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PR 2692 – Winters Ende

PR 2692 – Winters Ende

Titel: PR 2692 – Winters Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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sich aber mittels hochtechnologischer Psychomaschinen an seinem Wissensschatz bediente. »Die alten Griechen verehrten einen Gott, den sie ›Kairos‹ nannten, den göttlichen Augenblick. Sie stellten ihn als Glatzkopf dar, mit einer einzigen Haarsträhne, die man rechtzeitig zu fassen kriegte – oder eben nicht.«
    »›Oh Augenblick, verweile ...‹«, zitierte Yugen reflexartig einen anderen Klassiker. »Schon klar. Und schon wieder weg. Was, wenn man diesen Augenblick versäumt hat?«
    »Ach, unter uns: Zeit ist sekundär, und Raum wird überschätzt. Die Zukunft, wie sie mir vorschwebt, liegt jenseits von alledem.«
    »Mag sein. Dennoch, alles, was einen Wert hat, hat seinen Preis. Und sag jetzt nicht, diese Kategorie würde ebenfalls hinfällig. Nicht, solange wir uns im Hier und Jetzt befinden.«
    »Du bist ein harter Verhandler. Du gefällst mir«, schmeichelte Delorian. »Nun, der Preis ist gering. Wer mit mir kommt, gibt alles auf, was den Geist leiden lässt.«
    »Soll heißen: seinen Körper.«
    »Ja. Die Last der Jahre, vor allem der kommenden. Das Neuroversum wird alle, die aus freien Stücken in ihm aufgehen wollen, davon befreien.«
    »Entstofflichen.«
    »Endlich erlösen«, sagte Delorian lächelnd, »von der Endlichkeit des Daseins.«
    »Ein Leben, besser Nachleben, wie im Bewusstseinskollektiv einer Superintelligenz.«
    »Ohne eine solche.« Delorian hatte den Zeigefinger erhoben. »Ohne irgendwelche Höheren Mächte, die skrupellos ihre Ziele verfolgen.«
    »Aber dafür mit dir, oder nicht? Und was bist dann du, Delorian Rhodan? Wer oder was willst du in unserem gemeinsamen Paradies sein?«
    Der Mann im faltenlosen Anzug fuhr sich mit schlanken, gepflegten Fingern durch den schneeweißen Bart. »Ein guter Hirte?«
    »Neuer Song«, fordert Elvis. Er schlägt eine Akkordfolge an. »Das gefällt mir, das hat was. Ist von einem komischen Typen, einem Engländer, der in Südafrika aufgewachsen ist, eigentlich ein Kunstpfeifer, wie heißt er noch gleich?«
    »Roger Whittaker«, assistiert der Schlagzeuger.
    »Egal. Ich kann nur die zweite Strophe. Lasst es uns trotzdem probieren, okay?«
    Die Band weiß, was gemeint ist. Jerry Scheff, der Bassist, imitiert eine Trompetenfanfare.
    »Ich habe gehört, dass ein fieser Krieg bevorsteht«, singt Elvis. »Und den Geschmack des Krieges kenne ich nur zu gut. / Schon sehe ich die feindlichen Flaggen / und höre die Kanonen, / während wir gradewegs in die Hölle fliegen. / Ich fürchte den Tod nicht, er bringt keinen Kummer. / Aber wie traurig wird der letzte Abschied sein?«
    »Mir reicht's. Ende der Vorstellung«, hatte Yugen gesagt.
     
    *
     
    »Das passt zu dir altem Miesepeter«, sagte Rabienne Estmon-Winter amüsiert. »Wie kann etwas zu schön sein?«
    »›Ich fürchte die Griechen, wenn sie Geschenke darbringen‹, schrieb schon Homer, und der war selbst Grieche.«
    »Mann, Yugen! Müssen wir wirklich bis drei Sekunden nach dem Urknall zurückgehen, um uns zu einem Entschluss durchzuringen?«
    »Als stünde er nicht längst fest!«, brach es aus Yugen heraus. »Als hättest du dich nicht sowieso bereits für Delorian entschieden!«
    »Nein. Nicht für Delorian, nicht primär. Sondern für Irmayi. Ihr will ich die Chance geben, mich und vielleicht sogar dich zu überzeugen. Jedenfalls lasse ich sie ganz sicher nicht zurück, ohne mich von ihr verabschiedet zu haben.«
    Irmayi war Yugens und Rabiennes ältere, erwachsene Tochter. Eben 22 Jahre alt geworden, hatte sie sich den Sayporanern angeschlossen und war über das Transitparkett nach Gadomenäa gegangen. Als Neuformatierte weilte sie derzeit auf Saypor, dem Hauptplaneten des Weltenkranz-Systems.
    »Wir haben sie verloren«, sagte Yugen traurig. Auch Zorn wallte in ihm auf, und Schuldbewusstsein, weil es ihm nicht gelungen war, seine Tochter von den Verlockungen der Sayporaner fernzuhalten.
    »In einem hast du recht«, sagte Rabienne. »Ich werde morgen meine beruflichen Angelegenheiten regeln und übermorgen eines der letzten Schiffe besteigen, die nach Saypor fliegen. Um Irmayi zu treffen. Das ist fix. Falls du mitkommst, müssen wir nicht schon heute darüber streiten, bei wem unsere kleine Aria bleibt.«
    »Kinder unter sechzehn Jahren dürfen gar nicht ...«
    »Ich weiß. So oder so werden wir eine unserer Töchter bevorzugen und die andere ihrem Schicksal überlassen müssen. Das ist hart, doch leider unausweichlich. Momentan stellt sich nur die Frage, ob wir die Entscheidung um einige Tage

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