PR 2678 – Das Windspiel der Oraccameo
leiten und zu begleiten?«
Er seufzte. »Es wurde die Bitte an mich herangetragen, dieses schwierige Amt zu übernehmen. Ich zögere. Die Bürde dieses Amtes würde schwer auf mir lasten, womöglich zu schwer.«
Er spielte über das Tuch jener Vorhänge, die links und rechts vom Podium gespannt waren und im leichten Zug flatterten. »Ich werde nachdenken. In mich gehen. Mich mit Freunden besprechen und dann eine Entscheidung treffen.«
Er schauderte im Wind, so wie besprochen und Dutzende Male geübt, und er wirkte völlig überzeugend in seiner Trauer, von der Last der Aufgabe gebeugt, die auf ihn wartete.
Mit den traditionellen Grußworten verabschiedete er sich, verbeugte sich vor dem enthäuteten Leib seines Vorgängers und verließ dann den Saal, mit Maran Dana Fogga im Gefolge. Das Licht mehrerer Schwebescheinwerfer ruhte auf ihnen, es war mucksmäuschenstill geworden. Selbst der Ethik-Minister Marturia gab sich beeindruckt vom Auftritt Gooswarts.
Draußen angekommen, wichen sie in eine kleine Kammer aus, von Wächtern abgeschirmt, vorbei an den ungezählten Oraccameo, die sich versammelt hatten und ihnen laut zujubelten. Gooswarts Anhänger hatten sich unters Volk gemischt und machten Stimmung. Alles lief nach Plan. Nach seinem, Foggas Plan.
Kamera- und Scheinwerferdrohnen blieben zurück, das Tor zur Kammer schloss sich. Wörgut Gooswart ließ sich auf einen Stuhl fallen. Roboter erwachten aus ihrer Stasis und kümmerten sich um ihn. Sie versorgten ihn mit einem kargen Mahl und wischten ihm Schminke aus dem Gesicht. Darunter kamen einige Verfärbungen zum Vorschein, die Vorstufen zu Alterswarzen.
»Das war ausgezeichnet, Halter.«
»Ich weiß.« Gooswart wischte sich mit einer fahrigen Bewegung Schweiß von der Stirn. »Ich bin so gut wie gewählt. Wir brauchen bloß noch einen Vorwand, um Marturia ausschalten zu können.«
»Dafür ist gesorgt, Halter.« Fogga pflückte eine seiner Denkblasen vom Kopf und betrachtete sie sinnend. »Morgen wird man im Luftheim des Ethik-Ministers Beweise dafür entdecken, dass er ein Komplott gegen dich plant.«
Gooswart sah ihn ungläubig an. »Ich unterschätze dich immer wieder, Fogga. Du scheinst auf jede Eventualität vorbereitet zu sein.«
»Ja, das bin ich.«
Und zwar noch viel mehr, als du ahnst, Halter.
*
Es verlief alles wie geplant. In einem Geheimversteck unter dem Schlaflager des Ethik-Ministers wurden von seiner Liebhaberin, die Fogga vor geraumer Zeit installiert hatte, belastende Unterlagen gefunden.
Marturia und fünf seiner engsten Mitarbeiter, allesamt unliebsame Zeitgenossen, wurden als Initiatoren eines Komplotts entlarvt, das Wörgut Gooswart zum Ziel hatte.
Es erwarteten sie Gerichtsverhandlungen, die wohl mit Verbannung oder gar mit der Todesstrafe enden würden. Doch Marturias Ende kam viel rascher und für einige Eingeweihte nicht sonderlich überraschend. Als er bei der Überführung in die Windlose Haft die Nerven verlor, einen Wächter niederschlug und die Flucht wagte, traf ihn im darauffolgenden Durcheinander ein tödlicher Schuss in den Rücken.
»Was für ein bedauerliches Ende für einen großen Oraccameo«, sagte Gooswart zynisch. »Aber ich denke nicht, dass es für ihn ein sonderlich großes Begräbnis geben wird.«
»Ganz gewiss nicht«, gab Maran Dana Fogga seinem Halter recht. »Für dich ist nun der Weg an die Spitze geebnet. Du solltest die Zeit nutzen, die dir zur Verfügung steht.«
»Das werde ich, Fogga, das werde ich. Und ich hoffe, dass du mir weiterhin zur Verfügung stehst. Ich wüsste nicht, was ich ohne dich anfangen sollte.«
»Ich bin immer für dich da, Halter. Wenn ich dir nun vorschlagen darf, wie du die Rede zu deinem Amtsantritt gestalten solltest ...«
Wörgut Gooswart horchte aufmerksam zu, und er wiederholte jedes seiner Worte, als wäre er eine willenlose Puppe.
*
Jahre vergingen. Sie waren angefüllt mit Arbeit und noch mehr Arbeit.
Tion Youlder war schnell vergessen, denn der neue Oberste Herr erzielte rasch größere Erfolge als sein Vorgänger.
Die weit verstreuten Kampfverbände der Kuippri wurden in weitere Schlachten getrieben, die die Flotten der Oraccameo dank der überragenden Fähigkeiten der Zasa-Piloten meist für sich entschieden. Die Sporenwesen waren zäh, und dank ihres ungemein kurzen Vermehrungszyklus wuchsen immer wieder neue Generationen dieser fürchterlichen Kämpfer heran.
Immer, wenn man glaubte, sie endgültig in die Knie gezwungen zu haben,
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