Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2681 – Welt aus Hass

PR 2681 – Welt aus Hass

Titel: PR 2681 – Welt aus Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
Vom Netzwerk:
zusteht; jene lichte Höhe, aus der ich stamme und von der man mich stieß in meuchlerischer Absicht.
    Da ich nicht sterben kann, starb ich nicht und wurde auch nicht wiedergeboren. Da ich nicht lebe, kann ich weder altern noch ermüden, weder einschlafen noch wieder erwachen.
    Warum dann trotzdem die zyklischen Schwankungen, der rhythmische Wechsel von Schwund und Neubeginn? Ich verstehe es nicht, und auch deswegen hasse ich es zutiefst.
    Mit mir selbst zu hadern, dafür besteht kein Anlass. Mir habe ich nichts vorzuwerfen, keiner einzigen meiner Varianten.
    Was ich geleistet habe, jedes meiner temporären Ichs, aus eigener Kraft; was hier entstanden ist, von wenig mehr als Null zu weltumspannender Glorie – das nimmt mir niemand weg. Allein, es genügt noch nicht.
    Die Ressourcen, die ich mir erobert habe und immer wieder aufs Neue erobere, sind zu beschränkt. Den Planeten habe ich mir untertan gemacht; jedoch hinaus zu greifen in die Weiten des Alls, ist mir verwehrt.
    Schiffe zu erzeugen, die den Abgrund zwischen den Sternen überwinden, würde mich nicht übermäßige Anstrengungen kosten. Aber gewöhnliche Vehikel nutzen mir wenig.
    Ich könnte nur einzelne Ableger ausschicken, nicht die Gesamtheit, welche auf die materiellen Anker angewiesen ist. Sie mitzunehmen hieße nichts weniger, als diese ganze Welt zu bewegen.
    So weit bin ich noch nicht. Der Gedanke, vielleicht nie dorthin zu gelangen, macht mich rasend.
    Aber der Magnetismus, der mich angezogen, an diesen Ort gebracht und den Neubeginn ermöglicht hat, ist entweder weitgehend ausgereizt oder für mich unerreichbar. Wenn überhaupt, wird es sehr, sehr lange dauern, bis ich mitsamt meinem Hort reisen kann, und jede Reduktion wäre fatal.
    Die Zeit der Aufspaltung ist vorbei und darf nicht wiederkehren. Einzelne könnten gegen den Erzfeind nicht bestehen.
    So bin ich viele und doch zu wenig, absoluter Monarch und zugleich Gefangener in meinem Reich. Oftmals tobe ich in Anbetracht dieses Dilemmas.
    Mit Mühe zügle ich meine Wut. Nicht immer gelingt es mir sofort.
    Meinen Hass, schärfe ich mir ein – jedem frischen Ich –, all meinen Hass muss ich mir aufsparen für die Widersacher. Für die finale Schlacht, den ultimaten Triumph, wenn ich dereinst Rache nehme an den feigen Verrätern.
     
    *
     
    Bis dahin muss ich mich in Geduld fassen, wie schwer es mir auch fällt, und meine Existenz geheim halten.
    Ich könnte meine Stimme erheben, mein Wort erschallen lassen über Tausende von Lichtjahren hinweg. Oh ja, die Mittel besäße ich.
    Jedoch darf ich keine Aufmerksamkeit erregen, kein Unheil anlocken. Der Feind ist mächtig, mir vierfach überlegen.
    Erführe er von mir, und dass er mich nicht vollkommen vernichtet hat, und spürte mich gar auf, bevor ich ausreichend gerüstet bin, wäre dies mein Untergang. Ein weiteres Mal käme ich gewiss nicht davon. Man würde mich nicht wieder meinem Schicksal überlassen, sondern restlos ausmerzen.
    Dies ist meine letzte Chance.
    Sei geduldig, schärfe ich mir ein. Wachse. Warte. In Wahrheit bist du jung, liegt deine Erstentstehung auch noch so lang zurück.
    Ich muss keine Eile haben, sage ich mir. Die Ebenbilder, die ich aus mir erschaffen habe, um nicht vor Einsamkeit dem Wahnsinn anheimzufallen, pflichten mir bei.
    »Wir warten mit dir, Meister. Im Strahlkranz deiner Huld, gebadet warm in deinem Hass.«
    So ist es recht.
     
    *
     
    Impulse verstreichen.
    Schwingungen verfeinern sich mit jedem An- und Abschwellen der Gezeiten. Ich wachse, sehr langsam, aber stetig. Jeder Wiedergewinn meines Bewusstseins bringt einen minimalen Zuwachs an Umsicht und Durchtriebenheit.
    Die Ära des Hinterhalts gestaltet sich unspektakulärer als jene der Kriege, weshalb mein Langmut auf harte Proben gestellt wird. Die Ebenbilder kritisieren keine meiner Anordnungen; dies stünde ihnen nicht zu. Umso häufiger zweifle ich selbst an der Zielgerichtetheit unseres Tuns.
    Andererseits erkenne ich bei jedem neuen Überdenken meiner Situation, dass die am meisten versprechende Option darin besteht, einen Hinterhalt zu legen. Dieweil ich die magnetischen Ressourcen behutsam ausbeute und beharrlich den langfristigen Plan verfolge, wappne ich mich gleichzeitig für den Fall, dass unverhofft Entlastung von außerhalb käme.
    So unwahrscheinlich ist das nicht.
    Die Errichter der kybernetischen Komplexe, in denen ich wandle und die ich dabei wandle, könnten zurückkehren, um Nachschau zu halten. Oder Dritte entwickeln ein Interesse an

Weitere Kostenlose Bücher