PR 2680 – Aufbruch der Unharmonischen
einer fürchterlichen Fratze, die irgendwann zerriss. Das Gesicht flog in Fetzen auseinander.
Carmydea fuhr auf, aber nicht durch den Albtraum, sondern weil das schrille Signal aus der Zentrale sie erschreckte.
»Wir sind angekommen!«
Pronk Trazyn drehte sich ihr schlaftrunken zu. »Das ist nur möglich, wenn die KROURE die Koordinaten direkt angeflogen hat.«
Carmydea stand schon an der Konsole des Zimmers und rief die Daten auf. Die Walze stand am Rand eines Sonnensystems mit sechs Planeten. Der zweite war bewohnt, daran ließ der überquellende Funkverkehr keinen Zweifel.
»Eine Welt von Harmonischen wie meistens«, sagte die Lirbal. »Ich kann keine Spuren von Jyrescabat erkennen.«
Das Misstrauen in ihr wurde stärker. Erst hatte es sich nur ganz leise in ihr Bewusstsein geschlichen. Zugegeben, die Flucht von der Wachtwelt entsprach ihrem Sicherheitsdenken und dem ihres Stellvertreters. Der nächste Gedanke hatte es auf eine persönliche Ebene gehoben, und das war nicht gut. Draupadi hatte wegen ihr evakuiert. Er wusste von ihrem Zusammentreffen mit Vedikk und wohl auch ihrer Gefangennahme durch Craton. Merveres Draupadi konnte nicht anders handeln.
Und doch ging dabei so viel kaputt: das gegenseitige Vertrauen, das Gefühl, sich auf den anderen blind verlassen zu können.
Von Pronk Trazyn wusste sie, dass es in solchen Fällen nie wieder ein Zurück zum alten Status gab. Es würde anders sein und nie genau so wie zuvor.
Trazyn trat neben sie. Er legte einen Arm um sie wie so oft, wenn sie allein waren. Sie ließ es ihn nicht spüren, aber diesmal war es ihr unangenehm.
»Wir sind nicht am Ziel«, stimmte er ihr zu. »Keiner dieser Planeten ist Jyrescabat.«
Die Einheimischen brauchten sie erst gar nicht zu fragen. Wenn sie etwas gewusst hätten, wären bestimmte Begriffe wie »fliegender Palast« im Funkverkehr vorgekommen. Carmydea schloss ihre Kombination und ging zur Tür.
Ohne sich umzusehen, ging sie hinaus. Sie wollte allein mit sich sein auf diesem Weg von der Kabine zur Kommandozentrale.
Der Kommandant und die Offiziere schienen sie schon erwartet zu haben.
»Wir werden getäuscht«, stellte Carmydea Yukk fest. »Das ist nicht das Jyrescabat-System.«
Die Masken blieben unnatürlich starr. Keiner der Unharmonischen wagte es, auch nur eine Gemütsregung zu zeigen, die sie hätte interpretieren können.
Auf dem Orterschirm zeigten sich fünf Reflexe. Sie tauchten aus der Sonnenkorona auf und überwanden den interplanetaren Leerraum in schnellem Intermitterflug. Sie umzingelten die KROURE, die antriebslos durch das All glitt.
Auf dem Bildschirm tauchte die Maske Draupadis auf, deren einzelne Segmente sich hektisch gegeneinander bewegten.
»Da bist du endlich!«, stieß er hervor. »Ein Glück, dass du nicht mehr in diesem Schiff der Harmonischen fliegst. Es hätte nicht viel gefehlt, und du hättest Craton Yukk nach Jyrescabat geführt.«
»Du glaubst hoffentlich nicht an das, was du sagst.« Mehr fiel ihr als Antwort nicht ein.
»Leugnest du, eine Verräterin zu sein und mit deinem Bruder zu kollaborieren?«
Carmydea Yukk beherrschte sich nur mühsam. »Dass ich in der DRUSALAI war, ist kein Geheimnis. Es rechtfertigt nicht diesen Verdacht. Wenn du mir Beweise lieferst, ist es gut. Aber beeil dich. Es ist leicht, über Funk Vorwürfe zu machen, ohne von Maske zu Maske sprechen zu müssen.«
Das saß.
*
Er kam allein und ohne Waffe. In der KROURE erwarteten ihn Unharmonische seines Vertrauens. Sie empfingen ihn freundlich und zuvorkommend, aber keiner der Offiziere erhob seine Stimme gegen Carmydea.
»Die KROURE führt Daten mit, die von den Untersuchungen in der GARRAN stammen«, sagte Carmydea anstelle einer Begrüßung. »Sie wurden von Unharmonischen in Gegenwart von Harmonischen durchgeführt. Du kannst sie ignorieren, weil du ihnen misstraust. Du kannst sie dir aber auch ansehen und dir deinen Teil dabei denken. Für den Fall, dass wir uns schon einmal begegnet sind und uns kennen, natürlich hätte ich Craton nicht nach Jyrescabat geführt, wo immer das ist.«
Am flackernden Blick seiner Augen erkannte sie, wie sehr ihn ihre Worte aufwühlten. Natürlich kannten sie sich nach so langer Zeit, als hätten sie ihr ganzes Leben zusammen verbracht. Sie vertraten dieselben Ziele und hatten meist dieselben Ansichten. Einen besseren Stellvertreter hätte Carmydea sich nicht wünschen können.
»Im Übrigen«, fuhr sie fort, »hast du unsere volle Unterstützung. Verfahre,
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