PR 2692 – Winters Ende
negativ.«
»Ich?« Er wollte auf den Tisch schlagen, stoppte aber gerade noch rechtzeitig ab. »Was soll das überhaupt heißen, negativ? Delorian intrigiert mit negativen Superintelligenzen herum! Etliche seiner Verbündeten erscheinen mir ganz und gar nicht koscher.«
»Toufec finde ich gut.«
Das hasste Yugen so an den Diskussionen mit seiner Angetrauten: Ständig glitt sie vom Thema ab und verzettelte sich vom Hundertsten ins Tausendste.
Er musste sich zurückhalten, damit das Gespräch nicht zum Streit ausartete. Dieser Abend, diese Entscheidung war zu wichtig, als dass Yugen seinen Emotionen freien Lauf lassen durfte.
Falls sie einander wie üblich anbrüllten und danach in eisiger Stimmung schlafen gingen, war die letzte Chance auf eine gütliche Einigung vertan. Deshalb beherrschte er sich, so schwer es ihm auch fiel.
Das Gemeine und Unfaire daran war: Natürlich trug er die Verantwortung. Sie plapperte einfach fröhlich drauflos, wie es ihr in den Sinn kam.
»Dieser Toufec mag ja ein cooler Typ sein«, lenkte Yugen ein. »Trotzdem stellt er nur eine Randfigur im großen Puppenspiel dar. Primär geht es um Delorian und dessen undurchschaubare Motive.«
»Was ist daran undurchschaubar? Er will im Grunde dasselbe wie sein Vater: das Wohl der Menschheit. Dank seiner Funktion als Chronist der positiven Superintelligenz ES, die er eine halbe Ewigkeit lang ausgeübt hat, verfügt er allerdings über die Möglichkeiten, es besser zu machen.«
»Behauptet er jedenfalls.«
»Delorian hat mehr als einmal den Beweis geliefert. Den Sextadim-Schirm zum Beispiel.«
»Hmpf.« Insgeheim musste Yugen zugeben, dieses Argument nicht schlüssig entkräften zu können.
»Wir erleben eine Art Generationswechsel. Lang überfällig, wenn du mich fragst. Ich für mein Teil glaube Delorian, dass er es gut mit uns meint.«
Yugen zuckte die Achseln, hilflos. Er schätzte es nicht, in die Defensive zu geraten. Ihm wollten jedoch partout keine vernünftigen Widerworte einfallen; zumal er ahnte, welches Geschütz seine Frau als nächstes auffahren würde.
Prompt fragte sie eindringlich: »Hattest du denn keine Vision?«
»Schon. Aber ... sie war zu schön, um wahr zu sein.«
*
Als Delorian zu den Terranern sprach ...
Es lag einige Tage zurück; mehr als zwei Wochen. Gleichwohl war Yugen Estmon-Winters Erinnerung noch frisch.
Delorian hatte einen eleganten, zeitlos geschnittenen Anzug getragen und darin bemerkenswert smart ausgesehen. Keineswegs verbraucht und gebeugt von der Jahrmillionenlast, ganz im Gegenteil – sein Alter schien sich in pure Erfahrung verklärt zu haben, wenn nicht in unendliche Weisheit.
»Reden wir über Terra. Reden wir über das Solsystem«, hatte er gesagt. »Reden wir darüber, wie oft die Urheimat der Menschheit schon das Interesse übelwollender Machtgefüge oder einzelner, negativer Entitäten erregt hat – in den meisten Fällen zum Nachteil der Bewohner.«
An Milliarden Orten des in die Anomalie entführten Sonnensystems war Delorian zu sehen und zu hören gewesen; sein Abbild natürlich, jedoch intensiver, präsenter als bei gewöhnlichen Holoprojektionen.
Aufrecht stehend, fast lässig, das Gesagte mit sparsamen Gesten unterstreichend, hatte er viele der Invasionen und Verheerungen aufgezählt, die im Laufe der letzten drei Jahrtausende über die Menschenwelten gekommen waren. Delorian hatte auch nicht vergessen, die Vorzeit zu erwähnen, den Aufstieg und Untergang des Lemurischen Reiches.
»Immer wieder hat die Bevölkerung des Solsystems, egal ob Lemurer, Menschen oder Terraner, teuer bezahlt; oft mit ihrem Leben oder dem Leben ihrer Angehörigen.«
Wer hätte ihm diesbezüglich nicht zugestimmt?
Es sei dringend nötig, einen Schlussstrich zu ziehen, so lautete Delorians Botschaft an die Terraner. »Es ist genug. Hoch an der Zeit, Frieden zu finden. Einen Ort, an dem wir sicher sind. Nicht nur für jetzt und im Schutz technischer Anlagen, sondern für immer. Einen Ort, an dem wir unangreifbar sind.«
Mit der hochstehenden Technologie seines Schiffes, der TOLBA, hatte er einen Eindruck davon vermittelt, wie dieser Ort beschaffen wäre. Ausdrücklich hatte der alterslos erscheinende Mann beteuert, dass sein Angebot auf Freiwilligkeit beruhe: Nur wer sich den Visionen öffnete und bewusst darauf einließe, würde darin eingebunden werden.
Eine suggestive Beeinflussung fände nicht statt. Der Bildwerfer nähme keinerlei Manipulation des Willens vor. Im Übrigen würde der
Weitere Kostenlose Bücher