PR 2672 – Kosmische Agonie
geschah bereits mit Volldampf. Die Ortungen würden ergeben müssen, ob und wohin sie sich zurückziehen konnten. Aber die Sternengaleone ...
Der Pendelverkehr für Material und Personen kam langsam zum Ende. Die letzten Rettungsmissionen waren ohne weitere Überlebende zurückgekehrt, sie empfingen keine Lebenszeichen mehr auf den Wracks oder im freien Raum.
Da schadete es nicht, sich diese unerwartete Gesellschaft etwas genauer anzusehen. Es lenkte die Leute ab, verschaffte ihnen etwas, womit sich die beschäftigen konnten, die nicht für Reparaturen eingeteilt waren. Er sah die Listen durch und aktivierte den Interkom.
»Nachricht vom Kommandanten an Leutnant Lanson. Er soll sich umgehend in der Zentrale melden.«
*
»Er reagiert überhaupt nicht auf uns«, berichtete Leutnant Lanson eine halbe Stunde später. »Unsere Funkanrufe bleiben unbeantwortet. Dabei empfängt er sie mit ziemlicher Sicherheit. Er selbst funkt nahezu ununterbrochen.«
»Etwas Verständliches?«
»Er spricht Sayporanisch, aber der Sinn entzieht sich uns. Immer nur Sätze wie ›Ich bin der Suchende zwischen den Sternen‹ oder ›Wenn die Suche nach der Suche beginnt, wo endet die Suche?‹ und ähnliches Zeug. Aber weder auf die Standardanrufe noch auf Rückfragen zu seinen Funksprüchen hat er reagiert. Es ist, als würde er gar nicht registrieren, dass er Zuhörer hat.«
Mossi starrte auf das Bild, das ihnen von der Korvette übermittelt wurde. Die Sternengaleone war schwer beschädigt. An einer Seite trennte ein Riss die Außenhaut nahezu über die komplette Länge auf. Über die Oberfläche verteilt klafften Löcher. Eine Atmosphäre gab es im Inneren vermutlich nicht mehr. Ein Schutzschirm ließ sich nicht anmessen.
Möglicherweise hatten die Auswirkungen der Stoßfront dieses Schiff zerstört. Die Schwärzungen in einigen Bereichen der Schiffshülle konnten allerdings auch auf einen Kampf hindeuten – aber mit wem? Außerdem flogen solche Schiffe wohl kaum allein. Hätten Begleitschiffe aber nicht die wehrlosen Terraner bemerkt und sie angegriffen?
Alles in allem kam es Mossi so vor, als wäre dieses Schiff schon vor längerer Zeit von seiner Mannschaft aufgegeben worden. Als einziges lebendes Wesen war der utrofarische Steuermann zurückgeblieben. Nach welchen Maßgaben navigierte er, nachdem ihm keine Kommandos mehr zuflossen? Und warum war er ausgerechnet an diesem Ort?
»Darf ich einen Vorschlag unterbreiten?« Die Frage kam von Major Fochler. Ein Stück Biomolplast überdeckte eine Platzwunde an seiner rechten Augenbraue, und ein Beinbruch war mit Stabilisierungsplasma behandelt worden. Mossi nickte ihm zu.
»Vielleicht ist die Korvette zu klein, um von dem Utrofaren wahrgenommen zu werden«, sagte er. »Eventuell sollten wir selbst hinfliegen und versuchen, ihn auf uns aufmerksam zu machen. Die ZHENG HE kann er kaum übersehen.«
»Und warum sollten wir das tun?«
»Womöglich kann er uns helfen, einen Ort zu finden, an dem wir die Reparaturarbeiten in Ruhe abschließen können, ohne die nächste Stoßwelle fürchten zu müssen.«
Wieder gingen Mossis Finger zu dem Ring an seiner Linken. Er sah nur eine geringe Chance, dass Fochler recht hatte. Aber immerhin war es besser als gar keine Chance.
»Gut. Sobald die letzte Materialfähre eingeschleust hat, steuern wir die Galeone an.«
*
Die kleine Nebenzentrale war voll, als sie die Galeone erreichten. Die Zweite Wache war eingetroffen und übernahm die Plätze der Ersten. Viele Besatzungsmitglieder blieben dennoch im Raum, um keinen Moment der Kontaktaufnahme zu versäumen.
Major Fochler hatte die ZHENG HE dem Utrofaren nahezu unter die Nase navigiert. Nun stand er hinter Arsith, dessen Ablösung ausblieb. Nicht verwunderlich bei den längst nicht völlig geordneten Verhältnissen an Bord.
»Er reagiert nicht«, stellte der Erste Offizier fest.
»Seine letzten Sendungen abspielen.«
Eine Stimme, die zugleich auf mehreren Tonhöhen erklang, wurde hörbar.
»Der Suchende ist Augerbe. Sucht er das Auge, das ererbt er trägt? Ist Suche die Aufgabe, oder sucht er die Aufgabe? Sucht die Aufgabe ihn? Allein und ziellos, zum Ziel, dem Weg, dem Zielweg, zwischen den Sternen stromgleitend fliehend davon ... das Ziel? Sternenlichtäonen fern, verloren.«
Die Worte schlugen Mossi unwillkürlich in den Bann. Sie klangen fast wie ein abstraktes Gedicht, vermittelten gleichzeitig das Gefühl, einen tieferen Sinn zu haben, und gaben doch nichts
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