PR 2690 – Der fünfte Akt
Erbarmen!«
BOTE, scharf: »Ihr solltet Uns besser zuhören, Königstochter. Unser Herz hört nicht mehr auf Euch. Und Unser Verstand sagt Uns, dass dieses Exempel für Unsere Herren nur von Vorteil ist. Euer kleines Reich kann nicht früh genug erfahren, was geschieht, wenn man die Hohen Mächte hintergehen will!«
(Die Prinzessin ergreift den Weinkrug, um ihn als Waffe zu verwenden.)
BOTE, den Krug ignorierend: »Wir wollen Euch übrigens noch ein Geheimnis verraten: Der Vertrag, den Ihr gesucht habt, steckt nach wie vor in Unserer Tasche. Seht Ihr? (Er greift in die Tasche und zeigt ihr den Vertrag, an dem das Siegel des Königs prangt.) Nur Wir können ihn hervorholen. Wie Wir die Einzigen sind, die dieses gute Stück in der Tasche finden.«
(Er steckt den Vertrag zurück und zieht dafür einen Dolch heraus. Die Prinzessin versucht, ihn mit dem Krug zu treffen. Aber der Bote weicht ihr mühelos aus, überwältigt sie und ergreift ihr Kinn.)
PRINZESSIN: »Haltet ein!«
BOTE: »Sprecht nur weiter! Dann ist es einfacher für Uns, der lügnerischen Zunge habhaft zu werden!«
(Der Hofnarr und der Kanzler stürmen herein.)
HOFNARR: »Lass die Prinzessin los, du Scheusal!«
(Der Hofnarr wirft sich auf den Boten, doch dieser schüttelt ihn mühelos ab.)
BOTE: »Du tust deinem Stande viel Ehre an! Nur ein Narr kann denken, dass er gegen Uns eine Chance hätte.«
KANZLER: »Dafür muss man kein Narr sein!«
(Der Kanzler zieht seinen Dolch und stürzt sich auf den Boten. Während die beiden miteinander kämpfen, rappelt sich der Narr auf und bringt die Prinzessin aus der Reichweite des Boten.)
KANZLER: »Du hast alles zerstört. Dafür wirst du nun büßen!«
BOTE: »Büßen wird ein anderer! Seht her, was Wir können!«
(Der Bote teilt sich in zwei Körper. Wie eineiige Zwillinge stehen sie vor dem verdutzten Kanzler. Einer der Boten nimmt ihm seinen Dolch ab, dann rammen sie ihm gleichzeitig je einen Dolch in den Leib.)
BOTE: »Wer nicht für die Macht geschaffen ist, wird an ihr zugrunde gehen.«
KANZLER, wankend: »Dämonen! Besiegt habt ihr mich. Aber eines habt ihr nicht beachtet ...«
BOTE, höhnisch: »Ja? Und was soll das sein?«
KANZLER: »Eure Waffe nehme ich mit in mein feuchtes Grab.«
(Lässt sich aus dem Fenster fallen. Aus der Tiefe hört man seinen Körper im Wasser des Sees aufklatschen. Der Bote vereinigt sich wieder in einem Körper.)
BOTE, seufzt: »Ein Volk von sturen Köpfen. Aber Ihr werdet noch früh genug erfahren, wer Eure neuen Herren sind. Bis dahin empfehlen Wir Uns.«
(Verbeugt sich tief vor dem Narren und der Prinzessin, ergreift die Tasche und geht ab.)
PRINZESSIN: »Ihr habt mich gerettet!«
NARR, verdrossen: »Nichts habe ich. Da geht er hin mit dem Vertrag. Nun ist der Pakt mit den Hohen Mächten endgültig besiegelt. Das Reich der Harmonie ist dem Untergang geweiht.«
Das Mahnende Schauspiel vom See der Tränen, 4. Akt, 5. Szene (Auszug)
*
Alaska Saedelaere und Arden Drabbuh materialisierten in der Zentrale eines Raumschiffes.
Der Terraner sah sich um.
An den Terminals saßen Humanoide. Alle trugen Masken.
Einige blickten kurz auf, andere schienen das Erscheinen der beiden entweder nicht wahrgenommen zu haben, oder es stellte für sie nichts Besonderes dar.
Saedelaere beobachtete, wie der Avatar der Superintelligenz ARDEN mit völliger Selbstverständlichkeit zu einem ausladenden Sessel ging und sich hineinsinken ließ.
Der Zellaktivatorträger fragte sich, ob die Zentralebesatzung wusste, wer sich da soeben im Kommandantensessel niedergelassen hatte. Hatte es zuvor eine Schiffskommandantin gegeben, deren Platz Arden nun eingenommen hatte?
Aber die Prinzessin – oder eben der Avatar – trug keine Maske. Im Reich der Harmonie stellte dies ein Sakrileg sondergleichen dar. Und es erhöhte den Grad der Unlogik dieser Situation. Das Tragen von Masken war in der Kultur der Völker der Harmonie tief verwurzelt. Saedelaere konnte sich nicht vorstellen, dass es eine Schiffskommandantin gab, die es sich leisten konnte, auf das Tragen einer Maske zu verzichten.
Was war es dann?
Der Terraner setzte sich in einen Sessel neben die Prinzessin. »Wo sind wir hier?«, flüsterte er.
Arden Drabbuh blickte konzentriert in eine Holosphäre, die sich vor ihr aufgebaut hatte. Erst nach mehreren Sekunden schien sie sich an Saedelaeres Frage zu erinnern.
Sie bedachte ihn mit einem kurzen, distanzierten Blick, bevor sie sich wieder ihrer Holosphäre widmete.
»Mein
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