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PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

Titel: PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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wie geplant; sie ließen von den Leichnamen ihrer Artgenossen ab.
    Zwei von ihnen legten sich still auf den Boden. Das Dritte stieg auf das Instrumentenpult und betätigte, von Fogga geleitet, die Desaktivierung des Schutzschirms. Das gelbe Leuchten erlosch.
    Er trat ins eigentliche Innere der Hochsicherheitstonne und stieg achtlos über den toten Obersten hinweg. Das Holo zeigte die nach wie vor tobende Schlacht. Sie waren mittlerweile vom Ort des Geschehens abgedriftet.
    Die Kuippri interessierten sich nicht für sie.
    Die Tonne war für ihre Gegner bloß ein Aspekt der Schlacht. Sie wirkte zu unbedeutend, um Aufmerksamkeit zu erregen, und wurde nun in Ruhe gelassen. Der ganze Zorn der Sporenwesen galt den Kampfeinheiten der Oraccameo, die sich erbittert ihrer Haut erwehrten und offenbar noch immer nicht wussten, dass die Hochsicherheitstonne, das wichtigste Schiff in Chalkada, in ihrer unmittelbaren Nähe dahintrieb.
    »Kampfanalyse!«, verlangte Fogga.
    »Du bist nicht berechtigt, mir Befehle zu geben«, entgegnete der Rechner. Die Stimme klang verwirrt.
    »Tion Youlder fiel einem bedauernswerten Unfall zum Opfer. Die Falciden waren offenbar von den Kampfhandlungen verwirrt und töteten ihren eigenen Herrn. Ich verlange, dass du, solange Wörgut Gooswart seinen Schock noch nicht überwunden hat, meinen Anweisungen gehorchst.«
    Eine ungewöhnlich lange Pause entstand. »Ich verstehe«, sagte das Schiffshirn dann. »Kampfanalyse wird ausgeführt.«
    Bilder entstanden im Holo. Sie zeigten, wie sich das Schlachtenglück immer mehr zugunsten der Kuippri neigte. Sie würden die Einheiten der Oraccameo völlig aufreiben. Auch die ZACKENGUT war dem Untergang geweiht.
    »Wir flüchten!«, befahl Maran Dana Fogga. »Der Kriegsminister muss unter allen Umständen in Sicherheit gebracht werden.«
    Die Hochsicherheitstonne bestätigte. Ein leichter Ruck bewies, dass auch die Schiffsaggregate Schäden davongetragen hatten und nicht reibungslos anliefen. Sie beschleunigten, und nach einer Ewigkeit zwischen Bangen und Hoffen tauchten sie in den Hyperraum.
    Wörgut Gooswart schob die Kapuze weit zurück. Seine Stirn war schweißbedeckt, die Finger zitterten.
    »Was hast du getan, Fogga?«, fragte er, kaum hörbar.
    »Das, was notwendig war.« Er nickte ihm zu. »Wenn du dich nun nicht allzu dumm anstellst, Halter, bist du der nächste Oberste Herr der Oraccameo.«
    Er beugte den Kopf und ließ amüsiert einige Blasen aus dem Schaumhaar steigen.

4.
    Vierter Akt
     
    Wieder war der Ratssaal von Ora bis auf den letzten Platz gefüllt. Die »Ode an den Verlust« wurde in einer präsensualen Version vorgetragen; die beiden Künstler gingen völlig in ihren Rollen als Pro und Kontra auf, und selbst die hartherzigsten Oraccameo konnten sich der Wirkung dieses ganz besonderen Schauspiels nicht entziehen.
    Der Leichnam Tion Youlders wurde den alten Traditionen entsprechend enthäutet und sein Leib in ein Schauglas geschoben, das während der nächsten zehn Jahre von einer Welt zur nächsten transportiert werden würde. Die Haut hingegen wurde in eine konservierende Flüssigkeit gelegt und anschließend von den Meisterschneidern des Reiches mit der von Youlders Vorgängern vernäht. Das Tuch, mittlerweile so groß, dass die Rolle nicht einmal von drei ausgewachsenen Oraccameo mit ausgestreckten Armen umklammert werden konnte, würde in der Schatzkammer Oras landen, um dort zu verstauben.
    »Es ist ein Tag der Trauer für uns alle«, begann Wörgut Gooswart seine Rede. »Tion Youlder war uns Vater, war uns Vorbild, war uns Leitfigur. Er führte uns durch schwere Zeiten, und er sorgte dafür, dass die massive Bedrohung unserer geliebten Heimat durch die Kuippri so gut wie beseitigt werden konnte. – Was für eine Ironie des Schicksals ist es, dass ihm ausgerechnet ein versprengter Haufen dieser erbarmungslosen Feinde zum Schicksal wurde!«
    Gooswart senkte den Kopf und fuhr mit trauriger Stimme fort: »Die ihm sonst so zugetanen Falciden fielen in einen Blutrausch, als sie mit ihren seltsamen Instinkten die Bedrohung fühlten. Sie beendeten das Leben eines Mannes, der noch viele gute Jahre vor sich hatte.«
    Er machte seine Sache besser als erwartet, musste Maran Dana Fogga seinem Halter zugestehen. Er vermochte die Trauer, die er ganz gewiss nicht fühlte, glaubhaft erscheinen zu lassen.
    »Wer wird in die Fußstapfen dieses großartigen Obersten Herrn treten? Wer ist in der Lage, das Volk der Oraccameo durch zukünftige Stürme zu

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