PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo
schön, dich überrascht zu sehen, Freund.«
»Warum hast du mir diese Informationen vorenthalten?«
»Ich sah keine Notwendigkeit, den Kriegsminister über derartige Forschungsergebnisse zu informieren.« Ein weiteres Kichern. »Selbstverständlich musste ich einigen anderen Herren des Rats Bescheid sagen und deren Expertise einholen. Cofirazi Marturia war einer von ihnen ...«
Fogga hegte Bewunderung für den Obersten. Gleich einer Spinne wob er Netze, die jedermann umfassten, jedermann einwickelten – und nur den einen Zweck hatten: ihn zu nähren.
Wörgut Gooswart hatte Mühe, seine Beherrschung zu wahren. Der Name Marturia bereitete ihm sichtlich Schmerzen, zumal der Oberste deutlich machte, dass der Ethik-Minister nach wie vor eine Rolle im Kampf um die Nachfolge des alten Oraccameo spielte.
»Wozu soll dieses Miniaturuniversum dienen?«, fragte er leise.
»Es ist nur eines von vielen.« Tion Youlder nahm die Hände von den Klangvorhängen. »Dieses da wird als Versteck genutzt werden. In ihm werden wir einen Großteil unserer Flotteneinheiten einlagern, für den Fall, dass unser Plan, das Volk in einem Geisteswesen zu binden, scheitern sollte. Ich arbeite bereits darauf hin, dass sich Piloten aus dem Zuchtvolk der Zasa um die Kontrolle der Flotte kümmern. Es gibt einige aussichtsreiche Kandidaten für diese Aufgabe.«
Der Oberste Herr redete nun von Belanglosigkeiten. Er wollte die Bilder wirken lassen, die die Schleuse zum Kalten Raum aus allen möglichen Perspektiven zeigten. Die Lichterscheinung lockte und schreckte gleichermaßen.
Fogga spürte ein unangenehmes Kribbeln im Schaumhaar. Die Oraccameo beschäftigten sich für seinen Geschmack viel zu sehr mit höherdimensionalen Phänomenen, die sich nach derzeitigem Stand nicht oder kaum kontrollieren ließen.
»Die Kuippri sind so gut wie geschlagen«, sinnierte Wörgut Gooswart. »Die Flotte kann, nachdem die letzten versprengten Einheiten aufgebracht sind, durchaus um etwa achtzig Prozent reduziert werden.«
»So ist es. Das Kriegsministerium gilt als viel zu aufgebläht und viel zu gut ausgerüstet. Selbst ein Zehntel der verfügbaren Einheiten würde reichen, um die Kontrolle über unser Reich zu bewahren, nun, da es keinen greifbaren Feind mehr gibt. Der Kriegsminister verfügt über zu viel Macht ...«
»Ist es das, worauf du hinaus möchtest, Oberster? Du möchtest mir das Fundament meiner Gefolgschaft wegnehmen?«
»Nun – das ist ein angenehmer Nebeneffekt meines Ausweichplans. Aber du solltest dich nicht zu wichtig nehmen, Wörgut. Ich finde dich witzig, dich und deinen kleinen Schaumkopf, der all die Ideen für dich ersinnt und dich dazu bringt, sie haargenau auszuführen.«
Blicke trafen Fogga. Solche, die ihm Schmerzen bereiteten. Er fühlte sich durchschaut, fühlte sich verletzt. Der alte Oraccameo – er wusste die Winde zu deuten, und er hatte längst herausgefunden, wer von ihnen beiden das Sagen hatte.
Er verbeugte sich und heuchelte Demut. Sein Herz schlug rasch, sein Schaumhaar bewegte sich unruhig. Dies war jene Krise, mit der er gerechnet hatte. Die der Held in jedem guten Schauspiel zu überwinden hatte, wollte er sein Ziel erreichen. An dieser Stelle sollte dramatisch klingende Musik einsetzen, und er musste weit über sich selbst hinauswachsen.
Aber wie?
Fogga fühlte bloß Verzweiflung – und Angst. Er und Gooswart waren dem Obersten an Bord der Hochsicherheitstonne ausgeliefert.
Selbstverständlich hatte er einen Plan parat – doch konnte er ihn auch ausführen? Schließlich saß Tion Youlder an seinem Befehlspult, und es bedurfte nur weniger Handgriffe, um ihm und seinem Halter den Garaus zu machen.
»Ich brauche euch beide noch«, sagte der alte Mann. »So lange, bis alle Vorbereitungen getroffen sind. Ihr werdet gute Miene zum bösen Spiel machen. Und damit ihr nicht auf dumme Gedanken kommt, werden euch in Zukunft einige meiner Lieblingstierchen begleiten.«
Er deutete auf die Falciden. Die Tiere hatten sich allesamt erhoben. Ihre Hinterläufe waren weit gespreizt und zitterten heftig. Die dornigen Schweife peitschten durch die Luft.
»Sie spüren Lügen, und sie haben ganz genaue Anweisungen von mir erhalten, was zu tun ist, solltet ihr auf die Gedanken kommen, mich zu hintergehen.«
Die Falciden ... Einerseits waren sie ein wichtiges Machtmittel des Obersten, andererseits seine Schwachstelle.
»Ich verstehe immer noch nicht, was du von uns willst«, sagte Wörgut Gooswart. »Du bist zu alt, um die
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