Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo

Titel: PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
Vom Netzwerk:
Sicherheitstonne geblieben war. Da ging er, vollständig von Alterswarzen bedeckt, hinfällig wirkend und von einer Aura umgeben, deren Wirkung sich selbst Fogga nicht entziehen konnte.
    Alle Räte, Honoratioren und Zuseher standen auf und beugten das Haupt. Sie sahen zu, wie sich der alte Mann auf die Kanzel zubewegte. Er passierte Foggas Sitzreihe, warf ihm einen verstohlenen Blick zu, ging dann weiter.
    Fogga streichelte einen der Falciden. Das Wächtertier sträubte das Fell und gab einen knurrenden Laut von sich, ließ die Berührung aber geschehen. Dann waren der Oberste und sein Geleit vorbei, begleitet von Geflüster und einer seltsamen Unruhe.
    Tion Youlder quälte sich die wenigen Stufen zur Kanzel hoch, legte Wörgut Gooswart eine Hand auf die Schulter und bat ihn dann, beiseitezutreten.
    Er wartete, bis es so ruhig war, dass nur noch das leise Windsäuseln der Klimaregulierung zu hören war. Dann sagte er: »Ich stehe hier, in aller Demut, als oberster Diener des Volkes der Oraccameo.«
    Er atmete tief durch, in seiner Lunge rasselte es gut hörbar. »Uns stehen schwere Zeiten bevor. Der Krieg gegen die Kuippri ist längst nicht gewonnen, und es gibt neue, hochstrebende Völkergemeinschaften, die uns den Platz im Wind streitig machen wollen.«
    Eine weitere Unterbrechung, ein Husten.
    »Chalkada, unsere Heimat, ist ein Boden, der nur sehr schwer zu beackern ist, und wir tun gut daran, möglichst weit vorauszublicken. Um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, um jetzt schon Gefahren der Zukunft entgegenwirken zu können.«
    Pause, angestrengtes Atmen.
    »Es wurden unter Opfern Voraussetzungen geschaffen, um den Wissens- und Handlungsvorsprung der Oraccameo für alle Zeiten zu bewahren. Opfer, die wir nicht wegdiskutieren können, deren Zahl aber bei Weitem nicht so dramatisch hoch ist, wie sie ein Kollege des Ministerrats darstellen möchte.«
    Die Lüge ging Tion Youlder leicht von den Lippen, der Name Cofirazi Marturia blieb unerwähnt. Sehr gut. Ihr Gegner sollte diese Genugtuung nicht erhalten; auch wenn alle Versammelten ganz genau wussten, um wen es sich handelte.
    »Niemand, der im Dienste und in getreuer Pflichterfüllung sterben musste, wird jemals vergessen werden. Wir werden ihrer gedenken. Denn sie bereiten uns den Weg in die Unsterblichkeit.« Ein Husten, angestrengter als nötig. »Ich bin womöglich schon zu alt, um diesen Weg gehen zu können. Doch ich bin überzeugt davon, dass er der einzig Richtige ist – und ich bitte euch, mir und meinem ... Freund Wörgut zu vertrauen. Unterstützt uns! Lasst euch von Argumenten überzeugen, die wir in den nächsten Tagen vorbringen werden.«
    Oh ja, die Argumente. Sie bestanden größtenteils aus Bestechungsgeldern, Drohungen und Erpressungsgebärden. Doch im Augenblick kam es bloß drauf an, möglichst wirkungsvoll zu lügen, Stimmung zu machen, einen Schein aufrechtzuerhalten und Bilder zu erzeugen, die irgendwann einmal einer breiteren Öffentlichkeit vorgeführt werden würden.
    Tion Youlder verbeugte sich und blieb eine Weile in dieser Position. Der große alte Mann der Politik, ein unbeugsamer Charakter, von vielen geachtet und von noch mehr Oraccameo gefürchtet, übte sich in Demut. Es war eine Geste, die niemand erwartet hätte und die weit mehr Wirkung erzielte als seine Worte.
    Die Minister zogen ihre Kapuzen herab, einer nach dem anderen, und machten wellenförmige Handbewegungen. Sie fächelten Youlder Luft zu, als Geste größter Hochachtung.
    Fogga beteiligte sich ebenfalls an dem Schauspiel und ließ einige Gedankenblasen hochblubbern. Sein Plan ging auf, die weitere Erforschung der bewusstseinssammelnden Kollektoren würde ab nun unter weitaus besseren Bedingungen geschehen können. Und die Basis für das Gelingen eines weiteren Teiles seines Meisterstücks war somit gelegt.
     
    *
     
    Maran Dana Fogga beobachtete Tion Youlder. Seine Bewegungen wirkten unkoordiniert, die Hände zitterten, und die Alterswarzen brachten mit sich, dass er sich kaum noch ohne Schmerzen zu rühren vermochte.
    Der Auftritt vor dem Rat war ein einmaliges Ereignis geblieben. Seitdem hielt er sich wieder rund um die Uhr in der Sicherheitstonne auf, bewacht von den Falciden. Er beäugte seine Besucher mit dem üblichen Misstrauen
    »Es ist schön, dich wiederzusehen, Oberster Herr«, sagte Wörgut Gooswart. Fogga grüßte mit wesentlich mehr Ehrerbietung, wie es von jemandem erwartet wurde, der nicht dem Volk der Oraccameo angehörte.
    »Es gibt

Weitere Kostenlose Bücher