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PR 2674 – Das Reich der Angst

PR 2674 – Das Reich der Angst

Titel: PR 2674 – Das Reich der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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wurden wir von einem halben Dutzend weiterer Junker bewacht, die uns mit einigen Schritten Abstand folgten.
    Wohl kaum der ideale Moment für einen Fluchtversuch, dachte ich.
    Endlich geriet Bewegung in die Sache. Nun würden wir zumindest erfahren, was für ein Schicksal für uns vorgesehen war.
    Wir nahmen einen anderen Weg als bei unserer Inhaftierung. Irriv und Bless führten uns durch endlose, sehr großzügig geschnittene, aber fast leer stehende Räume. Wir sahen kein einziges Lebewesen, dafür aber zahlreiche Springbrunnen, Fontänen oder sonstige Wasserspiele, für die die Sayporaner eine Vorliebe zu haben schienen.
    Einmal blieb ich stehen und betrachtete einen gefrorenen Wasserfall, der ohne jeden sichtbaren Halt in der Luft schwebte, größtenteils erstarrt, aber nicht völlig. Unten lösten sich einzelne Tropfen und verdampften, schlossen sich einem Wall aus hauchdünnen Nebelschwaden an und stiegen empor, um sich oben in Eis zu verwandeln.
    Über den Sinn und Zweck dieses Gebildes konnte ich nur Vermutungen anstellen.
    Wir kamen an weiteren solcher Gegenstände vorbei, von denen ich nicht sagen konnte, ob sie technischer Herkunft, eine Maschine oder ein Kunstwerk waren, aber ich bemerkte, dass Irriv zunehmend ungeduldig wirkte. Ich ging an ihnen vorbei, ohne ihnen mehr als einen kurzen Blick zu schenken.
    Schließlich blieb Irriv vor einer Tür stehen, die sich vor ihr öffnete. Die Zofe trat zur Seite und bedeutete uns einzutreten. Sie und Bless blieben zurück, und die Tür schloss sich wieder hinter uns.
    Der Raum dahinter war nicht so groß wie die meisten anderen, die wir durchquert hatten, aber höher, fast acht Meter hoch. Und beherrscht wurde er von einem Stuhl und einer lebenden Leiche.
     
    *
     
    Ich korrigierte mich sofort. Es war kein Stuhl, sondern ein Thron. Er war knapp fünf Meter hoch und ähnelte einem längsseits aufgeschnittenen Ei, das auf dem breiten, unteren abgeflachten Ende stand. Im Dotter dieses Eis, seinem rotgoldenen, langsam pulsierenden Zentrum, war der Körper eines Sayporaners eingelassen.
    Es musste Paichander sein, der in dem Ei thronte oder, genauer gesagt, von ihm eingefasst wurde. Man sah ihm seine lange Lebenszeit auf den ersten Blick an. Ich vermutete, dass sie schon etliche Jahrtausende währen musste, was gewiss auch für einen Sayporaner ungewöhnlich war.
    Aber das war nicht das Schrecklichste an Paichander.
    Der Körper war eindeutig aus verschiedenen Organismen zusammengesetzt. Aber er war keineswegs eine wiederbelebte Leiche. Dieses Geschöpf war niemals gestorben. Es bestand nicht aus verschiedenen Körperteilen von Toten, die man aneinandergenäht und mit Stromschlägen zu neuem Leben erweckt hatte, wie es in manchen Schwarzweiß-Holo-Klassikern zu sehen war. Paichander hatte sich sein unnatürlich langes Leben auf andere Art und Weise erkauft, und es war noch immer sein erstes.
    Die Frage lautete nur, was von ihm Paichander war und was von anderen Wesen stammte.
    Auch das Gesicht war uralt und wirkte steinern, wie aus Granit. Nur einige kleine, unregelmäßige Flächen zeigten das an Perlmutt erinnernde Irisieren, das typisch für Sayporaner war.
    Die Augen waren allerdings wach und lebendig. Neugierig musterten sie zuerst mich und dann Toufec. Sie schätzten mich ein, und ich kam mir unter ihrem Blick nackt und schutzlos vor, als würde er bis in mein tiefstes Inneres vordringen.
    Paichander seufzte, und seine Brust hob und senkte sich leicht. Drei stählerne, blaugrau schimmernde Spitzen ragten handspannenweit aus ihr vor. Es hatte den Anschein, als wäre sein Körper hinterrücks von einem Dreizack aufgespießt worden.
    Mir wurde klar, dass er seinen Stuhl nicht verlassen konnte. Er war an ihn gefesselt, einer der Nachteile, die sein langes Leben mit sich brachte. Aber er musste schon vor langer Zeit die Entscheidung getroffen haben, dass die Vorzüge dieser Existenz ihre Nachteile klar überwogen.
    Er betrachtete uns eine ganze Weile. Ich stand in dem ansonsten unmöblierten Raum da und versuchte, den Blick mutig zu erwidern. Ob es mir gelang, konnte ich nicht sagen, aber ich bezweifelte es.
    »Ihr werdet mir nachsehen, dass ich mich nicht aus dem Uteral löse«, sagte er plötzlich in reinem, völlig akzentlosem Interkosmo.
    Sein Uteral! Was für ein seltsamer Begriff ... Aber ein passender. Die künstliche Gebärmutter versorgte den Körper mit allem, was er zum Überleben benötigte.
    Paichander sprach flüsternd, eindringlich. Wie ein Geist aus

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