PR 2674 – Das Reich der Angst
schweren Schaden zugefügt hatten. Das blieb wohl einem späteren Verhör vorbehalten.
Dem Verhör, auf das ich wartete. Obwohl ich es fürchtete, sehnte ich es gleichzeitig herbei. Mittlerweile kam mir alles besser vor, als in diesem merkwürdigen Kerker im eigenen Saft zu schmoren.
Zumal die Angst zu mir zurückgekehrt war. Mit dem SERUN hatte ich auch meinen Zugriff auf Medikamente verloren. Ich litt nicht unter Entzug, doch die Furcht war wieder da, und ich spürte sie von Stunde zu Stunde deutlicher.
Ging von ihr auch eine lähmende Wirkung aus? Wir waren Gefangene der Sayporaner, doch ich schien alles wie abgestumpft zu erleben. Meine Energie erschöpfte sich darin, in unserem Gefängnis wie ein Tier auf und ab zu schreiten. Ich machte mir kaum Gedanken über das, was uns bevorstand, und wenn doch, hoffte ich nur, dass es schnell vorbei sein würde.
Aber so leicht würden die Sayporaner uns nicht vom Haken lassen.
»Tot«, sagte ich. »Wir sind so gut wie tot.«
Damit hatte ich Toufecs Interesse geweckt. Er richtete sich in eine sitzende Position auf und betrachtete mich nachdenklich. »Geht es dir nicht gut?«
Ich fuhr zu ihm herum, öffnete den Mund, um ihn unfreundlich zurechtzustutzen, ihm von meiner Angst zu berichten ... und schloss ihn wieder.
Die Sayporaner beobachteten uns. Natürlich hörten sie uns ab, zeichneten wahrscheinlich all unsere Bewegungen auf. Sie würden unser Verhalten auswerten und die Analysen bei ihren Verhören hinzuziehen. Sie würden jede Schwäche ausnutzen, und mein Verhalten war eine Schwäche.
»Schon gut«, sagte ich, ging wieder auf und ab, starrte zur Tür.
»Sie müssen gleich kommen«, sagte Toufec.
»Was?«
»Die Zofe und der Bote. Wir sind jetzt seit einem Tag hier eingesperrt, und sie sind bislang alle acht Stunden gekommen, um sich nach unserem Befinden zu erkundigen. Wenn dieses Muster Bestand hat, müssten sie jeden Augenblick wieder erscheinen.«
Er kniff mehrmals ein Auge zusammen und deutete zur Tür.
Meine Gedanken waren zwar vor Angst fast gelähmt, aber ich wusste, was er mir sagen wollte. Wir werden abgehört! Lies meine Gedanken!
Meine Fähigkeit war einer der wenigen Trümpfe, die wir noch im Ärmel hatten. Die Sayporaner konnten nichts davon wissen. Das war ein Vorteil.
Aber die Furcht hatte mir schon einmal meine Fähigkeiten genommen. Wer sagte mir, dass es nicht wieder geschehen konnte? Und was wollte ich dann tun? Medikamente zur Entspannung standen mir nicht zur Verfügung. Sollte ich es vielleicht mit Meditation versuchen?
Plötzlich musste ich an das Taychour denken, das Meditationszentrum, durch das wir auf Druh eingedrungen waren. Taten sich da Zusammenhänge auf? Begaben sich die Sayporaner freiwillig in das Taychour, um dort zu lernen, mit der ewigen Angst auf diesem Planeten klarzukommen und anschließend ihren Dienst für die Akademie für Logistik anzutreten? War es eine Ausbildungsstätte für spätere Angehörige der Akademie?
Ich nahm allen Mut zusammen und drang in Toufecs Geist ein. Ganz so schlimm wie befürchtet geriet der Versuch nicht. Da war etwas, ein Gedanke, noch verschwommen, doch er wurde umso klarer, je mehr ich mich konzentrierte, je länger ich versuchte, ihn zu erfassen.
Wir werden ... versuchen ... Fluchtversuch ...
Ich atmete tief durch. Toufec war also noch immer nicht so betroffen von der Angst wie ich. Er konnte im Gegensatz zu mir weiterhin klar denken. Mir blieb nur eins übrig: Ich musste ihm vertrauen, mich an ihm orientieren.
Ich musste tun, was er tat.
Immerhin behielt er in einer Hinsicht recht. Wie er vorhergesagt hatte, öffnete sich die Tür.
*
Irriv stand in der Öffnung. Ein paar Schritte hinter ihr wartete Bless und versperrte mir die Sicht. Wahrscheinlich wurden die beiden von weiteren, schwer bewaffneten Junkern begleitet.
»Es ist so weit«, sagte die Zofe. »Paichander wünscht euch zu sehen.«
Ich schielte zu Toufec hinüber. Was würde er nun tun? Natürlich wussten wir von Chourtaird, dass Paichander der Dekan der Akademie für Logistik war, mithin der heimliche oder offene Herrscher des Weltenkranz-Systems oder sogar des sayporanischen Reichs in der Anomalie. Aber war es ratsam, Irriv das zu offenbaren?
»Paichander?«, fragte Toufec, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Wer ist Paichander?«
»Das werdet ihr bald erfahren. Bitte begleitet mich.«
Die Zofe winkte, und wir folgten ihr hinaus auf den Gang. Ich lag mit meiner Vermutung richtig: Außer von Bless
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