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PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock

Titel: PR 2685 – Der ARCHITEM-Schock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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verfolgte er ihre Flugbahn.
    Das Geschoss erreichte den Schacht und detonierte in einem für Dosanthi-Augen schmerzhaft grellen Blitz. Die Anzeigen im Visier verschwanden kurzzeitig, kehrten aber flackernd zurück.
    »Granate lag exakt im Ziel!«, gab Sintan Trok über Funk weiter. »Wir greifen an!«
    Ihre Anzüge waren gegen den starken elektromagnetischen Impuls der Granate weitgehend geschützt. Die Positroniken des terranischen Forts würden größere Probleme mit der zerstörerischen Strahlung haben. Das verschaffte den Dosanthi schätzungsweise eine halbe Minute Zeit, im günstigsten Fall sogar eine Minute, um in das Fort einzudringen.
    Sintan Trok und seine vierundzwanzig Krieger sprangen paarweise in den Schacht. Kein Schutzschirm hielt sie auf.
    Trok studierte die Ortungseinblendungen. Schwache blaue Linien zeichneten die Ebenen und Gänge der Bastion nach. Dazwischen bewegten sich die rötlichen Zielmarkierungen der Bioscanner.
    »Es ist so weit«, rief er kehlig. »Zeit für Ogokoamo!«
    »Okená!«, kam es heiser zurück.
    Trok war sicher, die Ausdünstung der gespiegelten Angst, das Ogokoamo, würde die überraschten Terraner ohne großen Widerstand in die Flucht treiben. Es war fast zu einfach, sie zu besiegen.
    Sein Anzug ordnete jede von dem Schacht wegführende Ebene zwei Kriegern zu. Alle anderen würden bis zur untersten Ebene fliegen und den Hauptmannschaftsraum einnehmen.
    Gemeinsam mit Kana Misan übernahm er die achte Ebene. Nebeneinander landeten sie auf dem Ringgang und stürmten in den Innenraum.
    Gleißendes Licht erwartete sie, wurde aber von den Helmvisieren schnell genug abgedunkelt.
    Vier Terraner saßen an einem Tisch, in ein Spiel mit Karten vertieft. Ein fünfter stand vor einem Holoschirm und kratzte sich am Kopf. Trok konnte nicht erkennen, was in dem Holo zu sehen war, denn nahezu zeitgleich sprangen die am Tisch Sitzenden auf und wandten sich gegen die beiden Eindringlinge.
    Sintan Troks Zorn explodierte geradezu. Das Calanda, mit dem er sich in den vorangegangenen Tagen unersättlich vollgesogen hatte, brach sich ungestüm Bahn. Die darin verborgene Kraft überraschte sogar ihn selbst.
    Endlich ist es so weit. Nach all dem Warten.
    Kana Misan und er verströmten das Ogokoamo, den dosanthischen Angstdunst.
    Die fünf Terraner schrien gellend auf. In wilder Hast eilten sie davon, stürzten dabei jedoch über ihre eigenen Füße. Kaum hatten sie sich aufgerafft, hetzten sie voll Panik weiter. Auf die Wand vor ihnen achteten sie nicht, schrien allerdings lauter als zuvor, als sie gegen das Hindernis prallten und zurückgeschleudert wurden. Als hätten sie den Verstand verloren, warfen sie sich trotzdem sofort wieder gegen die Wand. Das Ergebnis war nicht anders als zuvor.
    Kana Misan lachte heiser und triumphierend.

4.
     
    Ihr war nach Schreien zumute.
    Henrike Ybarri wusste, dass ihr einen solchen Ausbruch niemand zutraute. Das an sich hätte sie nie gestört – was sie ärgerte, war nur: Sie selbst traute es sich ebenfalls nicht zu.
    Sie saß an ihrem Arbeitstisch, ganz vorn auf der Kante des Sessels, und beide Hände verkrampften sich um die vordere Rundung der Armlehnen. Sie war Anspannung pur, bereit, in der nächsten Sekunde aufzuspringen und ...
    ... ihren Zorn und ihre Verzweiflung hinauszubrüllen?
    Sie wusste, dass ihr das nicht helfen würde. Andererseits: Die Geschichte war noch nicht zu Ende. Sie konnte nicht zu Ende sein.
    »Gibt es ... ein Lebenszeichen von Reginald Bull?«
    Das Sprechen tat weh. Leise, fand sie, klang ihre Stimme. Nicht gerade das, was sie von sich selbst erwartete, aber, wenn sie ehrlich zu sich selbst war, passend zu einhundertsechzig Zentimetern Lebendgröße.
    »Und wennschon«, hauchte sie und schluckte krampfhaft. »Die Geschichte kennt viele kleine Menschen ... sie haben Großes ...« Ein neuerlicher Hustenreiz quälte sie. »... Großes vollbracht!«, stieß sie gleich darauf hervor.
    Zögernd, als schreckte sie davor zurück, den Halt aufzugeben, löste sie die rechte Hand von der Lehne. Mit dem Arm wischte sie über die hässlichen nassen Tropfen auf der gläsernen Arbeitsplatte.
    Tränen.
    Sie hatte nicht nur geweint, sondern hemmungslos geschluchzt, als die Spenta den Psi-Korpus der toten Superintelligenz ARCHETIM aus der Sonne herausgerissen hatten.
    Vorübergehend hatte sie geglaubt, sie spürte die Seele des Solsystems. Und nun? Nichts mehr. Das Gefühl, das so schlagartig über sie gekommen war, war wieder ausgelöscht. Nur ein

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