holo war auf das Gesicht eingestellt worden, dessen Höhe allein bereits mehreren Stockwerken eines Hauses entsprach. Die Verzerrungen durch das halb transparente Stahlglas, das den Utrofaren schützte, ließen es mit der nur angedeuteten Nase und den schmalen, zusammengepressten Lippen unfertig wirken.
Mit den violett schimmernden Augen schien er in weite Fernen zu sehen, durch alles hindurch. Zweifellos hatten diese Wesen für ihre Aufgabe eine andere Art des Sehens als Menschen.
»Wenn er selbst nicht weiß, was seine Mission war, können wir ihm dabei nicht helfen«, stellte Mossi fest. »Das macht es schwer, etwas im Gegenzug für seine Hilfe anzubieten.«
Fochler kratzte sich nahe dem Biomolplastpflaster. »Womöglich war es nur die Mission seiner Mannschaft, und es ist nur etwas davon in ihm hängen geblieben, als sie ihn verlassen haben. Auch dazu habe ich keine Einzelheiten herausfinden können, ebenso wenig wie zu dem Kampf, in den er anscheinend verwickelt war. Ich habe aber den Eindruck, dass er froh ist, wieder Gesellschaft zu haben.«
»Dann täte er gut daran, diese Gesellschaft zu beschützen. Die nächste Stauchwelle oder ein plötzlich auftauchender Hypersturm könnten ihn recht schnell wieder einsam machen. Wenn er keinen sicheren Ort für uns kennt, brechen wir innerhalb der nächsten Stunde Richtung Erde auf und hoffen auf unser Glück. Wir sitzen auf einem Vulkan, der jederzeit ausbrechen kann.«
»Der Utrofare würde uns beschützen. Er sieht viel mehr als unsere Ortungsgeräte und kennt die Anomalie besser als wir. Er weiß von einer Gegend nicht weit weg von hier, in der besondere Bedingungen eine Art mehrdimensionale Schutzmauer erzeugt haben. All diese Erscheinungen, Stauchwellen, Stürme, wandernden Senken ... das läuft einfach darum herum, und innen drin spürt man bestenfalls schwache Auswirkungen.«
Der Vergleich mit einem durch eine Mole beschützten Hafen kam Mossi in den Sinn. »Er würde uns also schützen. Aber? Was ist die Bedingung?«
Fochler senkte den Blick, druckste sichtlich herum, während seine Finger sich ineinander verschlangen. »Die ZHENG HE«, antwortete er schließlich. »Er will sie als sein neues Schiff.«
Es verschlug Mossi die Sprache.
Die ZHENG HE. Ein Schiff der SATURN-Klasse, mehrere Milliarden Galax wert. Sie mochte im Moment angeschlagen sein, aber das änderte nichts daran, dass es weit über seinem Verfügungsrahmen lag.
»Kommandant, sein Tresor, sein Lebenserhaltungssystem – es scheint, das alles ist nicht mehr in gutem Zustand. Fernvaters Augerbe fürchtet, seine Mission scheitere am Ende schlicht daran, dass er nicht mehr lange überlebt. Aber er will nicht überleben, wenn es bedeutet, seine Mission nicht mehr fortführen zu können.«
»Eine klassische Zwickmühle.«
»Die wir auflösen können, wenn wir ihm die Chance geben, weiter nach seiner Mission zu suchen. Er glaubt, wenn er sein Ziel findet, wird die Erinnerung zurückkehren.«
Mossi atmete tief durch und wandte sich ab. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt und mit dem Daumen immer wieder über seinen Ring streichend, wanderte er in der Zentrale auf und ab.
Was würde man bei seiner Rückkehr auf der Erde sagen? Wie würde er ein solches Geschenk rechtfertigen können? Andererseits, wie viele Leben wogen diesen Preis auf? Konnte man die Leben der Mannschaften – und das des Utrofaren! – überhaupt in Galax messen?
Nicht zuletzt mochte man auf diesem Wege einen Verbündeten gewinnen. Selbst wenn die ZHENG HE evakuiert und ganz dem Utrofaren überlassen würde, blieb die Möglichkeit einer Verbindung und vielleicht einer späteren weiteren Zusammenarbeit. Wer wusste schon, was das eines Tages wert sein mochte?
Mit einem Ruck wandte Mossi sich wieder zu Fochler. »Also gut. Mach ihm bitte klar, dass ich nicht das Recht habe, ihm feste Zusagen zu machen, was die ZHENG HE betrifft. Aber ich kann und werde sein Ersuchen nachhaltig vertreten. Im Moment können wir nur versuchen, sein unmittelbares Überleben zu sichern, indem wir ihn aus seinem Sternenschiff lösen und mit den Systemen der ZHENG HE verbinden. Dann ist es an ihm, uns alle zu retten.«
Der Erste Pilot nickte. »Ich werde es ihm erklären, so gut ich kann.«
»Gut. MA SANBAO?«
»Kommandant?« Die Stimme der Positronik erklang mit der gewohnten Ruhe.
»Überprüf anhand aller verfügbaren Daten, wo und wie es möglich sein könnte, den Steuermann der Sternengaleone
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