PR 2674 – Das Reich der Angst
selbst. Die Angst hatte ihn um den Verstand gebracht. Und nun traf er die falsche Entscheidung, überspannte er den Bogen.
»Daniil, nicht!«, rief ich, doch es war zu spät. Alles geschah schneller, als ich reagieren konnte.
Eine unsichtbare Kraft erfasste Daniil und wirbelte ihn hoch in die Luft. Aus den fünf anderen Flugobjekten schossen Impulsstrahlen, vereinten sich in Sekundenbruchteilen zum Punktbeschuss und knackten Veriasos Schirm.
Er war schon tot, als er auf dem Boden aufschlug.
Entgeistert starrte ich die Leiche an.
Ich spürte, wie Toufec die Hand auf meine Schulter legte, doch die beruhigende Warnung war überflüssig. Ich hatte mich im Griff.
»Es hat gewisse Vorteile, unserer Einladung zu folgen«, sagte Irriv.
Ich sah Toufec an, und er nickte. »Ja, das hat es wohl.«
Ein zweites Fluggerät fuhr eine Gangway aus. Mehr war als Einladung nicht erforderlich. Wir setzten uns in Bewegung.
Toufec!, dachte ich verzweifelt. Wenn du einen rettenden Einfall hast, eine brillante Idee, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt dafür!
Aber Toufec setzte nur einen Fuß vor den anderen, und ich folgte ihm.
Am Fuß der Gangway blieb er kurz stehen, drehte sich um. Ich tat es ihm gleich und sah aus den Augenwinkeln, dass weitere Junker wie Bless einen dritten Flugkörper verlassen hatten und die Leiche Veriasos hineinschafften.
Dann stiegen wir die Gangway empor und in das Fluggerät, und es wurde dunkel um uns.
10.
Paichander
»Wie spät ist es?«, fragte ich.
»Kurz vor fünfzehn Uhr.«
»Am vierten Dezember?«
»Noch immer«, bestätigte Toufec.
Sein Zeitgefühl war wirklich unglaublich. Manchmal fragte ich mich, ob Delorian Rhodan ihm eine innere Uhr eingebaut hatte, auf die er zurückgreifen konnte. Oder ob Menschen aus vorchristlicher Zeit eine derart andere Verbindung zur Natur und ihrer Umwelt hatten, als es bei den heutigen der Fall war.
Ich hatte schon längst jedes Zeitgefühl verloren.
Ich erhob mich und ging auf und ab. Toufec konnte nicht nur den Verlauf der Zeit beeindruckend abschätzen, auch seine Geduld war imponierend. Er hatte die Augen geschlossen und lag ganz ruhig und entspannt da. Dann und wann erhob er sich, verschaffte sich etwas Bewegung und legte sich wieder hin. Er wirkte völlig entrückt, ließ sich nicht anmerken, dass das untätige Warten ihm zu schaffen machte.
Nichts in der Welt ist schwierig. Es sind nur unsere Gedanken, welche den Dingen diesen Anschein geben.
Fünf Schritte, umdrehen, fünf Schritte, umdrehen. Groß war der Raum nicht, in den die Zofe uns vor fast einem Tag gesperrt hatte. Fünf mal fünf Meter, und er war völlig leer.
»Wir müssen etwas unternehmen«, sagte ich.
»Ja.«
»Und was?«
»Wir warten erst einmal ab«, antwortete Toufec.
Wo dieser Ort sich befand, konnte ich nicht sagen. In dem Flugzeug hatte man uns in einen kleinen, geschlossenen, dunklen Raum gesperrt. Irgendwann war das Licht wieder angegangen, und die Zofe hatte vor uns gestanden.
Und Bless. Irriv wurde ständig von dem Junker begleitet. Was für eine seltsame, archaische Bezeichnung! Ich fragte mich, welche Beziehung zwischen Zofe und Junker bestand und ob er ihr speziell zugeteilt war.
Irriv hatte uns aufgefordert, die Waffen abzugeben und die SERUNS auszuziehen. Wir hatten gehorcht. Ich bezweifelte nach Daniils Tod nicht, dass der Zofe Mittel und Wege zur Verfügung standen, ihren Willen durchzusetzen. Wir hätten vielleicht mit Waffengewalt das Flugzeug zum Absturz bringen können, doch selbst wenn wir das überlebt hätten, wären wir danach leichte Beute der anderen Flugkörper geworden.
Danach war es wieder dunkel geworden. Wir hatten knapp zwanzig Minuten ausharren müssen, dann hatte Irriv die Tür wieder geöffnet und uns durch einen unterirdischen Gang in ein Gebäude geführt. Mehrere Junker wie Bless – und Bless selbst – hatten uns in respektvollem Abstand begleitet. Dabei hielten sie schwere Waffen auf uns gerichtet.
Zweimal waren Irriv und Bless bislang gekommen, um sich nach unserem Wohlergehen zu erkundigen. Irriv hatte gefragt, ob wir etwas benötigten und was wir zu essen wünschten. Bless hatte geschwiegen. Wie immer.
Es war abstrus. Ich kam mir vor wie in einem Hotel mit gutem Service, aber kargen Zimmern. Natürlich waren wir Gefangene, aber weder Irriv und Bless noch Toufec und ich schnitten das Thema an. Die Zofe machte uns auch keinerlei Vorhaltungen, dass wir das Informationskabinett zerstört und damit der Akademie für Logistik
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